Es riecht nach Holz, isländisches Moos bedeckt in sattem Grün eine Wand der Ausstellungsräume im Möbelhaus Spitzhüttl. Eine Familienchronik an der Wand zeugt von der langen Tradition. Auf dem Rundgang durch das Möbelhaus fällt die Verbundenheit zur Natur und zur Familie auf.
Neue Phase für Spitzhüttl
Geschäftsführer Sebastian Spitzhüttl erklärt, dass es für seinen Familienbetrieb wichtig sei, das zu transportieren. Denn das Möbelhaus Spitzhüttl in Neubrunn, knapp 30 Kilometer von Würzburg entfernt, ist ein traditionelles, im Jahr 1900 gegründetes Familienunternehmen.
Das jetzt in einer neuen Phase steckt: Die Digitalisierung verändert die Möbelbranche. Eine Beispielküche in der Spitzhüttl-Ausstellung zeigt, was technisch heute schon möglich ist: Der Backofen und der Dampfgarer können über das Smartphone gesteuert werden. So lässt sich beispielsweise der Backofen schon einmal vorheizen, bevor man überhaupt das Haus betreten hat.
Ein weiteres Merkmal ist die höhenverstellbare Dunstabzugshaube. Außerdem sind in der Küche Musikboxen verbaut, die durch eine Bluetooth-Verbindung gesteuert werden können.
Die meisten Online-Kunden wohnen in Berlin
Ein weiterer Schritt in puncto Digitalisierung ist der Onlineshop, der bei Spitzhüttl seit 2009 existiert und erweitert werden soll. Auch wenn der Shop zum jetzigen Stand nur etwa drei Prozent des Umsatzes ausmacht, lohne sich der Aufwand, so der Geschäftsführer. „Die meisten Kunden unseres Onlineshops wohnen witzigerweise in Berlin.“
Möbelum: Überraschende Strategie
Mit seinem Internet-Angebot reiht sich Spitzhüttl in die Riege jener Möbelhändler ein, die ihre Waren parallel zum Ladengeschäft auch digital anbieten. Wenngleich die Strategien sehr unterschiedlich sind: Möbelum in Rottendorf bei Würzburg etwa bildet auf seiner Website hauptsächlich nur den aktuellen Katalog ab und bietet keine direkte Einkaufsmöglichkeit via Warenkorb-Funktion an. Das werde auf absehbare Zeit so bleiben, sagte Geschäftsführerin Angelika Zilla auf Anfrage. Möbelum wolle vielmehr die Kunden allein ins stationäre Geschäft zum Kauf locken.
Händler gehen auch umgekehrten Weg
Auf der anderen Seite spielen Anbieter wie Wolf Möbel in Schweinfurt, Ikea in Würzburg oder XXXLutz mit Filialen in Würzburg, Schweinfurt und Haßfurt eine breitere Klaviatur. Sie reicht vom klassischen Warenkorb bis hin zu digitalen Bezahlmöglichkeiten oder und Sendungsverfolgung am Computer.
Es gibt sogar Händler, die den umgekehrten Weg gehen: erst nur Online, jetzt Online mit Laden. Erik Werner in Braidbach (Lkr. Rhön-Grabfeld) etwa bot asiatische Möbelstücke allein auf seinen Internetseiten an, bevor er vor einem Jahr in dem kleinen Ort auch einen Verkaufsraum eröffnete.
XXXLutz: Online hat tragende Rolle
„Unser Online-Shop nimmt eine tragende Rolle im Zusammenspiel mit unseren stationären Möbelhäusern ein“, teilte XXXLutz-Sprecher Volker Michels auf Anfrage mit. Das in Würzburg auch unter dem Namen Neubert bekannte Unternehmen hat einen Onlineshop seit 2013 und bietet dort laut Michels mittlerweile gut 60 000 Artikel an.
Möbel Berta: Digitales Schaufenster wichtig
Bei Waren mit höheren Preisen wie Polstergarnituren oder Küchen hat der Sprecher beobachtet, dass die Kunden den XXXLutz-Internetauftritt für Vorab-Infos nutzen. Derart gerüstet werde der Kauf dann aber gezielt im Möbelhaus abgewickelt.
