Die Geschäfte bei Kneipp in Ochsenfurt laufen gut. Nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie profitiert der namhafte Hersteller von pflanzlichen Arzneimitteln und natürlichen Pflegeprodukten vom steigenden Gesundheitsbewusstsein der Menschen.
Seit 2020 arbeitet das Tochterunternehmen der Paul Hartmann AG in Deutschland klimaneutral und will bis spätestens 2025 ganz auf den Einsatz erdölbasierter Verpackungskunststoffe verzichten, sagt Geschäftsführer Alexander C. Schmidt. 25 Millionen Euro will Kneipp außerdem in den nächsten Jahren in den Standort im Industriegebiet Hohestadt investieren. Die Zeichen stehen also weiterhin klar auf Wachstum.
Gäbe es keine Pandemie, dann wäre 2021 ein großes Jubiläumsfest gewesen. Zum 200. Mal jährte sich der Geburtstag von Sebastian Kneipp, zum 130. Mal die Firmengründung. Der "Wasserdoktor" und "Kräuterpfarrer" aus Bad Wörishofen hatte seinem langjährigen Freund, dem Würzburger Apotheker Leonhard Oberhäußer, sein naturheilkundliches Erbe anvertraut, der damit 1891 den Grundstein für das heutige Unternehmen legte.
Spätestens seit der Verlegung der Produktion von Würzburg an den jetzigen Standort in Ochsenfurt im Jahr 1999 hat sich Kneipp neben der Naturarznei zunehmend pflanzlich basierten Pflegeprodukten gewidmet, und das mit Erfolg, wie Geschäftsführer Schmidt berichtet. Am Umsatz gemessen sei man bei den Badeprodukten inzwischen die Nummer eins in Deutschland, der Schweiz und den Benelux-Ländern.
Bei den Duschprodukten müsse sich das mittelständische Unternehmen lediglich internationalen Konzernen geschlagen geben. Für Alexander C. Schmidt ist es so etwas wie der Kampf zwischen David und Goliath. "Wir befinden uns ständig im Wettbewerb mit Unternehmen, die sehr viel größer sind und viel mehr Ressourcen haben. Das macht Spaß und motiviert die Leute unheimlich", so Schmidt.
Dass die Strategie erfolgreich ist, zeige der Blick in die ersten Pandemiejahre 2020 und 2021. Umsatzzahlen will Schmidt zwar nicht nennen, aber die Zuwachsraten seien gegen den Branchentrend sogar zweistellig gewesen.
Auch 2022 erwarte Kneipp ein gesundes Wachstum, so Schmidt. Die Aussicht fußt unter anderem auf neuen Produktkategorien, wie Produkte für jüngere Zielgruppen und die erste Pflegeserie für Männer. Außerdem will das Unternehmen neben dem Vertrieb über Handelspartner das Netz eigener Shops weiter ausbauen.
18 solcher Läden gibt es inzwischen bundesweit, dazu zwei in Österreich, einen in Italien. Der jüngste entstand im vergangenen Jahr am Würzburger Markt, unweit der Engel-Apotheke, in der die Firmengeschichte einst ihren Anfang nahm. Ein weiterer wird im März in Bad Kissingen eröffnen.
"Die Shops sind wichtig für uns, weil wir dort Dinge zeigen können, die im Handel nicht möglich sind", sagt Alexander C. Schmidt. Außerdem drücke das neue Geschäft in Würzburg die Verbundenheit zur Region aus.
25 Millionen Euro Investitionen in den Kneipp-Standort Ochsenfurt
Am Unternehmenssitz in Ochsenfurt ist der Platz inzwischen knapp geworden. Deshalb will Kneipp in den kommenden Jahren dort insgesamt 25 Millionen Euro investieren. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2022 sollen die Bauarbeiten für die Erweiterung der Warenlogistik beginnen.
In einem zweiten Schritt soll der Produktionsbereich auf rund 10 000 Quadratmeter mehr als verdoppelt werden. Dafür gibt Kneipp eine kleine Produktionsstätte auf, die bislang noch in Würzburg angesiedelt war.
Die Investition sei auch ein Zeichen des Vertrauens, das der Mutterkonzern Hartmann in die Zukunft von Kneipp und des Standorts Ochsenfurt setzt, sagt Geschäftsführer Schmidt. Der Hersteller von Medizin- und Hygieneprodukten hatte 2001 zunächst 80 Prozent und sieben Jahre später 100 Prozent der Firmenanteile an Kneipp übernommen. "Wir passen gut zusammen, weil wir uns bei der Gesundheit treffen", so Schmidt.
Der Optimismus, mit dem der Geschäftsführer in die nahe Zukunft von Kneipp blickt, speist sich aus dem Trend zu einer gesunden und nachhaltigen Lebensweise. "Gesundheit ist seit langem ein Megatrend, aber die Pandemie hat dieses Bewusstsein noch einmal verstärkt", so Schmidt. Auch in puncto Nachhaltigkeit sei Kneipp gut aufgestellt. "Natur und Nachhaltigkeit sind seit jeher in der DNA unseres Unternehmens verankert", sagt der Geschäftsführer.
Der klimaschonende Ressourcenverbrauch stehe dabei seit mehr als einem Jahrzehnt im Fokus - "lange bevor das Thema in die Schlagzeilen gerückt ist". So beziehe das Werk bereits seit 2010 Strom aus Wasserkraft. 2011 wurde die Klimaneutralität als Unternehmensziel festgelegt. Seitdem wurde Kneipp fünfmal als "Green Brand" ausgezeichnet.
"German Design Award" für Lippenpflege-Produkt von Kneipp
Für ein neues Lippenpflege-Produkt erhielt Kneipp 2020 den "German Design Award". Das Produkt setzt auf biobasierte Rohstoffe und Naturmaterialien als Ersatz für Plastikverpackung. Für die Faltschachtel kommt Karton aus Graspapier zum Einsatz.
Ab 2023 sollen nur noch recyclingfähige Materialien verwendet werden und bis 2025 will man auf erdölbasierte Kunststoffe ganz verzichten können. "Dazu brauchen wird die nötige Technik aus der Verpackungsindustrie, aber wir glauben, dass das funktioniert", sagt Alexander Schmidt.
An seinen deutschen Standorten arbeitet Kneipp bereits seit 2020 klimaneutral nach dem Zertifizierungsstandard "Scope 1" und "Scope 2", so der Geschäftsführer weiter. Das heißt: Alle unvermeidbaren Emissionen werden durch die Investitionen in Klimaschutzprojekte, zum Beispiel Aufforstungen, kompensiert.
Sowohl unternehmensintern als auch bei der Energieversorgung wurde der CO2-Fußabdruck zudem auf ein Minimum reduziert. "Wir sehen uns da als ein Vorreiter, der in der Branche gehört wird", sagt Alexander Schmidt, "und wir wollen zeigen, dass es geht, klimaneutral zu wirtschaften."