In einer halbstündigen Informationsveranstaltung informierten der Schaeffler-Betriebsratsvorsitzende Norbert Lenhard zusammen mit dem zweiten IG-Metall-Bevollmächtigten Thomas Höhn im Werkhof des Standorts Schweinfurt 1500 Mitarbeiter über den deutschlandweiten Transformationsprozess im Unternehmen und tiefgreifende Veränderungen. Anlass dafür seien die große Verunsicherung der Belegschaft über die Vielzahl parallel laufender Projekte und Rationalisierungsmaßnahmen, die das Top-Management angestoßen habe.
Veranstaltungen an allen Standorten
Der geplante Stellenabbau bei Schaeffler summiere sich in Europa auf rund 3500 Arbeitsplätze, vor allem in Deutschland, so Lenhard. Die Schaeffler-Betriebsräte hätten erstmals deutschlandweit an allen 26 Standorten am gleichen Tag über diese Situation informiert. In Unterfranken war das am Freitag in Schweinfurt und Eltmann.
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Der Transformationsprozess bedroht laut Lenhard auch Arbeitsplätze in Schweinfurt. Zum einen stehe die Verlagerung des Warenumschlags („Hub“) an einen externen Dienstleister im Raum, zum anderen gebe es Risiken für die Zukunft der Warmbetriebe und Drehereien. Es werde über einen verstärkten Zukauf von Teilen diskutiert, was zur Reduzierung der Fertigungstiefe führen würde. Ferner seien in bisher nicht gekannter Form qualifizierte Angestelltentätigkeiten betroffen. Die Standardisierung von Abläufen und Digitalisierung von Prozessen unterstützten zwar die Arbeit, doch sie begünstigen auch Verlagerungen in Niedriglohnländer, insbesondere nach Osteuropa.
"Heftiges Flügelschlagen" bringt nichts
Auch wenn der Automotive-Umsatz schwächle, der Ertrag sinke und diese Entwicklung bisher noch nicht durch Innovationen und neue Produkte aufgefangen werde, sei in dieser Situation ruhiges, maßvolles Handeln nötig, mahnte Lenhard. Er kritisierte scharf "heftiges Flügelschlagen" des Managements und unkoordinierte Sparideen in vielen Bereichen, die nur Unruhe in der Belegschaft verbreiteten.
Thomas Karch, Betriebsrat und Vertrauenskörperleiter in Schweinfurt: „Eine hohe Fertigungstiefe war immer eine Stärke von Schaeffler, um unabhängig von Zulieferern zu sein, flexibel auf Kundenwünsche reagieren zu können und beste Qualität zu gewährleisten." Die Schmiede etwa und hochqualifizierte Bürotätigkeiten müssten in Schweinfurt gehalten werden, um einen reibungslosen Produktionsablauf zu gewährleisten.
"Verlagerungen stoppen"
Betriebsräte und IG Metall fordern, alle Beschäftigten bei notwendigen Veränderungen mitzunehmen und wenden sich entschieden gegen die von Schließung und Verlagerung bedrohten vier Schaeffler-Standorte Hamm, Kaltennordheim, Steinhagen und Unna. Die Verlagerungen von Forschung, Entwicklung und Produktion nach Osteuropa müsse gestoppt und die Auslastung der Werke in Deutschland und Westeuropa sichergestellt werden. Die Fertigung neuer Produkte und Dienstleistungen in den Bereichen Elektromobilität und Digitalisierung hätten oberste Priorität.
Thomas Höhn kündigt an, die IG Metall werde sich gemeinsam mit den Betriebsräten für den Erhalt der Standorte und gegen betriebsbedingte Kündigungen einsetzen. Nach all den hochprofitablen Jahren müsse das Management soziale Verantwortung wahrnehmen und Alternativen anbieten.
Lenhard will regionalen Dialog
Laut Lenhard kann der Wandel "nur gemeinsam durch Vertreter der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite gestaltet werden". Dazu solle ein vernetzender, regionaler Dialog begründet werden mit Vertretern aus Politik, Gewerkschaften, Unternehmen, Wissenschaft und Bildung - letztlich zum Wohl der Stadt und des Landkreises Schweinfurt. Lukrative Industriearbeitsplätze könnten so in der Region verbleiben und zukünftigen Generationen eine Perspektive geboten werden.