
In Taiwan und Südkorea gibt es ihn schon und auch in Spanien wird seit neustem darüber diskutiert: Die Rede ist von einem sogenannten Menstruations-Urlaub. Die spanische Regierung hat in der vergangenen Woche - als erste in der Europäischen Union - einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt. Dieser soll Frauen ermöglichen, drei Tage pro Monat zusätzlich der Arbeit fernzubleiben, bei besonders starken Menstruationsbeschwerden sogar bis zu fünf Tage.
Menstruations-Urlaub - auch Menstrual Leave genannt - ist bereits in anderen Ländern der Welt etabliert, vornehmlich im asiatischen Raum. Auch einzelne kleinere Firmen in Deutschland bieten ähnliche Modelle an. Was Vertreterinnen und Vertreter von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Ärzteverbänden davon halten.
Thema Menstruation ist noch für viele Menschen mit Scham behaftet
Laut einer repräsentativen deutschlandweiten Umfrage der humanitären Organisation Plan International Deutschland, an der 2000 Personen zwischen 16 und 45 Jahren teilgenommen haben, leiden 72 Prozent der Mädchen und Frauen während ihrer Periode an Unterleibsschmerzen und Krämpfen. Der Untersuchung zufolge ist das Thema Menstruation auch im Jahr 2022 noch für viele Menschen mit Scham behaftet – sowohl bei Männern, als auch bei Frauen selbst. So gaben 23 Prozent der Befragten an, Unverständnis oder negative Konsequenzen am Arbeitsplatz zu fürchten, wenn sie aufgrund von Periodenbeschwerden ausfielen.
Ob die Einführung eines Menstruations-Urlaubs nach dem Vorbild Spaniens zu einer Entspannung dieser Situation führen könnte, wird derzeit nicht nur in dem europäischen Land heftig diskutiert. Frank Firsching, Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Unterfranken, begrüßt die Initiative und sagt, diese könne "auch hierzulande Akzente setzen".
Warum Menstruations-Urlaub eigentlich kein Urlaub ist
Jedoch befürchtet er, dass der Begriff "Menstruations-Urlaub" möglicherweise irreführend sein könnte. Er suggeriere einen zusätzlichen Urlaubsanspruch, obwohl es dabei eigentlich um Gesundung ginge. Firsching hält daher eine andere Begrifflichkeit für ratsam, zum Beispiel "dringliche Menstruationspause". Diese könne bei Menstruationsschmerzen angewandt werden und auch ohne ärztliches Attest eine Lohnfortzahlung für beispielsweise drei Tage auslösen.
In Spanien gibt es geteilte Meinungen zu dem Gesetzesentwurf, manche befürchten gar eine Stigmatisierung von Frauen am Arbeitsplatz. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) lehnt Forderungen nach einer solchen Regelung in Deutschland ab. Im Grundsatz könne und solle sich jeder krankschreiben lassen, der nicht arbeitsfähig sei. "Krankheit ist aber nicht gleichzusetzen mit Urlaub, hier muss deutlich unterschieden werden", betont Brossardt.
Verband der Frauenärzte: "Eine natürliche Menstruation hat keinen Krankheitswert"
Die pauschale Vergabe von Urlaubstagen sei für bestimmte Gruppen diskriminierend. "Deutschland hat bereits heute mehr freie Tage als der Durchschnitt der Industrieländer, zusätzliche freie Tage würden die effektiven Arbeitskosten für die Unternehmen erhöhen."
Dr. Stephanie Eder vom Berufsverband der Frauenärzte gibt zu bedenken, dass "eine Menstruation an sich keinen Krankheitswert hat". Starke Beschwerden könnten jedoch unterschiedliche Ursachen haben, die in der Regel gut behandelbar seien. Was die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit im Krankheitsfall durch einen Arzt oder eine Ärztin beträfe, erfordere dies eine besondere Sorgfalt.
Die Krankenkasse AOK Bayern teilte auf Anfrage dieser Redaktion mit, dass sie keine konkreten Angaben darüber machen könne, wie viele Frauen sich in Deutschland aufgrund von Menstruationsschmerzen regelmäßig krankschreiben lassen.