Bald könnte Schluss sein mit Öl aus Russland: Im Zuge des Krieges in der Ukraine will die EU mit einem Embargo das Putin-Regime sanktionieren. Da stellt sich hierzulande für Haushalte die Frage, ob mit Blick auf weiter steigende Preise noch schnell die Heizöl-Tanks aufgefüllt werden sollten.
Mit einem klaren Ja oder Nein als Antwort tun sich Fachleute zurzeit schwer. Zu viel Spekulation stecke im Markt, ist häufig zu hören. "Die Entwicklung der Preise nach einem Öl-Embargo-Beschluss kann niemand zuverlässig vorhersagen", sagte Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth von Verbraucherzentrale Bundesverband der Deutschen Presse-Agentur.
Macht es für Haushalte in Unterfranken Sinn, vor dem Embargo gegen Russland noch schnell die Heizöl-Tanks zu füllen?
Diese Frage könne sie nicht beantworten, sagte am Mittwoch Geschäftsführerin Jutta Leitherer vom Heizöl-Lieferanten Zügel in Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart). "Das ist alles ein Lotterie-Spiel." Da in Deutschland der Anteil von russischem Öl auf zuletzt 12 Prozent gesunken sei, könnte man auf den ersten Blick die Folgen des von der EU geplanten Embargos wohl vernachlässigen. Ob eine solche Haltung der Kundschaft aber zu raten sei, könne sie nicht einschätzen.
Deutlicher wurde am Dienstag in der "Bild"-Zeitung Vorstandsmitglied Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher: "Wer auf einem leeren Öltank sitzt, sollte jetzt nachkaufen – allerdings nicht volltanken."
Sollte der Heizöl-Tank komplett gefüllt werden oder ist der Kauf einer Teilmenge sinnvoller?
Wessen Tank leer ist, der muss logischerweise Öl kaufen. Doch gleich die volle Ladung auf einen Schlag zu nehmen, sei nicht sinnvoll, meint Leitherer. Derlei Zurückhaltung ist auch für die Fachleute vom Vergleichsportal tanke-guenstig.de angebracht. "Abwarten bis zur Mitte des Jahres könnte sich lohnen", so der Tipp für weitere Käufe. Ähnlich sieht das Verbandschef Peters. Er warnt vor überstürzten Schritten.
Wenn das Embargo gegen Russland kommt: Wie teuer wird dann Heizöl?
Bundesweit lag am Mittwoch der Durchschnittpreis für Heizöl bei 1,38 Euro. Er war nach einem Spitzenwert von 2,16 Euro am 9. März seither in der Tendenz deutlich gesunken. Mitte April sprachen Expertinnen und Experten deshalb davon, dass sich die Heizölpreise wieder normalisierten.
Heizöl-Händlerin Leitherer bringt die Fördergemeinschaft Opec ins Spiel. Wenn sie demnächst die Fördermenge erhöhe, dann senke das weltweit den Preis. Das wiederum könnte die Folgen des Russland-Embargos dämpfen, sodass hierzulande noch kurzzeitige Preiserhöhungen von 20 Prozent denkbar seien.
Ähnlich sieht das Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Laut "Bild" geht er davon aus, dass die Ölpreise in Folge eines Russland-Embargos zwar steigen, aber nicht langfristig.
Wenn jetzt plötzlich viele Haushalte noch schnell Heizöl kaufen, steigt dann schon wegen dieser Nachfrage der Preis?
"Auf jeden Fall", meint Jutta Leitherer. Wie hoch, das sei wiederum Spekulation. Von Panikkäufen rät sie ab: "Man muss die Ruhe bewahren." Schon Mitte März hatte die Ölhändlerin gegenüber dieser Redaktion dazu geraten, zurzeit nicht in jedem Fall die Tanks komplett zu füllen, sondern die Preise langfristig zu beobachten.
Können Heizöl-Händler in der Region eine blitzartige Nachfrage überhaupt bedienen?
Das sei kein Problem, so Leitherer. Denn über den Erdölbevorratungsverband seien die Händler gut abgedeckt. Die Organisation in Hamburg hat die hoheitliche Aufgabe, im Notfall bundesweite Öl-Engpässe mindestens 90 Tage lang zu überbrücken. Aber: "Ich denke nicht, dass es zu Engpässen kommen wird", sagte Händlerin Leitherer am Mittwoch mit Blick auf das wohl anstehende Russland-Embargo beim Öl.
Gibt es in Unterfranken bereits so etwas wie Panikkäufe beim Heizöl?
Offenbar nicht, wie Leitherer beobachtet hat. "Die Kunden sind zurückhaltend." Es gebe aber auch welche, die mit Blick auf die kommenden Monate deutliche Angst hätten. Die Marktheidenfelder Geschäftsfrau hatte bereits im März darauf hingewiesen, dass sie mittlerweile Kundinnen und Kunden habe, die wegen der Horror-Preise beim Öl ihre Heizung ausschalten und lieber frieren. "Mir tun die Leute leid", sagte die 64-Jährige damals.
Ein derzeit reges Kaufinteresse beim Heizöl hat das Ölmarkt-Infoportal Tecson in den vergangenen Tagen in Deutschland festgestellt. "Die Verbraucher decken sich in unguter Vorahnung mit ihrer Heizöl-Wärmeenergie ein", war dort am Mittwoch zu lesen.
Wie lagen in den vergangenen Tagen die Heizöl-Preise in der Region?
Am Mittwochnachmittag kostete ein Liter Heizöl in Würzburg 1,39 Euro, in Schweinfurt 1,42 Euro, in Bad Neustadt 1,44 Euro und in Lohr 1,45 Euro. Die Werte beziehen sich auf das Vergleichsportal "Heizöl 24" und auf 2000 Liter Abnahmemenge (ein Haushalt). Seit Anfang April bewegen sich die Preise seitwärts.