
Die Berufsbezeichnung ist sperrig: "Elektroniker der Fachrichtung für Gebäudesystemintegration" heißt der neue Ausbildungsberuf. Korrekt gegendert wird er noch länger. Es steckt aber viel Zukunft in diesem neuen Job, der ab kommenden Lehrjahr in Bayern zunächst exklusiv an der Dr. Georg-Schäfer-Berufsschule in Schweinfurt gelehrt wird.
Was dahinter steckt, erläutern die beiden Oberstudienräte des Fachbereichs Elektrotechnik, Christian Höhne und Thomas Räth, sozusagen die Architekten des neuen Berufsbildes. Es sei "ein Beruf, den die Zeit erfordert, weil immer mehr Elektronik - Stichwort 'Smarthome' - in Privathaushalte, Gewerbe- und Zweckbauten, Hotels und Gastronomie einzieht", schickt Schulleiter Matthias Paul vorneweg. "Es geht darum, das komplette elektronische Smarthome auszustatten". Häuser also, in denen von Licht und Rollläden über Heißwassergewinnung bis zu Heizung und Fotovoltaik alles "mit einem Klick" elektronisch gesteuert wird.
Wie lange die neue Ausbildung dauert
"Bei den Betrieben ist der Bedarf für Fachleute für die hochwertige Elektroinstallation da", so Christian Höhne, weshalb das Berufsbild auch auf Wunsch und in Zusammenarbeit mit den Handwerksbetrieben geschaffen wurde.
Herkömmliche Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik sehen sich immer mehr mit "neuer smarter Technik" konfrontiert, für die es bisher noch keinen Beruf gab. Die Lehrinhalte dazu, bisher eher in der Meister- oder Technikerschule vermittelt, werden in das neue Berufsbild Gebäudesystemintegration verlagert. Die Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre.
Gebäudesystemintegration: Anspruchsvoller als das herkömmliche Berufsbild des Elektrikers
Was mit dem neuen Berufsbild verbunden ist, erläutert Höhne am Beispiel eines Smarthome-Schulhauses. "Zu Ferienbeginn drückt der Hausmeister mit dem Tablet in der Hand auf den Standby-Knopf und das ganze Gebäude geht energieeffizient in einen Modus rein, in dem sich die Fenster schließen, die Heizung heruntergeregelt und die Einbruch-Meldeanlage hochgefahren wird." Dinge, die der klassische "Elektriker" kaum so in der Ausbildung vermittelt bekomme, weshalb das neue Berufsbild deutlich anspruchsvoller sei.

2019, im Zug der Neuordnung der Elektrohandwerksberufe, wurde die Gebäudesystemintegration auf Bundesebene als Berufsbild etabliert. Verteilt auf Berufsschulen, die sich wie Schweinfurt dafür beworben haben, wurden Lehrpläne ausgearbeitet, Ausbildungsinhalte festgezurrt.
Festgelegt wurde auch, dass die Azubis im Berufsgrundschuljahr an ihrer "Heimat-Berufsschule" unterrichtet werden. Ab dem zweiten Jahr werden die jungen Leute im Fachsprengel Gebäudesystemintegration beschult. Für alle bayerischen Azubis ist dies künftig in Schweinfurt.
Eine Aufgabe für leistungsstarke Realschüler, Abiturienten und Studienabbrecher
"Wir erwarten nach den Ferien Auszubildende, die schon das erste Jahr an ihrer Standortschule absolviert haben", so Höhne. "Zweites, drittes und viertes Jahr bilden wir exklusiv in Schweinfurt aus."
Im Moment rechne man dort mit ein bis zwei Klassen, also mit etwa 30 bis 35 Azubis. Wie viele es letztlich werden, werden die Anmeldungen der kommenden Wochen zeigen. Angesprochen sind neben leistungsstarken Realschülern auch Abiturienten und Studienabbrecher.
Beschult wird nach Möglichkeit in "Zweiwochen-Blöcken", in denen die jungen Leute in Wohnheimen für Schüler in Schweinfurt leben können. Erfahrungen mit der Unterbringung junger Leute hat die Georg-Schäfer-Berufsschule schon als bundesweite Ausbildungsstätte für den Beruf der Estrichleger.
Wo Elektronik im Haus Einsparpotenzial bietet
Werbung für den neuen Beruf werde nun in den Betrieben, aber auch in der Berufsschule selbst gemacht, so Thomas Räth. "Der eine oder andere gute Schüler im Elektrobereich überlegt vielleicht, den Beruf noch umschreiben zu lassen."
In einem Schweinfurter Betrieb gehe heuer ein Mädchen in diesem Beruf an den Start. Ein Job, der nur auf den ersten Blick durch "elektronische Bequemlichkeiten" Energie verbraucht. "Elektronik im Haus bietet auch Einsparpotential, weil man viele Komponenten mit Präsenz- und Bewegungsmeldern ausstatten kann", so Christian Höhne.
"Bezüglich Energieeffizienz ist es so, dass gut 70 Prozent der benötigten Energie eines Haushalts an Wärme verloren geht", ergänzt Thomas Räth. "Wenn man da intelligent steuert, kann man einsparen."
Gebäudesystemintegration ist eine duale Ausbildung. Verträge und Prüfungen werden über die Handwerkskammer und die Elektroinnungen abgewickelt. Neben dem Berufsschulunterricht wird es für die nordbayerischen Azubis auch Kurse bei der Elektroinnung Würzburg geben.
Umbauten im Schweinfurter Schulhaus werden zügig umgesetzt
Um auf die "Gebäudesystemintegratoren" vorbereitet zu sein, müssen in Schweinfurt kleinere Umbauten im Schulhaus vorgenommen werden. So wird aus zwei kleinen EDV-Räumen ein großer integrierter Fachraum. "Die Zusage, dass wir hier in Schweinfurt diesen Beruf bekommen, kam erst Ende April", so Schulleiter Matthias Paul, der froh ist, dass die Umbauten in den Sommerferien erledigt werden.
"Toll, dass die Kollegen da so einsteigen", lobt Paul sein Team. Man habe so manchen Beruf abgegeben müssen, weil er nicht mehr gebraucht wird. Umso schöner, dass nun wieder ein neuer, moderner Beruf an die Dr. Georg-Schäfer-Berufsschule komme.