Das hat auch Sabine Wirth von Möbel Berta in Gemünden/Main beobachtet. Um den Kunden ein digitales Schaufenster zum Stöbern und Informieren zu bieten, sei ein Internetauftritt für einen Händler wichtig. Wirth sitzt in der Geschäftsführung von Möbel Berta und verzichtet bewusst auf einen Onlineshop: Der Versand von großen Möbelstücken und vor allem Retouren würde ein zu großes Problem werden. Internet-Auftritt ja, Onlineshop nein: „Damit können wir gut leben“, betont Wirth.
Digitalbrillen für die Kunden
Die XXXL-Gruppe sieht sich in der Branche als „digitaler Vorreiter“, wie es Sprecher Michels ausdrückt. So stehen den Kunden in Filialen wie im oberbayerischen Wolfratshausen Multimedia-Wegweiser zur Verfügung. In der Lampenabteilung gibt es Digitalbrillen: Mit ihnen könne man testen, wie eine Leuchte in verschiedenen Räumen wirkt, heißt es in einer Firmenmitteilung.
Auch Opti Wohnwelt mit Sitz in Niederlauer (Lkr. Rhön-Grabfeld) und 15 Filialen in Deutschland setzt nach eigener Darstellung intensiv auf das Online-Geschäft. So seien 15 der insgesamt 850 Mitarbeiter allein mit dem Bereich Neue Medien beschäftigt. Neben der Stamm-Website betreibt Opti Wohnwelt auch den auf Leuchten ausgerichteten Online-Shop funkelhaus.de mit nach Firmenangaben 5000 vorrätigen Produkten. Auch Opti setzt in beiden Fällen die für solche Webseiten üblichen Mittel wie digitaler Warenkorb und Online-Bezahlmöglichkeiten ein.
Ähnlich geht das Büroforum in Würzburg vor. Über zwei Online-Shops erwirtschafte sein Unternehmen 50 Prozent des Umsatzes, teilte Geschäftsführer Jochen Bähr mit.
E-Commerce spielt große Rolle
Für Spitzhüttl in Neubrunn ist der Onlineshop nicht nur ein Vertriebsinstrument. Er erhöht auch die Reichweite. Während die Kunden des Möbelhauses hauptsächlich aus Bayern und Baden-Württemberg kommen, hat der Onlineshop Kunden aus ganz Deutschland.
Um den Onlineshop kümmert sich Sebastian Spitzhüttls Ehefrau Birgit. Die promovierte Biologin hat eine Weiterbildung im Bereich E-Commerce gemacht und ist seither für den Onlineshop zuständig. Sie arbeitet in Teilzeit, um noch ausreichend Zeit für die zwei gemeinsamen Kinder zu haben. Zur Unterstützung wird das Team ab September durch einen neuen Azubi verstärkt. Dieser wird im Unternehmen seine Ausbildung als E-Commerce Kaufmann absolvieren – als erster, denn die Ausbildung startete im Sommer 2018 bundesweit.
E-Commerce-Ausbildung ist gefragt
Darüber freut sich auch Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel: „E-Commerce wächst dynamisch in allen Bereichen der Wirtschaft. Mit dem neuen Beruf tragen wir dazu bei, dringend benötigte Fachkräfte für die Digitalisierung zu schaffen.“
Dass Digitalisierung bei den Jugendlichen angesagt ist, zeigt der Zulauf an Bewerbungen. „Für die Stelle zum E-Commerce-Kaufmann haben sich viel mehr beworben als für die anderen Ausbildungsberufe“, erklärt Sebastian Spitzhüttl.
Er ist der Meinung, dass Möbelhändler heute mehr als früher um Kunden kämpfen müssen. Aus diesem Grund plant sein Möbelhaus in den nächsten Jahren den Ausbau des Onlineshops und weitere Umbauten mit neuen Elementen – wie etwa der Mooswand.
Unsere Serie „Arbeitswelten der Zukunft“ zeigt anhand vieler Beispiele aus der Region, wie sich die Digitalisierung auf Berufe und Unternehmen ausgewirkt hat – oder noch auswirken wird.