Wer mit Erdgas heizt, muss auch in Unterfranken mittelfristig mit höheren Preisen rechnen. Zunächst einmal aber hat die Ausrufung der "Alarmstufe" im Notfallplan Gas durch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für Kundinnen und Kunden keine Auswirkungen. Sie schaffe aber die Voraussetzung, um in einer nächsten Eskalationsstufe die hohen Beschaffungskosten für Erdgas direkt an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben, erläutert Thomas Merker, Geschäftsführer der Gasversorgung Unterfranken (Gasuf). Insofern sei die Entscheidung richtig.
Die Gasuf versorgt 28.000 Kunden in 72 Gemeinden zwischen Rhön, Steigerwald, Maintal und Odenwald mit Erdgas. Zuletzt habe man die Preise im April "moderat" erhöht, sagt Merker. Im Vergleich zu vielen anderen Anbietern sei man aber günstig. Da zahle sich eine vorausschauende Einkaufspolitik aus. Im Oktober rechnet der Geschäftsführer mit einer weiteren Preiserhöhung. Wer indes einen längerfristigen Vertrag mit Preisgarantie abgeschlossen habe, sei davon ausgenommen. Vertragskündigungen seien nicht geplant.
Notfallstufe ermöglicht Preiserhöhungen trotz bestehender Verträge
Ruft der Wirtschaftsminister allerdings die nächste Eskalationsstufe, die sogenannten Notfallstufe aus, sähe das schon anders aus. Dann biete das kürzlich geänderte Energiesicherungsgesetz nämlich den Versorgern die Möglichkeit, ihren Kundinnen und Kunden die Preiserhöhungen der Lieferanten auch trotz bestehender Verträge unmittelbar weiterzugeben. Thomas Merker spricht von einer "Risikoversicherung", die verhindern soll, dass Energie-Unternehmen in die Insolvenz gehen müssen.
Für die Verbraucherinnen und Verbraucher sind das - mit Blick auf den Geldbeutel - keine schönen Aussichten. Allerdings weist der Gasuf-Geschäftsführer auch darauf hin, dass private Haushalte im Fall noch größerer Energieknappheit bei der Belieferung Priorität genießen. Dann erst werde kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser, Pflegeheime, Polizei und Feuerwehr mit Gas versorgt - und erst anschließend die Industrie.
Stadtwerke Würzburg und Schweinfurt sehen Versorgung gesichert
Ähnlich wie die Gasuf äußern sich auch die Stadtwerke in Würzburg und Schweinfurt, die vor allem die Haushalte in den beiden Städten und einigen Umlandgemeinden mit Erdgas beliefern. Sprecher beider Unternehmen betonen, die Versorgung der Kundinnen und Kunden sei trotz der angespannten Lage aktuell gewährleistet.
Auf die Frage nach Preiserhöhungen schreibt Dirk Wapki, der Sprecher der Stadtwerke Schweinfurt, man habe die Kundinnen und Kunden im "Sondertarif SWerdgas" bereits über eine Preiserhöhung um 1,5 Cent pro Kilowattstunde zum 1. August informiert. Bereits zum 1. Januar habe die Erhöhung 1,13 Cent betragen. Die Stadtwerke Würzburg nannten keine Zahlen.
Industrie- und Handelskammer fordert Solidarität von Privatleuten
Unterdessen spricht die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt von einer "eskalierenden Energiekrise" mit unabsehbaren Folgen für den Wirtschaftsstandort Mainfranken. In einer Pressemitteilung fordert IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Jahn "pragmatische Kompromisse und Notfallmaßnahmen", um die Energieversorgung zu stabilisieren und die Abhängigkeit von russischen Lieferungen zu reduzieren.
Laut Jahn müssen alle Möglichkeiten zum Einsparen von Erdgas genutzt werden. "Jede Kilowattstunde zählt im Hinblick auf den bevorstehenden Winter." Nachdem auf die Industrie nur rund ein Drittel des Gasverbrauchs entfalle, könnten und müssten auch die Bürger ihre Solidarität mit den Unternehmen unter Beweis stellen. "Lieber den warmen Pulli anziehen statt bequem den Heizkörper hochdrehen", lautet die Forderung des IHK-Chefs. Weil die Einsparpotenziale in der Industrie bereits zum Großteil ausgeschöpft seien, müsse das Energiesparen als "gesamtgesellschaftliche Aufgabe" begriffen werden.
Die IHK fordert die Bundesregierung auf, den Umstieg von Erdgas auf andere Energieträger zu erleichtern. Kohlekraftwerke wieder ans Netz zu holen, um Erdgas bei der Stromproduktion einzusparen, sei ein Schritt. Gleichzeitig müsse der Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie der Energietrassen "uneingeschränkte Priorität" bekommen, damit Unternehmen mittelfristig auf grünen Strom ausweichen können.