
Ein altes Klischee: Hausarbeit ist Frauensache. Fakt ist, dass die Hauswirtschaft zu einer Arbeit mit professionellem Hintergrund geworden ist – und stark nachgefragt. Die Hauptrolle spielen: tatsächlich Frauen.
Ministerium: Bedarf wird deutlich steigen
Verlässliche Zahlen über die steigende Nachfrage gibt es zwar nicht. Aber Einschätzungen aus berufenen Kreisen: So geht das Bundessozialministerium in seiner „Arbeitsmarktprognose 2030“ davon aus, dass der Bedarf an Berufen rund um die Hauswirtschaft deutlich zunehmen wird.
Ähnlich drückt sich Leiterin Judith Regler-Keitel vom Kompetenzzentrum Hauswirtschaft an den Landwirtschaftlichen Lehranstalten im mittelfränkischen Triesdorf aus: „Es ist ein Riesenbedarf da.“ Dazu habe unter anderem das neue Pflegestärkungsgesetz beigetragen, das schon für Pflegegrad 1 eine hauswirtschaftliche Versorgung vorsieht.
Beispiel aus Oberthulba: Essen für Kinder
Hauswirtschaft ist freilich auch über den Bereich Pflege hinaus gefragt. Daniela Weigand-Schmidt zum Beispiel hat es in Oberthulba (Lkr. Bad Kissingen) jede Woche mit Schul- und Kindergartenkindern zu tun. Die 43-Jährige ist bei der Gemeinde angestellt, um mit drei Kolleginnen bei der Mittagsbetreuung für das Essen von bis zu 50 Kindern zu sorgen.
Das Kochen allein ist dabei nur ein Teil der Arbeit: Freitags bestellt die ausgebildete Hauswirtschafterin jeweils für die Folgewoche die Waren bei Lebensmittelhändlern in der Region. Das setzt genaues Management von Mengen und Geld voraus. Am folgenden Montag dann fährt Daniela Weigand-Schmidt morgens zu den Händlern, um die Bestellungen abzuholen.
Auf was es bei den Kindern ankommt
Gekocht und gegessen wird in der Mehrzweckhalle neben der Volksschule in Oberthulba. Dass in der Großküche alles ordentlich zugeht, dafür ist ebenfalls Weigand-Schmidt verantwortlich. Schließlich muss sie sich in Sachen Hygiene oder Allergene genauso auskennen wie mit der Lagerhaltung von Lebensmitteln. Und schmecken soll das Essen natürlich auch: „Da gibt es selten Beschwerden“, sagt die Oberthulbaerin und fügt lachend hinzu: „Gekocht habe ich schon immer gern.“
Eigentlich hat sie etwas anderes gelernt
Ihr Job war das ursprünglich nicht: Die gelernte Industriekauffrau arbeitete im Holzhandel. Als ihre Kinder aus dem Gröbsten raus waren, wollte Daniela Weigand-Schmidt „was für mich machen“. Also besuchte sie von 2007 bis 2009 die Landwirtschaftsschule in Bischofsheim/Rhön, um eine Zusatzausbildung in Hauswirtschaft zu absolvieren. Direkt im Anschluss bekam sie den Teilzeitjob bei der Gemeinde Oberthulba.

Die Zusatzausbildung ist eine von mehreren Möglichkeiten, in Bayern in die professionelle Hauswirtschaft einzusteigen. Neben Bischofsheim gibt es in Mainfranken dafür Schulen in Würzburg, Schweinfurt, Münnerstadt und Kitzingen. Bis auf wenige Ausnahmen sind es Frauen, die die Abschlüsse machen.
Beispiel Bischofsheim: Wo man das lernen kann
Anne Frank hat das gerade an der Schule in Bischofsheim vor. Auch die 42-Jährige kommt beruflich aus einer ganz anderen Ecke: Die Hessin wurde in den 1990er Jahren Schreinerin, ließ sich dann am Bodensee zur Arbeitstherapeutin ausbilden. Nachdem sie Mutter geworden war, schlug sie sich acht Jahre lang mit Jobs unter anderem als Bedienung oder im Supermarkt durch.
