Ob C++, Java und Python – die meisten Menschen haben bei der Arbeit oder im Alltag unbewusst täglich mit diesen Programmiersprachen zu tun. Quellcode sieht für sie trotzdem aus wie wahllos aneinander gereihte Buchstaben und Zeichen. Fachleute sind daher gefragt, die die Sprache der Zukunft fließend beherrschen. Rund 51 000 offene Stellen für IT-Spezialisten gibt es in Deutschland derzeit, wie der Branchenverband Bitkom im November in einer Studie veröffentlichte. Verglichen mit dem Vorjahresmonat ist das ein Anstieg um 20 Prozent.
Bei IT-Berufen gibt es viel Konkurrenz
Dass sich der deutschlandweite Trend auch in Mainfranken widerspiegelt, bestätigt Christian Maurer, Bereichsleiter IT-Service bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt: „Wir kennen dieses Problem auch hier seit etwa vier Jahren. Arbeitsplätze werden vermehrt digitalisiert. Gerade bei IT-Berufen gibt es daher viel Konkurrenz um Arbeitnehmer.“
Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnete im Oktober einen gleitenden Jahresdurchschnitt von 85 unbesetzten Stellen in der Informatik und in anderen Berufen der Informations- und Telekommunikationstechnik für den Agenturbezirk Würzburg. Grundsätzlich könne man damit zwar noch nicht von einem Mangel sprechen, wohl aber von Engpässen, so Isabel Schauz, Referentin für Fachkräftesicherung bei der IHK.
Informatikstudent bekommt haufenweise Jobangebote
Diesen Engpass spürt auch Marcel Waleska, Informatikstudent an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt: „Drei bis vier E-Mails mit Jobangeboten, Praktika oder Traineestellen bekommen wir in der Fachschaft am Tag.“
Die weiterhin hohe Nachfrage nach Entwicklern und der steigende Bedarf an IT-Beratern spiegeln die Digitalisierung der Wirtschaft wider, so Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer von Bitkom.
Gesucht werden Experten in allen IT-Bereichen
Personal würde in fast allen IT-nahen Berufen gesucht, bestätigt auch Maurer von der IHK: „Von der klassischen Softwareentwicklung über den administrativen Bereich bis hin zum Consulting suchen die Unternehmen qualifizierte Fachkräfte.“ Die Würzburger Hochschulen bilden IT-Nachwuchs sowohl in klassischen Informatikstudiengängen als auch in speziellen Disziplinen aus, etwa Wirtschaftsinformatik oder Luft- und Raumfahrtinformatik. Informatikstudent Waleska schätzt besonders die praktische Ausrichtung seines Studiengangs. So ist ein Programmierseminar Teil des Studiums, bei dem die Studierenden ein eigenes Projekt umsetzen müssen: „Man findet sich in das gesamte Geschehen ein, von der Softwareentwicklung bis zum Projektmanagement durchläuft man alle Schritte.“ Die Ideen der Studierenden sind dabei vielseitig, sie entwickeln etwa Lösungen zur Lagerlogistik oder Chat-Tools.
4.0 zieht sich überall durch
Schlagworte wie Big Data, Automatisierung und Industrie 4.0 sollen erklären, warum nicht nur Unternehmen der Branche für Informations- und Telekommunikation (ITK) händeringend nach Nachwuchs suchen. „IT-technisch gesehen leben wir in einer Zeit, die einem noch stärkeren Wandel unterliegt, als es etwa in den 90er Jahren der Fall war“, erklärt IHK-Bereichsleiter Christian Maurer. Laut der Bitkom-Studie ist der Bedarf an Fachkräften bei ITK-Anwendern – also in Branchen, die gar nicht dem IT-Sektor zugeordnet werden – sogar höher als in den ITK-Unternehmen selbst. „Unternehmen aus traditionellen Branchen entwickeln sich zu Digitalunternehmen, die verstärkt entsprechende Kompetenzen benötigen und qualifizierte Mitarbeiter suchen“, so Rohleder.
Spieleentwickler haben ein turbulentes Jahr hinter sich
Auch Unternehmen in IT-nahen Bereichen wie der Games-Branche sehen künftig einen Bedarf an Fachkräften, so Markus Kassulke, CEO des Spieleentwicklers HandyGames in Giebelstadt (Lkr. Würzburg). Jedoch hat die Spieleentwicklung ein turbulentes Jahr hinter sich: Viele Unternehmen mussten Mitarbeiter entlassen, erst im November beschloss der Bundestag, die finanzielle Förderung der Branche einzufrieren.
Ungefähr zeitgleich meldete der größte österreichische Spieleentwickler Sproing Interactive Insolvenz an. „Aktuell gibt es kein Unternehmen in Deutschland, welches in starkes Wachstum investiert“, sagt Markus Kassulke. „Man versucht eher, Kosten zu senken, Nischen zu finden“ und irgendwie den „Survive“-Modus einzuschalten, also einfach zu überleben.
Spielebranche ist der Traum vieler IT-Studenten
Trotzdem sei die Games-Branche ein Wachstumsmarkt, dessen Rolle in Deutschland immer noch unterschätzt werde, hält der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) in seinem Jahresreport fest. Und eine Karriere in dieser Branche ist der Traum vieler IT-Studierenden: Seit diesem Semester studieren rund 30 junge Informatiker den Bachelor Games Engineering, der eine informatische Grundausbildung mit speziellen Kenntnissen der Games-Entwicklung verknüpft. Schon ab dem ersten Semester setzen die Studierenden das Erlernte im sogenannten Games Lab praktisch um und entwickeln eigene Spiele.
Informatik muss nicht trocken sein
Praxisprojekte, wie das Games Lab oder das Programmierseminar zeigen auch, das Informatik keineswegs immer nur trocken sein muss. Im Gegenteil: „Kreativ sein, sich das Spiel auszudenken, das macht natürlich am meisten Spaß“, so Ziegler. Eine gewisse Begeisterung für Computerspiele ist dabei allen Games Engineering Studierenden gemein. „Wir sind ja alle irgendwie damit groß geworden – viele spielen schon seit Jahren“, sagt Kreuzer. Die Inhalte des Studiums können aber auch in ganz anderen Bereichen Anwendung finden: „Auch bei Virtual oder Augmented Reality kommen Techniken zum Einsatz, die wir im Studium erlernen“, so Mück.
Er meint: Computergestützt lässt sich ein virtueller Raum abbilden, in dem sich der Betrachter interaktiv bewegen kann – eine Technik, die bei der Visualisierung von Projekten, aber etwa auch in der Pilotenausbildung zum Einsatz kommen kann.
Student will sogar promovieren
Auch der Informatikstudent Marcel Waleska habe schon immer eine Affinität zu Computern gehabt, der Berufswunsch Informatiker sei aber erst mit der Zeit gekommen. Jetzt plant er aber, nach seinem Bachelor noch einen Master zu absolvieren. Vielleicht will er sogar irgendwann promovieren. Bis Waleska den Unternehmen in der Region als Fachkraft zur Verfügung steht, wird es also noch eine Weile dauern.