Camping boomt, Wohnmobile sind dabei besonders gefragt – auch und gerade wegen Corona. Wie schnell sind Wohnmobile zu bekommen? Was bringt die neue Caravan-Saison? Gibt es bei den Wohnmobilen Alternativen zum Kauf?
Experte Ralf Reiniger gibt Antworten auf solche Fragen. Der 42-Jährige aus Leinach (Lkr. Würzburg) führt die Geschäfte der Camping Center Mainfranken GmbH mit 19 Beschäftigten in Iphofen (Lkr. Kitzingen). Derzeit tut Reiniger das von seinem Wohnmobil aus – während einer mehrmonatigen Tour im Ausland.
Nach Reinigers Ansicht ist der Markt für die verschiedenen Arten von Campingmobilen überhitzt, auch bei den gebrauchten. Lange Lieferzeiten seien für Kaufinteressierte eine Geduldsprobe. So oder so hat der Wohnmobil-Experte allerlei Tipps parat.
Frage: Stichwort Lieferzeiten - wenn ich jetzt ein Wohnmobil bestelle, wann bekomme ich es?
Ralf Reiniger: Je nach Konfiguration und Chassis sollten Sie sich auf sechs bis zwölf Monate einstellen. Es gibt Ausnahmen: Wenn zum Beispiel ein Fahrzeug frisch aus der Vermietung zurückkommt. Oder Ausstellungsfahrzeuge. Aber selbst die sind sehr, sehr dünn verteilt. Die Händler halten diese Fahrzeuge erst mal noch fest, weil die Kunden auf dem Hof des Händlers ja was anschauen wollen. Wenn da nichts mehr steht, hat keiner was davon.
Welche Art von Campingmobil ist derzeit am meisten gefragt?
Reiniger: Momentan ist die Nachfrage nach der Mittelklasse sehr groß. Dementsprechend entstehen lange Lieferzeiten. Dann gibt es noch Lieferengpässe, wie man sie generell vom Weltmarkt kennt. Da geht es dann um Leiterplatten für den Chassis-Hersteller zum Beispiel. Oder Markisen: Das dauert manchmal Monate, bis man da rankommt.
Jeder Trend hat mal ein Ende. Wann wird also der Wohnmobil-Boom vorüber sein, so dass die Preise wieder sinken – auch für gebrauchte Fahrzeuge?
Reiniger: Es ist nicht sinnvoll, davon zu sprechen, wann der Trend vorbei ist. Ich glaube, dass sich das alles nur verschiebt. Im Moment ist viel Aktion im Gebrauchtwagenmarkt, weil der Neuwagenmarkt komplett leer ist. Die Leute wollen keine sechs oder zwölf Monate warten, sie wollen jetzt los. Am besten gestern schon. Deshalb schauen viele derzeit nach Gebrauchten. Aber auch dieser Markt ist leer. Was noch da ist, ist eigentlich viel zu teuer. Ich hoffe, dass sich die ganze Situation in diesem Jahr normalisiert und wieder Flugreisen möglich sind. Denn es gibt viele Leute, die haben jetzt mal einen wilden Einstieg ins Camping probiert, sind vielleicht gar nicht glücklich geworden, wollen wieder anders reisen und werden ihr Fahrzeug wieder abstoßen. Deswegen wird der Gebrauchtwagenmarkt aber nicht überflutet werden.
Gerade in Zeiten von Corona und eingeschränkter Reisemöglichkeiten ist Camping sehr populär geworden. Da muss es dann nicht immer gleich das riesengroße Wohnmobil sein, viel kleinere Varianten sind auch im Kommen. Von Tüftlern ausgebaute Alltagsautos zum Beispiel. Was tut sich auf diesem Markt?
Reiniger: Man hat einen extremen Schub in der sogenannten Vanlife-Szene erlebt. Das sind die selbstausgebauten Kastenwagen wie Fiat Ducato oder Citroën Jumper, oder wie sie alle heißen. Die Leute schnappen sich irgendwo so ein Fahrzeug und legen dann selbst Hand an. Also: innen auskleiden, bisschen isolieren und der Rest ist dann spartanisch, damit man einfach die Möglichkeit hat, aus dem Alltag rauszukommen, ab ins Grüne.
Was aber in Deutschland eine Grauzone ist. Wildcampen ist maximal geduldet.
