
Vor allem, wer ein Haus hat, kennt das: War der Handwerker da, kann es Ärger geben. Teuren Ärger, manchmal auch vor Gericht. Dann geht es meistens um die Frage, ob der Handwerker ordentlich gearbeitet hat.
Bei der Antwort auf diese Frage ist guter Rat teuer. Hier kommen Experten wie Marco Beck ins Spiel. Der Dachdeckermeister aus Haard bei Nüdlingen (Lkr. Bad Kissingen) ist seit 2008 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger im Dachdeckerhandwerk. Sein Job: Im Streit zwischen Handwerker und Kunde unabhängig die Fakten auf den Tisch legen.
Der Fall T.: Wo es überall Ärger gibt
Thomas T. (Name geändert) weiß den geübten Blick von Marco Beck zu schätzen. Denn T. lässt gerade sein fünfstöckiges Wohnhaus in Würzburg um eine Etage aufstocken. Hintergrund: Die Immobilie stammt aus den 1960er Jahren und hatte ein Flachdach - mit den üblichen Scherereien rund um immer mehr undichte Stellen.
Weil T. keine Lust auf Flickschusterei hatte, entschloss er sich für den großen Schritt: Er setzte für gut eine halbe Million Euro einfach ein Stockwerk mit zwei Penthouse-Wohnung oben drauf. So sollte das Problem mit dem undichten Dach gelöst und eine zusätzliche Quelle für Mieteinnahmen in bester Wohnlage erschlossen werden. Hoffte T. zumindest.
Doch mitten während der Bauarbeiten ging der Ärger los. Wie sich beim Rundgang mit dem Sachverständigen Beck herausstellt, tropft es in den neuen Penthouse-Wohnungen an den Lüftungsrohren wegen kondensierender Feuchtigkeit von der Decke, die Entlüftungsschächte auf dem Dach wurden stümperhaft montiert, die Bleche an den Fenstern ebenso, auf einer Veranda muss der komplette Bodenbelag wegen falscher Montage und fehlender Wasserabläufe wieder rausgerissen werden. Becks Mängelliste ist lang, T. ist mittlerweile ziemlich bleich im Gesicht.
Sachverständiger klettert auf Gerüsten herum
Und das, obwohl er sich mit Handwerkerarbeiten auskenne und jeden Tag auf der Penthouse-Baustelle sei, erzählt der Hausbesitzer. Er habe der Baufirma mehrfach seine Zweifel zum Beispiel wegen der Veranda mitgeteilt, ohne Wirkung. Nun sei er mit seinem Latein am Ende. Deswegen habe er Marco Beck um Hilfe gebeten.
Der 46 Jahre alte Sachverständige braucht an jenem Vormittag gut zwei Stunden, um mit T. die Mängel in und auf den beiden Penthouse-Wohnungen durchzugehen. Klettereien auf Baugerüsten, eisiger Wind auf dem Hausdach im sechsten Stock, der übliche Baustellenschmutz: Marco Beck kennt das.
Was er für den Fall Relevantes sieht, fotografiert er. Die notwendigen Fakten spricht er in ein Diktiergerät. Später wird er in seinem Büro in Haard alles zu einer Akte zusammentragen und mit der beteiligten Baufirma einen zweiten Termin bei T. ausmachen, um vielleicht eine Lösung zu erreichen.
Für Beck ist der Fall T. Routine. Und einer, den er per Kompromiss lösen will, nicht vor Gericht. "Das will ich auch nicht", sagt T., dem klar ist, dass dann eineinhalb bis zwei Jahre lang Stillstand auf seiner Baustelle wäre. Also müssen sich Baufirma und T. bei den Mängeln aufeinander zu bewegen. T. weiß auch: Da wird er noch Einiges auf den ausgehandelten Preis drauflegen müssen. "Aber ich will jetzt halt eine Lösung, mit der ich die nächsten 30 Jahre meine Ruhe habe."
Als die Fremdfirmen kamen, ging der Ärger los

Wie der Fall T. ausgehen wird, ist unklar. Bislang hat der Hausbesitzer immer dieselben Handwerker beauftragt, wenn es um Arbeiten in dem Haus mit 18 Mietparteien ging - keine Probleme. Doch bei dem aktuellen Penthouse-Aufbau seien zwei fremde Firmen dazu gekommen. "Und da haben wir richtig in die Kacke gelangt", lässt die Ehefrau von T. ihren Frust raus.
Sachverständiger Beck hat Verständnis für diese Reaktion. Auch wenn er neutral zu sein hat, sieht er doch in der Entwicklung des Handwerks Wurzeln für derlei Übel. Stichwort Meisterbrief: Seit er 2004 in 53 von 94 Berufen abgeschafft wurde, hätten viele gewerkefremde Anbieter die Qualität auf dem Bau verwässert. So könne heute etwa eine Firma für Hausmeisterservice oder ein Spengler problemlos klassische Arbeiten eines Dachdeckers anbieten - und umgekehrt. "Trotzdem sind das alles noch getrennte Lehrberufe", betont Beck.
Derlei Handwerker-für-alles würden aber "von Kunden gewünscht". Beck beobachtet dabei die berühmte "Geiz ist geil"-Mentalität. Hinzu komme der Mangel an Fachkräften: Er trage nicht gerade dazu bei, dass die Qualität der Arbeit besser werde.
Die Handwerkskammer für Unterfranken hat auf ihrer Website eine Suchmaschine für Sachverständige - auch bundesweit. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt bietet ebenfalls die Vermittlung von Sachverständigen an.