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Würzburg
IHK-Chef zu Corona-Hilfe: "Jetzt muss endlich Geld fließen"
Die Lage spitzt sich wegen des Lockdowns zu: Davon geht die IHK in Mainfranken mit Blick auf hilfsbedürftige Firmen aus. Wer in der Kritik steht und was kurios ist.
November-, Dezember- oder Überbrückungshilfe: Der Bund hat den Unternehmern zwar schnelle Unterstützung versprochen. Doch auf die Auszahlung warten viele bislang vergeblich. Das sorgt auch in Mainfranken für Frust.
Foto: Robert Michael, dpa | November-, Dezember- oder Überbrückungshilfe: Der Bund hat den Unternehmern zwar schnelle Unterstützung versprochen. Doch auf die Auszahlung warten viele bislang vergeblich. Das sorgt auch in Mainfranken für Frust.
dpa
 und  Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:21 Uhr

Die Bundesregierung will der Wirtschaft mit zig Milliarden Euro helfen, um die Corona-Krise zu überleben. Doch immer mehr macht sich offenbar Frust in den Unternehmen breit, weil die Hilfe nicht ankommt oder nur schwer zu bekommen ist. Nun hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt Alarm geschlagen: Die Lage spitze sich zu.

"Es kann nicht sein, dass an sich gesunde, aber durch die Corona-Krise ohne Verschulden in Liquiditätsschwierigkeiten geratene Unternehmen in die Insolvenz getrieben werden, nur weil der Staat seine eigenen Corona-Hilfsprogramme nicht rechtzeitig umsetzen kann", mahnt IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Jahn in einer Mitteilung vom Freitag. Seine Kritik richtet sich vor allem gegen die vom Bund verwendete Software für die Hilfsanträge von Firmen, die nicht reibungslos funktioniere.

So geht Jahn mit Blick zum Beispiel auf die ausstehende Überbrückungshilfe III davon aus, dass es manche Firmen in der Region "vielleicht nicht mehr ans rettende Ufer schaffen". Und das, obwohl die mainfränkische Wirtschaft unterm Strich bislang "erstaunlich gut" durch die Krise gekommen sei.

Aus Sicht von Raymond Polyak ist die Lage ernst und undurchsichtig gleichermaßen. Der Chef des Inkassounternehmens Creditreform in Würzburg geht davon aus, dass derzeit "ein großer Anteil" der Firmen in der Region mit ihrem Eigenkapital ans Ende der Fahnenstange kommen und nur wegen der staatlichen Hilfsgelder überleben. Andererseits gebe es noch keine Pleitewelle.

Das liegt nach Expertenmeinung vor allem daran, weil die Bundesregierung schon im vergangenen Jahr das Insolvenzrecht wegen Corona gelockert hat. Die IHK forderte am Freitag, für bestimmte Unternehmen die Frist zur Insolvenzmeldung von Ende Januar auf Ende März noch einmal zu verlängern. Gemeint sind vor der Pleite stehende Betriebe, die die beantragte November- oder Dezember-Hilfe noch nicht erhalten haben. Die Verlängerung sei notwendig, so IHK-Chef Jahn, weil etliche Finanzhilfen "selbst Mitte Januar noch nicht einmal beantragt werden können".

Unternehmen dürfen Anträge auf Corona-Hilfszahlungen des Bundes nun länger stellen als bislang geplant. Die Antragsfrist für die November- und die Dezemberhilfe wurde bis 30. April verlängert, für die Überbrückungshilfe II bis 31. März, wie das Wirtschaftsministerium am Donnerstag mitteilte. Dennoch gibt es seit Tagen zum Teil massive Kritik von Verbänden und Unternehmen an der Bundesregierung.

Finanzminister Olaf Schulz versuchte in dieser Woche derweil, das Vertrauen von Unternehmen zu gewinnen: "Wir haben die Mittel, die nötig sind, und wir werden sie auch einsetzen. Darauf kann jeder und jede in der deutschen Wirtschaft vertrauen." IHK-Chef Jahn reicht das nicht: "Jetzt muss endlich mal das Geld fließen", sagte er am Freitag gegenüber dieser Redaktion.

Kürzlich fällte auch die Würzburger Steuerberaterin Madlen Rosengarth ein schlechtes Urteil, was die staatliche Corona-Hilfe angeht. "Gut gemeint, aber unübersichtlich, kompliziert und zu spät", lautete ihre Einschätzung in einem Interview mit dieser Redaktion. Wie Jahn verweist die 43-Jährige darauf, dass für die Überbrückungshilfe III noch keine Anträge gestellt werden können.

Der IHK-Chef sieht eine eigenartige Situation: Es könne sein, dass Unternehmen jetzt einen Antrag auf Hilfe vom Staat stellen, nach Ende Januar pleite gehen – und einige Zeit später dann doch noch das beantragte Geld vom Bund erhalten. "Das ist absurd."

Wohin der schwierige Weg für die regionale Wirtschaft letztendlich führen wird, das ist Creditreform-Experte Polyak nicht klar. Das werde nicht vor Mitte des Jahres deutlich. Mit Insolvenzen in geballter Zahl rechne er erst "in ein, zwei Jahren".

Im Moment zeige sich sogar etwas Positives: Die Zahlungsmoral von Geschäftskunden sei trotz der Misere erstaunlich gut. Forderungen würden ungewöhnlich schnell beglichen. Polyak rätselt aber, warum das so ist: "Es gibt keine Erklärungen dafür."

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