Fünf führende Anlagebetrüger der unterfränkischen Finanzberater-Gruppe Deltoton und CSA sind seit Kurzem rechtskräftig zu hohen Haftstrafen verurteilt. Für die Strafjustiz ist der Fall um den 50 Millionen-Euro-Betrug damit erledigt. Zurück bleibt ein finanzieller Scherbenhaufen – der für Insolvenzverwalter Markus Schädler noch jahrelange Arbeit bedeutet.
Firmen müssen abgewickelt werden
Schädler und seine Mitarbeiter von der Bendel Insolvenzverwalter AG sind so etwas wie Entsorger für den rechtlichen und wirtschaftlichen Müll, der zurückbleibt, wenn Unternehmen zu Bruch gehen: Firmen müssen abgewickelt werden, Investoren melden finanzielle Forderungen an, Handwerker hoffen auf Begleichung offener Rechnungen.
Seit Februar 2015 beschäftigt sich der Würzburger Insolvenzverwalter mit dem Erbe des kollabierten Finanzberater-Unternehmens Frankonia, das zuerst in Würzburg und zuletzt im 30 Meter hohen Beton-Ei des Mainfrankenparks bei Dettelbach (Lkr. Kitzingen) residierte.
Schädler hat Durchblick im Firmendschungel
Die Firmengründung zweier Tauberbischofsheimer Weltklassefechter vor etwa 20 Jahren hat sich als Drehscheibe eines millionenschweren Anlagebetrugs herausgestellt. Da gab es ein kompliziert verwobenes Netzwerk von Unternehmen, die Deltoton, CSA oder Leontis, Churfürsten, Assett oder Premissimo hießen. Zwischen denen rollte das Geld der Anleger in ständig neue Richtungen wie eine Billardkugel auf dem Tisch über Bande. Kaum jemand kennt sich in diesem Firmendschungel so gut aus wie Schädler. Das muss er auch, denn er soll prüfen und entscheiden, wer noch von wem Geld zu bekommen hat – zweieinhalb Jahre, nachdem die Kripo den Laden dichtgemacht hat und ein Jahr nach der Verurteilung der Firmenbosse zu Haftstrafen von bis zu zehneinhalb Jahren.
25000 Investoren
Schädler kann nur den Kopf schütteln über die Unverfrorenheit, mit der 25 000 Investoren betrogen wurden. In manchen der Firmen „wurden nicht in einem einzigen Geschäftsjahr die Investitions-Grundsätze eingehalten, die man Anlegern versprochen hatte.
„Das waren ja alles Leute, die nicht gerade im Geld schwimmen.“Markus Schädler, Insolvenzverwalter, über die Deltoton-Pleite
“ Da ist der Insolvenzverwalter im Einklang mit dem Vorsitzenden der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Würzburg, Reinhold Emmert. Der hatte den Angeklagten beim Urteil ins Stammbuch geschrieben: „Die Dreistigkeit, mit der das Geld herausgeschaufelt wurde, sucht ihresgleichen.“
Kleinverdiener wurden zu Tausenden von gewieften Verkaufsprofis dazu verleitet, ihr sauer Verdientes als angeblich private Altersabsicherung in traumhaft verzinste Projekte der Frankonia-Gruppe zu investieren. Dann wurden Millionen von Firma zu Firma geschleust, um schließlich in den Taschen der Finanz-Jongleure zu landen.
Schuldbewusster Firmenchef
Die lebten fürstlich davon. „Menschen wie uns dürfte man keine Anlegergelder anvertrauen,“ sagte Michael Gerull, einer der verurteilten Deltoton-Strippenzieher 2016 in seinem Geständnis vor Gericht zerknirscht. Manche Investoren haben das Spektakel des Prozesses gar nicht mitbekommen.
Noch heute – zweieinhalb Jahre und zahlreiche Schlagzeilen nach dem Zusammenbruch des Frankonia–Imperiums – „kommen Anleger, die jetzt ihr Investment kündigen, in der Hoffnung Geld zu bekommen“, staunt Rechtsanwalt Schädler. Dann werden die Mitarbeiter des Insolvenzverwalters am Telefon Zeugen von Dramen verzweifelter Geldgeber, die am Telefon toben, weinen, flehen. „Das ist in vielen Fällen glaubhaft, das waren ja alles Leute, die nicht gerade im Geld schwimmen.“ Manche hatten ihre ganze Altersversorgung auf einmal (bis zu einer Viertelmillion) investiert, andere zahlten in Raten, 35 Euro pro Monat, 28 Jahre lang.
