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Würzburg/Schweinfurt
Weil zu viel Plastikmüll verbrannt wird: Fränkische Firmen planen neuen Kunststoffkreislauf
Unterfränkische Betriebe wollen Kunststoffabfall untereinander zur Wiederverwendung weiterreichen. Was dieses neue Netzwerk bewirken soll und woran es noch hakt.
Zum Beispiel bei Autozulieferern geht es oft um Kunststoffteile. Entsprechend fällt auch viel Plastikabfall an. Um dessen Mengen gering zu halten, haben sich mainfränkische Betriebe jetzt zu einem Netzwerk zusammengeschlossen.
Foto: Sebastian Kahnert, dpa | Zum Beispiel bei Autozulieferern geht es oft um Kunststoffteile. Entsprechend fällt auch viel Plastikabfall an. Um dessen Mengen gering zu halten, haben sich mainfränkische Betriebe jetzt zu einem Netzwerk ...
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:59 Uhr

Plastikmüll ist längst nicht nur ein Thema mit Blick auf die Verschmutzung der Meere. Auch und gerade in der Industrie fallen hierzulande enorme Mengen Abfall mit diversen Kunststoffen an, die oft einfach verbrannt werden.

Damit soll zumindest in Mainfranken bald Schluss sein: Dieses Ziel hat ein neuer Zusammenschluss regionaler Betriebe, der das Plastik im Kreislauf halten und damit die Müllberge verkleinern soll. Nach einer ersten Sondierung Ende des vergangenen Jahres hat es jetzt in Würzburg ein Auftakttreffen mit 20 Unternehmen gegeben. Das neue Netzwerk "Kooperative Kunststoffkreisläufe" läuft unter der Regie der Agentur Region Mainfranken GmbH und der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS).

Die Dimension der Müllberge ist gewaltig: Allein in den Werken des Autozulieferers ZF in Schweinfurt fallen nach eigenen Angaben pro Jahr 150 Tonnen an Plastikfolien an, in die zum Beispiel angelieferte Einzelteile verpackt waren. 150 Tonnen, das ist ungefähr das Gewicht von 100 Mittelklasse-Autos.

Wenn es nur die Plastikfolien wären: In Werken wie zum Beispiel bei ZF sind Unmengen anderer Einzelteile im Umlauf, die aus Kunststoff sind. Stanzreste, Behälter, Bänder oder Muffen - um nur einiges zu nennen. Weil viele der Einzelteile einen neuen Nutzen haben und damit von Vorteil sein können, haben sich neben ZF unter anderem die Unternehmen Warema, Fränkische Rohrwerke, Rothe oder Bosch Rexroth dem neuen Netzwerk angeschlossen.

Umfrage: Wie viel Kunststoffabfall anfällt

Wie eine für diesen Verbund erstellte Umfrage der Region Mainfranken und der FHWS ergeben hat, sind allein bei den Verpackungen wie jene Plastikfolien bei ZF die Abfallberge groß: 52 befragte Betriebe, darunter 17 in der reinen Kunststoffverarbeitung, gaben an, dass bei ihnen insgesamt fast zwölf Tonnen Verpackungsabfall aus Plastik anfällt – pro Woche.

Eine Mehrheit der Firmenvertreter bei dem Netzwerk-Auftakttreffen ließ durchblicken, dass vieles von diesem Abfall entweder im Restmüll oder direkt in der Müllverbrennung landet. Grund: Man wisse meistens nicht, wer mit den Plastikteilen noch etwa anfangen kann. Nach Angaben des Süddeutschen Kunststoffzentrums (SKZ) in Würzburg werden in Deutschland 38 Prozent des Plastikabfalls nicht wiederverwertet, sondern verbrannt.

Warum das Kunststoff-Netzwerk wie ein Second-Hand-Markt ist

Hier will das neue Netzwerk ansetzen. Es ist wie ein Second-Hand-Markt: Was der eine Betrieb nicht mehr benötigt, nimmt ein anderer. Doch bis dieser Kreislauf funktioniert, gibt es noch einige Hürden zu nehmen.

Da wäre die Anfangsfrage, wie sortenrein und sauber die zur Verfügung gestellten Teile überhaupt sind - und aus welcher der 200 Kunststoffarten. Ungeklärt unter den Netzwerkfirmen ist auch, wie der Transport des Plastikmülls von Firma A zu Firma B zu regeln ist und wie viel der Abnehmer für die erhaltene Ware bezahlt.

Eine Welt ohne Plastik wird es nicht mehr geben

"Bei jedem Kunststoffprodukt gibt es noch 1000 offene Fragen", war das Fazit eines Teilnehmers des Auftakttreffens. Letztendlich gehe es ums Geld, war eine andere Meinung. "Denn alle guten Vorsätze scheitern manchmal an der Buchhaltung." Das neue Netzwerk müsse eine "Win-win-Situation" werden. Wissenschaftliche Partner des Zusammenschlusses "Kooperative Kunststoffkreisläufe" sind in Würzburg das Fraunhofer Institut (ISC), die Universität und das Zentrum der Hochschule für angewandte Energieforschung.

Was der Schulterschluss von Betrieben einmal erreichen will, daran forscht das SKZ in Würzburg bereits seit geraumer Zeit. Ansatz: Eine Welt ohne Plastik wird es nicht mehr geben - es geht im Sinne der Umwelt vielmehr darum, wie die Menschheit mit Kunststoff umgeht. Unter anderem geht es darum, wie Betriebe mehr Recycling-Kunststoff in ihrer Produktion einsetzen können.

Was an Forschung läuft

Auch Haßfurt steht beim Thema Plastik-Kreislauf im Scheinwerferlicht: Dort richtet die FHWS zusammen mit den Fränkischen Rohrwerken, Maincor, Unicor und anderen Unternehmen aus der Region das Technologietransferzentrum "Smart Polymere Pipe Solutions" ein. Finanziell gefördert von der Staatsregierung soll dort an der Herstellung von Kunststoffrohren geforscht werden.

Wie Unternehmen in ihrer Produktion nachhaltig handeln können, ist über das neue Netzwerk "Kooperative Kunststoffkreisläufe" hinaus Teil der Forschung des FHWS-Instituts für angewandte Logistik. Dabei geht es beispielsweise darum, welche ökologischen Fußabdruck ein Betrieb hat und welchen er im Sinne der Umwelt haben sollte.

Wissenswertes über Kunststoff

Etwas mehr als die Hälfte des Plastikabfalls in Deutschland wird in Müll- oder Zementwerken verbrannt oder auf Abfalldeponien gelagert. Laut Umweltbundesamt wurden 1994 rund 100 000 Tonnen verheizt, 2019 waren es 3,3 Millionen Tonnen.
47 Prozent des Kunststoffabfalls wird heutzutage zu Granulat verarbeitet und dann für neue Plastikprodukte wiederverwendet. 2019 waren das in Deutschland 2,9 Millionen Tonnen Plastikmüll, zehn Jahre zuvor etwa 2 Millionen Tonnen.
Wiederverwerteter Kunststoff landet laut Umweltbundesamt zu 43 Prozent auf dem Bau. 24 Prozent werden für Verpackungen verwendet, 11 Prozent in der Landwirtschaft. Der Rest entfällt mit Werten zwischen 1 und 4 Prozent unter anderem auf die Autoindustrie, auf Möbel sowie Haushaltswaren.
aug
 
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