Reiniger: Das stimmt. Grundsätzlich gilt: Man darf im Auto übernachten zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit. Man sollte es natürlich nicht übertreiben. Wenn man sich nach draußen setzt und das Grillen anfängt, gibt es sicherlich Ärger. Aber es gibt immer mehr offizielle Stellplätze. Da tut sich im Moment sehr viel. Zum Glück, denn es gibt ja immer mehr Wohnmobile – und die müssen irgendwo hin.
Manche Wohnmobil-Typen werden immer größer und sind schon so etwas wie Lastwagen. Haben Sie den Eindruck, dass diejenigen, die diese Wohnmobile steuern, immer Herr der Lage sind?
Reiniger: Nein. Da herrscht noch ein großes Defizit. Wenn man die Fahrzeuge betrachtet, also jene zwischen fünf und zehn Tonnen, dann gibt es immer wieder Probleme. Diese Fahrzeuge sind so vollgeladen mit Technik, dass da schon mal die ersten Schwierigkeiten mit der Bedienung entstehen. Dann sind diese Fahrzeuge mit acht bis zehn Metern Länge riesengroß. Das muss man erst mal steuern, wenden und einparken können.
Welchen Tipp haben Sie für Nutzer solcher Wohnmobile?
Reiniger: Es gibt bereits einige Reisemobil-Fahrschulen. Spätestens, wenn sich jemand mit seinem Fahrzeug unsicher fühlt, sollte er das nutzen. Solche Kurse sind auch am Wochenende machbar. Dort bekommt man von praxiserfahrenen Fahrlehrern Tipps. Das ist kein eigener Führerschein, sondern eher ein Übungswochenende.
Wie viel kostet das?
Reiniger: Das kommt darauf an. Es gibt Anbieter, die machen nur zwei, drei Stunden für 80 oder 90 Euro. Andere haben ein Wochenend-Paket – zum Teil mit Städtetouren als Rahmenprogramm. So etwas liegt dann bei 600 bis 700 Euro.
Wer jetzt dennoch ganz heiß ist auf ein Wohnmobil: Wie sollte er zum Beispiel bei gebrauchten vorgehen? Wie behutsam und geduldig sollte derjenige sein?
Reiniger: Die Lage auf dem Gebrauchtwagenmarkt wird sich in den nächsten drei Jahren nicht groß verändern. Wo sollen denn die Gebrauchten herkommen? Sie werden eine ganze Zeit lang zu teuer bleiben.
Ist Leasing von Campingmobilen eine Alternative geworden?
Reiniger: Eigentlich gar nicht. Die klassische Finanzierung von Neufahrzeugen über Ratenzahlung kommt hingegen öfter vor, bei Gebrauchten hin und wieder mal. Das Mietgeschäft ist im Übrigen sehr stark. Das wird immer mehr. Ich kann es jedem Interessierten raten: Vor dem Kauf – egal, ob neu oder gebraucht – erst ein Fahrzeug mieten. Probieren Sie diese Form des Reisens zunächst einmal aus. Denn wenn es drei Mal in der Woche zum Streit führt, weil der Platz zu eng ist oder weil etwas nicht funktioniert, dann bleibt ja immer noch die Überlegung: Sollten wir nicht doch lieber wieder in den Urlaub fliegen?
Mainfranken, oder besser: Weinfranken, ist in jüngster Vergangenheit deutlich populärer geworden bei Wohnmobilreisenden. Mit was rechnen Sie da?
Reiniger: Wein, Essen und Wasser – das zieht immer. Weinfranken ist deshalb für die Reisenden sehr interessant geworden. Es entstehen immer mehr Wohnmobilstellplätze. In Iphofen zum Beispiel: Die kosten nicht mal was. So etwas hilft den Gastronomen vor Ort und den normalen Läden, wo mehr eingekauft wird. Wer das als Bürgermeister verstanden hat, der schafft in seinem Ort eine freie Fläche und schottert sie ein bisschen ab. Die Nachfrage wird noch stärker werden. Die Reisenden schauen gerne mal, was links und rechts auf ihrer Reiseroute liegt und wo sich ein Stopp lohnt. Sie kommen von überall her, das merken wir auch in unserem Shop. Das sind viele Durchreisende, die uns sagen: Eure Gegend ist so schön, das wussten wir vorher gar nicht. Wir bleiben jetzt einfach ein paar Tage länger.