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Nürnberg/Würzburg
Digital-Gipfel: Künstliche Intelligenz soll Beine bekommen
Experten gehen davon aus, dass Künstliche Intelligenz bald unser Leben bestimmen wird. Das wird auf dem Digital-Gipfel in Nürnberg deutlich. Auf was steuern wir da zu?
Menschenähnliche Roboter, die durch Auswertung eingehender Daten ständig dazu lernen: Das ist eine Form von Künstlicher Intelligenz. Beim Digital-Gipfel der Bundesregierung in Nürnberg geht es unter anderem darum, wie Deutschland hier schneller vorankommen kann.
Foto: Christian Charisius, dpa | Menschenähnliche Roboter, die durch Auswertung eingehender Daten ständig dazu lernen: Das ist eine Form von Künstlicher Intelligenz.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:13 Uhr

Die Digitalisierung unseres Lebens hat Alltagsgegenstände, Maschinen und Roboter mit sich gebracht, die selbstständig lernen können. Dieser Künstlichen Intelligenz (KI) wird eine große Zukunft vorhergesagt. Um die KI voranzutreiben, will die Bundesregierung bis 2025 drei Milliarden Euro unter anderem in Kompetenzzentren, 100 neue Professuren und den Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung investieren.

Weil der Stellenwert so hoch ist, steht KI an diesem Montag und Dienstag im Mittelpunkt des nationalen Digital-Gipfels des Bundeswirtschaftsministeriums. In Nürnberg sind dazu gut 1000 Fachleute aus Wirtschaft und Politik zusammengekommen, um in einer Reihe von Vorträgen und Diskussionsrunden das Thema zu beleuchten. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Dienstag erwartet, weitere Spitzenpolitiker sprachen bereits am Montag.

In der Bevölkerung herrscht offenbar noch Zurückhaltung

Im Kern steht die Frage, wie KI in Deutschland an Tempo gewinnen kann, seien doch die USA und China hier schon davongeeilt. In Nürnberg wurde deutlich, dass nicht nur die Unternehmen, sondern auch das Bildungswesen, die Medizin, der Verkehr auf Straße, Schiene und in der Luft von selbstlernenden Systemen profitieren können. KI steigere die Qualität etwa in der Industrieproduktion. Mehrfach angesprochen wurde aber auch, dass die Zurückhaltung gegenüber KI in der Bevölkerung noch groß sei. Von Datenmissbrauch und Verlust von Arbeitsplätzen sei oft die Rede.

"Wir müssen das Vertrauen der Menschen erreichen", sagte Vorstandsvorsitzender Christian Friege vom Fotobuch-Anbieter Cewe. Das von einer Stiftung getragene Unternehmen in Oldenburg setzt mittlerweile Spracherkennung bei der Erstellung von Fotobüchern ein sowie eine intelligente Gesichts- und Ortserkennung bei Fotos.

Auch Scoutbee ist in Nürnberg vertreten

Unter den Rednern war am Montag auch Christian Heinrich, der das von ihm 2015 mitgegründete Start-up Scoutbee (Würzburg) vorstellte. Scoutbee analysiert Datenströme in aller Welt, damit Geschäftskunden die günstigsten Lieferanten finden können. Das Jungunternehmen ist ein Beispiel, wie man mit KI Erfolg haben kann: Scoutbee gewann in diesem Jahr den Businessplan-Wettbewerb Nordbayern und konnte vor einem Monat Wagniskapitalgeber für sich gewinnen, die 3,5 Millionen Euro locker machen.

Datenmissbrauch, Cyberkriminalität, Schutz der Privatsphäre: Das sind Herausforderungen, die im Zusammenhang mit Digitalisierung und insbesondere KI immer wieder genannt werden. Auch das ist am Montag beim Digital-Gipfel zur Sprache gekommen. Freilich blieb es häufig bei Forderungen und Absichtserklärungen. Unterm Strich wird das Nürnberger Treffen vor allem als großer Gedankenaustausch angesehen.

Würzburger Philosoph widmet sich ethischen Fragen

Dabei ist auch der Würzburger Philosophie-Professor Wolfgang Schröder, der sich auf ethische Fragen rund um KI spezialisiert hat und in Nürnberg einen "Kompass Künstliche Intelligenz“ vorstellte. Es müsse geklärt werden, wie "wir auf der Basis unserer gemeinsamen Werte" Digitalisierung und gesellschaftliche Standards unter einen Hut bringen können. Schröder sitzt nach eigenen Angaben seit März 2018 im Ausschuss „Künstliche Intelligenz“ des DIN-Instituts in Berlin.

Wie Fachleute in Nürnberg immer wieder betonten, liege Deutschland bei KI deutlich hinter China und den USA. Diese beiden Nationen seien nicht mehr einzuholen. Die Chinesen treiben es dabei auf die Spitze, indem sie ein System für die soziale Beurteilung von Menschen einsetzen, um so zum Beispiel die Kreditwürdigkeit oder das Strafverhalten per KI ermitteln zu können.

Deutschlands Industrie soll sich auf ihre Stärken besinnen

So etwas sei in Deutschland nicht denkbar, hieß es in Nürnberg. Vielmehr solle sich das Land bei KI auf seine Stärken besinnen: KI in der Industrie. Schließlich habe Deutschland hier "als Fabrikeinrichter der Welt" große Erfahrung, sagte Karl-Heinz Streibich von der "acatech/Deutsche Akademie der Technikwissenschaften" in München.

Indes spielt KI auch in Medizin und Pflege eine große Rolle. In Mainfranken ist das an diesem Donnerstag zu erleben, wenn in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) der "Campus" des Rhön-Klinikums eröffnet wird. Dieses Krankenhaus der Zukunft wird zum Beispiel KI in Form von digitaler Sprach- und Bilderkennung einsetzen. In Fachkreisen ist klar: Diese selbstlernenden Programme können mittlerweile genauere Diagnosen stellen als der Arzt aus Fleisch und Blut.

Künstliche Intelligenz
Wenn Roboter, Gegenstände oder Maschinen eingehende Daten digital auswerten und so permanent dazulernen, spricht man von Künstlicher Intelligenz. Bekannteste Beispiele aus dem Alltag sind die sprechenden Lautsprecher Alexa von Amazon oder das Siri-Sprachprogramm von Apple. Große Bedeutung hat KI beim autonomen Fahren, wenn Autos zum Beispiel Fußgänger oder Hindernisse in Sekundenbruchteilen erkennen und so Entscheidungen über das Fahrverhalten treffen müssen. Auch Roboter, die mit Pflegebedürftigen kommunizieren, oder mit Sensoren-Daten gespeiste Programme zur Wartung von Maschinen fallen darunter.
 
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