120.000 Dokumente im Archiv
Allein der Fall Frankonia/Deltoton/CSA beschäftigt in der Würzburger Filiale des Insolvenzverwalters Bendel & Partner seit zweieinhalb Jahren täglich mindestens ein bis zwei Sachbearbeiterinnen und zwei Anwälte. Insgesamt sind bis zu einem Dutzend Mitarbeiter eingebunden. Bisher liegen 6500 Forderungsanmeldungen vor. „Vier Mitarbeiter machen von früh bis abends nichts anderes, als Forderungen hereinzuholen,“ erklärt Schädler. Allein der Aufwand an Material ist gewaltig: Hunderte von Kartons mit beschlagnahmten Akten der Firmen mussten gelagert, gesichtet und digitalisiert werden, als die Kripo ihre Ermittlungen beendet hatte und die Unterlagen freigab.
Im Archiv lagern inzwischen 120.000 Dokumente. Die Kanzlei hat bisher rund 25 000 Schreiben versandt und muss über Forderungen von 24 600 Beteiligten über 48 Millionen Euro befinden. „Wir schauen gerade, wo noch werthaltige Ansprüche sind,“ sagt Schädler. Sein Eindruck: Viele Anleger haben gar nicht verstanden, in welch riskante Geschäfte sie da investierten – trotz formaler Belehrung in Hochglanz-Broschüren: „Da versteht kein Mensch, was da auf vielen Seiten an Kleingedrucktem drinsteht,“ kritisiert der Insolvenzverwalter.
Fragwürdige Risikobelehrung
Mit der Risikobelehrung werde den Anlegern eine Sicherheit vorgegaukelt, die sie nicht haben. Da werde zu viel Wert auf formale Information gelegt, die kein Nichtjurist verstehe. „Besser wäre eine klare Grenze: Wenn jemand zwei Prozent oder mehr an Zinsen verspricht, ist man im Risiko.“ Der Insolvenzverwalter hat den Anlegern gegenüber von Anfang an kein Blatt vor den Mund genommen. Schon in der ersten (nichtöffentlichen) CSA-Gläubigerversammlung vom 22.
September 2015 betonte er laut einem Teilnehmer: „In den Beteiligungsgesellschaften CSA Beteiligungsfonds vier und fünf wird voraussichtlich eine hohe Insolvenzquote für einfache Insolvenzgläubiger erreicht werden – die einfachen Anleger gehören aber nicht zu dieser Gruppe.“ Dies bedeutet, dass die den Anlegern mitgeteilten Beträge in ihrer Höhe nicht bestritten werden. „Bezüglich der Deltoton GmbH ist lediglich eine Insolvenzquote von 29 Prozent zu erwarten.“
Aufarbeitung dauert noch Jahre
Die Auszahlung könne jedoch noch etwa zwei bis drei Jahre nach Anmeldung der Forderung auf sich warten lassen, da bei der Masse an Beteiligten eine endgültige Klärung der finanziellen Verhältnisse einen erheblichen Aufwand benötigen werde.
Die rechtskräftig Verurteilten und Geschäftspartner, die bisher noch nicht vor Gericht standen, sind auch die ersten, an die sich Schädler hält, um Geld einzutreiben. Das Internet ist voller Anzeigen von Anwälten, die um geprellte Kunden werben. Manche versuchen, vor Gericht Geld für ihre Mandanten einzuklagen, was die Quote für die anderen drücken würde. Da ist Schädler aber ganz entspannt. Bisher hat der Insolvenzverwalter jeden der etwa 15 Prozesse gewonnen.
Wie lange es noch dauert, bis er bei Deltoton und CSA den Schlussstrich ziehen kann? Schädler denkt ein paar Sekunden nach: „Von heute mindestens noch fünf Jahre!“