Mainfranken ist eine Insel der Glückseligen, zu meckern gibt es wenig: So lässt sich die Stimmung in der regionalen Wirtschaft zusammenfassen. Hintergrund ist der "Standortreport 2021", den die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt am Dienstag präsentierte. Für das Werk hat die Kammer 3500 der 66 000 ihr angeschlossenen Unternehmen von Oktober bis März befragt, 776 haben geantwortet.
Demnach bekommt der Wirtschaftsstandort die Gesamtnote 2,4 nach 2,5 im vergangenen Standortreport vor fünf Jahren. Weiche Faktoren wie die Lebensqualität in Mainfranken sowie Umwelt und Natur sind den Unternehmen am wichtigsten. Sie erzielen die Noten 2,0 und 2,1, was im Schuldeutsch mit "gut" umschrieben wird.
Was der IHK-Standortreport bewirken soll
Sinn des Standortreports ist es laut IHK-Präsident Klaus D. Mapara, "dass wir Argumente haben in Gesprächen mit den Unternehmen und vor allem mit der Politik". So wolle er gerade die im Report genannten Defizite des Standorts Mainfrankens im Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK) zur Sprache bringen, damit die neun Kammern im Freistaat an einem Strang ziehen. Zudem werde der Report an alle mainfränkischen Abgeordneten geschickt, ergänzte der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Sascha Genders.
Apropos Defizite: Nicht zufrieden sind die mainfränkischen Unternehmen in erster Linie mit der Verfügbarkeit des neuen Mobilfunknetzes 5G in der Region sowie mit der Breitbandanbindung. Gerade die Industrie, der Handel und die Dienstleister geben hier Noten um 4,0. Was 5G angeht, hagelt es aus den Haßbergen gar die Note 4,4.
So schneidet die (Wirtschafts-)Politik ab
Die Tourismus- und Gastro-Branche wiederum beklagt mit einer ebenfalls schlechten Bewertung vor allem die Bürokratie in der öffentlichen Verwaltung. Generell wird auch über mangelndes Verständnis der Politik für die Belange der Betriebe geklagt.
Und über den Mangel an Auszubildenden und Fachkräften: "Das wird täglich gravierender", sagte IHK-Präsident Mapara bei der Präsentation des Reports. Neben den Folgen der Corona-Krise zählt der Fachkräftemangel seit Jahren zu den Top-Herausforderungen der Unternehmen.
IHK: Unternehmen bleiben Mainfranken treu
Unterm Strich ist die Stimmung in der mainfränkischen Wirtschaft in den vergangenen fünf Jahren in einer Hinsicht besser geworden: Laut IHK haben diesmal 62,7 Prozent (2016: 59,5) der Unternehmen den Standort mindestens mit "gut" bewertet. 79 Prozent (76,7) würden ihn im Fall der Fälle wieder wählen. Das zeige eine große Treue zur Region, hieß es am Dienstag.
Die Analyse zeigt auch, dass die Zufriedenheit rund um die Zentren Würzburg und Schweinfurt mit Noten zwischen 2,2 und 2,4 höher ist als in anderen Teilen Mainfrankens. So kommen die ländlich geprägten Landkreise Main-Spessart, Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld auf 2,6 bis 2,7.
Wie es in den Landkreisen aussieht
Vor allem in den Kreisen Main-Spessart und Haßberge wird eine Stagnation deutlich. Denn dort geben maximal 29 Prozent der Betriebe an, dass sich die Qualität des Standortes seit 2016 verbessert habe. In anderen Landkreise wie etwa Würzburg oder Kitzingen liegen diese Werte bei bis zu 49 Prozent, die Lage scheint sich dort also deutlich mehr verbessert zu haben.
Lob haben die Unternehmen für die Anbindung Mainfrankens ans Fernstraßennetz, für die medizinische Versorgung sowie für das Angebot an Schulen und Hochschulen. Hier steht meistens eine Zwei vor dem Komma.
Löhne, Energie, Innenstädte: So sind die Noten
Die Lohnkosten in der Region, die Höhe der Grund- und Gewerbesteuer sowie die Immobilienpreise bekommen Noten um die 3,0, gelten also als "befriedigend". Hingegen liegen die Attraktivität der Innenstädte und die Energiekosten mit 3,3 weiter hinten im Mittelfeld. Gleiches gilt für die Einschätzung, wie international Mainfranken als Wirtschaftsstandort ausgerichtet ist – mittelmäßig eben.
Gut hingegen stufen die Unternehmen ein, wie sehr der Gedanke des ehrbaren Kaufmanns in der Region verbreitet ist. Darunter fällt die Verantwortung von Unternehmern für die Gesellschaft, was sich zum Beispiel in Form von sozialen oder ökologischen Langzeitvorhaben zeigt und mit dem Fachbegriff Corporate Social Responsibility (CSR) bezeichnet wird. Das werde als außerordentlich wichtig angesehen und bekomme von den Betrieben die Note 2,5, ist in dem Report zu lesen.
Welche Rolle die Corona-Krise spielt
Federführend bei der Auswertung der Umfrage war IHK-Referentin Elena Fürst. Sie hat beobachtet, dass die Corona-Krise im Report "kaum wahrnehmbar" sei und die Noten für den Standort deshalb wenig beeinflusst habe.
Das korrespondiert damit, dass sich die Stimmung in Mainfrankens Wirtschaft nach schwierigen Lockdown-Phasen offenbar wieder aufhellt. Das zumindest legte im Mai das IHK-Konjunkturbarometer nahe. Die Unternehmen seien auf Erholungskurs, hieß es damals.