Für viele Haushalte in Deutschland gibt es jetzt schlechte Nachrichten von ihren Gasversorgern: Weil der Preis für Gas vor allem wegen des Kriegs in der Ukraine sprunghaft gestiegen ist, gehen auch die regelmäßigen Abschlagszahlungen nach oben. Derzeit ist Gas etwa dreieinhalb Mal so teuer wie vor einem Jahr. Grundsätzlich gilt: Die Gaslieferanten dürfen ihre gestiegenen Einkaufpreise an die Kundschaft direkt weitergeben.
Die Folge kann sein, dass einkommensschwache Haushalte ihre Gasrechnungen kaum noch oder nicht mehr bezahlen können.
Wie sollte man mit den drastisch erhöhten Gaspreisen umgehen? Antworten haben ein Rechtsschutzversicherer und Iris Graus vom Verbraucherservice Bayern in Würzburg.
Welche Möglichkeiten haben Kundinnen und Kunden, sich gegen die steigenden Abschlagszahlungen beim Gas zu wehren?
Zunächst einmal müsse geprüft werden, ob im Vertrag mit dem Gasversorger eine eingeschränkte Preisgarantie vereinbart wurde, sagt Verbraucherberaterin Iris Graus. Wenn ja, dann seien Preiserhöhungen ausgeschlossen. Ändern sich für den Gasversorger die Einkaufspreise, dann sei dies ein unternehmerisches Risiko, das nicht auf die Kundschaft abgewälzt werden dürfe.
Erhöht der Versorger trotzdem die Preise, rät Graus zum Widerspruch: Das Unternehmen sollte mit einer Frist von etwa 14 Tagen zur Vertragstreue aufgefordert werden. Manche Gaslieferanten würden so tun, als dürften sie die Preise einfach so erhöhen.
Die Verbraucherberaterin weist darauf hin, dass die von der Bundesregierung ausgerufene Gas-Alarmstufe und die damit verbundene Preisanpassungsklausel kein Freibrief für Gaslieferanten seien, mit den Abschlagszahlungen nach oben zu gehen. Gebe es in dieser Hinsicht Probleme, rät Graus Kundinnen und Kunden, Verbraucherschutzorganisationen einzuschalten.
Wenn der Gasversorger legal die Preise erhöht: Welche Fristen und Formalitäten sind zu beachten?
Preiserhöhungen müssen die Gasversorger der Kundschaft auf jeden Fall einen Monat vor Inkrafttreten ankündigen, sagt Graus. Und: "Die Information muss einfach und verständlich sein." Außerdem müsse der Grund für die Preiserhöhung erläutert sein.
Die Versicherung ARAG weist darauf hin, dass Kundinnen und Kunden bei einer Ankündigung der Preiserhöhung das Recht haben, den Vertrag zu kündigen. Sie rät jedoch von einer übereilten Entscheidung ab, denn günstigere Verträge seien im Moment kaum zu bekommen. Eher das Gegenteil sei der Fall.
Was sollten diejenigen tun, die nun ihre Gas-Abschlagszahlungen kaum noch oder nicht mehr leisten können?
Der Rat von ARAG: Auf jeden Fall umgehend Kontakt mit dem Gasversorger aufnehmen, um "gemeinsam eine realistische Abschlagszahlung zu definieren". Ratenzahlungen seien dann denkbar.
Verbraucherberaterin Iris Graus empfiehlt, rechtzeitig zur Schuldnerberatung zu gehen. Außerdem sollten Kundinnen und Kunden prüfen, ob die Preiserhöhung des Gasversorgers rechtmäßig ist und wo im Haushalt Gas gespart werden kann. Bei seriösen Versorgern gebe es die Möglichkeit, den Zählerstand monatlich abzulesen. Damit lasse sich die Abschlagszahlung anhand der aktuellen Verbrauchswerte neu berechnen und damit unter Umständen senken.
Was kann passieren, wenn jemand seinen Abschlag nicht mehr zahlen kann?
Strom werde in der Regel bei einem Zahlungsrückstand ab 100 Euro abgestellt, sagt die Würzburger Verbraucherberaterin. Beim Gas würden Versorgungsunternehmen schon bei geringeren Beträgen die Lieferung unterbrechen. Ihr Hinweis: Bezieht man Strom und Gas vom selben Versorger, können die Rückstände zusammengerechnet werden, um auf günstigere Beträge zu kommen.
Wollen Gaslieferanten bei Zahlungsrückstand den Hahn zudrehen, müssten sie das der Kundin oder dem Kunden vier Wochen vorher ankündigen, sagt Graus. Das sei oft mit einer Mahnung gekoppelt. Kommt es dann tatsächlich zur Sperrung der Gasversorgung, müsse das drei Werktage vorher extra mitgeteilt werden.
Schutzbedürftige wie Kleinkinder oder Pflegebedürftige haben einen besonderen Rang. Droht ohne Gas eine kalte Wohnung, sollten Kundinnen und Kunden das Versorgungsunternehmen in einem Widerspruch auf die besondere Lage aufmerksam machen. Graus rät, in solchen Fällen eine Schuldnerberatung oder einen Rechtsanwalt hinzuziehen.
Wenn man doch einen günstigeren Gasversorger findet: Was ist beim Wechsel zu beachten?
Will man den Anbieter wechseln, muss auf jeden Fall der Vertrag mit dem bisherigen Versorger gekündigt werden, um einen neuen abschließen zu können, erklärt Graus. Wenn das nicht nahtlos geschieht, bleibe die Wohnung nicht automatisch kalt: Dann erhalte man übergangsweise Gas aus der sogenannten Grundversorgung, sagt die Beraterin.
Auf die Grundversorgung hat man laut Bundesnetzagentur einen gesetzlichen Anspruch. Grundversorger ist jener Gaslieferant, der in einem bestimmten Netzgebiet die meiste Kundschaft hat.
Wie berechnet sich die Abschlagszahlung beim Gas?
Die monatliche Abschlagszahlung ist nichts anderes als eine Schätzung. Sie ergibt sich aus dem vermuteten Gasverbrauch plus dem pauschalen Grundpreis. Wie das Vergleichsportal Check 24 erläutert, gibt es einmal pro Jahr vom Gasversorger eine Abrechnung, in der die gezahlten Abschläge mit dem tatsächlichen Verbrauch verrechnet werden. Je nachdem bekommen Kundinnen und Kunden dann Geld zurück. Wegen der stark gestiegenen Gaspreise muss derzeit aber eher mit Nachzahlungen gerechnet werden.