Seit vier Jahren ist Anne Frank nun Arbeitstherapeutin beim ambulanten Betreuungsdienst Betro in Wildflecken (Lkr. Bad Kissingen). Ihr Schwerpunkt: psychisch Kranken dabei zu helfen, mit dem Haushalt klarzukommen.
Arbeit und Fortbildung unter einem Hut
In puncto Hauswirtschaft noch eine Schippe Extra-Wissen drauf zu packen, sei für sie logisch gewesen, erzählt die 42-Jährige. Immer dienstags und mittwochs ist sie von 8 bis 13 Uhr an der Bischofsheimer Schule. Ihre 20 Wochenstunden bei Betro könne sie auf andere Tage legen. Mit dieser Vereinbarkeit von Beruf und Fortbildung, sagt Anne Frank, „habe ich großes Glück“.
Die Arbeitstherapeutin verfolgt mit der Zusatzausbildung ein klares Ziel: Wenn sie im Juni in Bischofsheim fertig ist, will sie bei ihrem Arbeitgeber im Bereich Hauswirtschaft eine leitende Funktion einnehmen.
Bisher waren kaum Männer dabei
Bis zu 24 Schülerinnen hat die Bischofsheimer Einrichtung pro Semester. Durchschnittsalter: 37 Jahre. Laut Schulleiterin Doris Hartan-Khan durchliefen seit 2002 gerade mal acht Männer die Ausbildung zur „Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung“ mit Fächern wie Hausgartenbau, Küchenpraxis, Ernährungslehre, Familie/Soziales, Unternehmensführung und Haushaltsmanagement.
Auch Hartan-Khan hat beobachtet, dass der Bedarf an Hauswirtschaft „am Wachsen ist“. Neben der Pflege und dem Ausbau an Einrichtung der Kinderbetreuung habe das auch gesellschaftliche Gründe: In zunehmendem Maße arbeiten beide Elternteile – also bleibt für den Haushalt daheim weniger Zeit. Dafür wird dann mitunter eine Hauswirtschafterin engagiert.
Ein Profi muss her
Die demografische Entwicklung in Deutschland tut ein übriges: Die Zahl der älteren Menschen steigt permanent – und mit ihr die Zahl derer, die in den eigenen vier Wänden Unterstützung brauchen. Und zwar vom Profi.
Berufliche Wege in die Hauswirtschaft
• Als dreijährige Ausbildung nach der Schule, mit berufsbegleitender Fortbildung oder mit Meisterprüfung: Den einen Weg schlechthin in die Hauswirtschaft gibt es nicht. Vielmehr führt gut ein Dutzend sich zum Teil ergänzender Möglichkeiten dorthin. Dementsprechend gibt es diverse Berufsbezeichnungen wie „Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung“, „Staatlich geprüfte Technikerin für Ernährung und Versorgungsmanagement“ oder „Dorfhelferin“. Das bayerische Landwirtschaftsministerium hat unter www.stmelf.bayern.de eine Übersicht über die Berufe in der Hauswirtschaft zusammengestellt.
• Wie viel man in der Hauswirtschaft verdient, hängt entscheidend davon ab, für wen man arbeitet oder ob man sich selbstständig gemacht hat. Diverse Tarifverträge regeln das Gehalt von Angestellten. So bekommt eine staatlich anerkannte Hauswirtschafterin zwischen 1908 und 2698 Euro bei bis zu 40 Arbeitsstunden pro Woche. Eine Hauswirtschafterin mit Meisterprüfung hingegen erhält 2750 bis 3361 Euro im Monat. In der dualen Ausbildung zur Hauswirtschafterin verdienen die Lehrlinge laut Agentur für Arbeit monatlich zwischen 520 und 1064 Euro – je nach Ausbildungsjahr, Bundesland und Einsatzbereich.
• Näheres über ihre Ausbildungsmöglichkeiten in der Hauswirtschaft zeigt die Landwirtschaftsschule in Bischofsheim/Rhön (Kreuzbergstraße 10) bei einem Tag der offenen Tür am 21. Oktober von 11 bis 17 Uhr.
Anmerkung: Weil überwiegend Frauen in diesen Berufen sind, wurde hier bei den Bezeichnungen die weibliche Form verwendet. aug