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Würzburg
Behörden in Brasilien ermitteln gegen Koenig & Bauer
Mit jahrelanger Verspätung: Brasilien ermittelt im Korruptionsfall um eine Tochterfirma von Koenig & Bauer in Würzburg. Es geht ausgerechnet um Maschinen für Geldscheine.
Ein alter Vorwurf beschäftigt den Würzburger Druckmaschinen-Hersteller Koenig & Bauer noch immer: die Folgen einer Bestechungsaffäre in Brasilien.
Foto: KBA | Ein alter Vorwurf beschäftigt den Würzburger Druckmaschinen-Hersteller Koenig & Bauer noch immer: die Folgen einer Bestechungsaffäre in Brasilien.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:53 Uhr

Nach harten Jahren geht es mit dem Würzburger Druckmaschinen-Hersteller Koenig & Bauer seit längerem wieder aufwärts. Auch das Thema „Bestechung gegen Aufträge für Druckmaschinen“ im Ausland schien längst erledigt - bis es bei der Hauptversammlung erneut zu Nachfragen kam.

Nichts neues von der Schweizer Bundesanwaltschaft

In der Versammlung im Mai in Würzburg wollte eine Aktionärsvertreterin wissen, ob Koenig & Bauer in Sachen Korruption noch Leichen im Keller habe. Die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Dagmar Rehm teilte nach kurzer Beratung mit: Nach ihrer Erkenntnis lägen der Schweizer Bundesanwaltschaft keine weiteren Fälle vor.

Die Auskunft war zumindest unvollständig. Frage und Antwort zielten auf jahrelang zurückliegende Ermittlungen in der Schweiz gegen das Tochterunternehmen KBA-Notasys in Lausanne. Es ging um Korruption beim Verkauf von Druckmaschinen in vier Länder (Brasilien, Nigeria, Marokko und Kasachstan). Koenig & Bauer hatte den Fall auf eine Art bereinigt, die selbst von Schweizer Behörden als vorbildlich bezeichnet wurde.

Brasilianische Behörden ermitteln in Korruptionsfall

Aber in Brasilien scheint der Fall nicht erledigt. Das Würzburger Unternehmen weiß von einer Bekanntmachung brasilianischer Behörden vom 22. Juni 2019 im Internet. Darin wird verkündet, dass brasilianische Bundesbehörden ein Rechenschaftsverfahren gegen KBA-Notasys eingeleitet haben.

Untersuchungen der Bundespolizei hätten den Verdacht ergeben, dass sich zwei Direktoren der für den Gelddruck verantwortlichen staatlichen Münzanstalt bestechen ließen, um Bestellungen für Druckmaschinen bei KBA-Notasys zu kaufen. Dies könne zu einer Strafe führen und zum Ausschluss des weltweit führenden Unternehmens, künftig dort Maschinen verkaufen zu dürfen.

Finanzieller "Zustupf" für das Erteilen von Aufträgen 

Dabei werden auf den Banknoten-Druckmaschinen von Koenig & Bauer zwei Drittel des weltweiten Bargeldvolumens gedruckt. Unter den Kunden sind freilich auch Nationalbanken aus Ländern, in denen Bestechung verbreitet ist. Koenig & Bauer verkaufte Druckmaschinen an die Zentralbanken von Marokko, Brasilien, Nigeria und Kasachstan. Wenn man den Recherchen der Schweizer Bundesanwaltschaft glauben darf, ging das wie geschmiert.

Um ins Geschäft zu kommen, sollen Mittelsmänner hochrangigen Mitarbeitern der Zentralbanken Bestechungsgelder gezahlt haben: Einem Manager der marokkanischen Zentralbank 3,4 Millionen Franken (heute umgerechnet 3,1 Millionen Euro) als Provision für einen Vertragsabschluss über Maschinenverkäufe zum Preis von 65 Millionen Franken.

Auf Konten eines Direktors der brasilianischen Notenbank sowie eines Verwandten eines hohen Angestellten sollen 7,9 Millionen Franken als Dank für Bestellungen im Wert von 246 Millionen Franken geflossen sein. Zwei Manager der nigerianischen Zentralbank verdienten sich das, was in Schwyzerdeutsch so schön "ein Zustupf" heißt, 8,5 Millionen Franken für Vertragsabschlüsse über 236 Millionen. Agenten der kasachischen Nationalbank sollen 15 Millionen Franken für die Vermittlung mehrerer Verträge kassiert haben.

Bestechung lief über Schweizer Konten

Die Bestechungsgelder wurden auf verschlungenen Wegen übermittelt - aber immer wieder waren  Schweizer Bankkonten involviert. 2015 meldete KBA-Notasys den Verdacht von sich aus, zu Geschäften zwischen 2005 und 2012. Das Unternehmen trennte sich von mehreren Vertriebsagenten.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte 2017 viel Lob für das Krisenmanagement der KBA-Notasys: Sie lobte im Strafbefehl, der von der Schweizer Nachrichtenagentur zitiert wurde: "Sie hat sich als erstes Unternehmen in der Schweiz bei der Bundesanwaltschaft selbst angezeigt und damit eine Pionierrolle übernommen."

Die Firma musste Gewinne aus dem korrupten Geschäft von fast 30 Millionen Franken abliefern. Eigentlich wäre für die Taten eine Strafe von 3,5 Millionen Franken gerechtfertigt, stellte die Bundesanwaltschaft fest. Strafmildernd wirke, dass sich die Firma selber belastete und - laut "Spiegel" - fünf Millionen Franken für die Gründung eines Fonds zahlte, mit dem die Einhaltung sauberer Geschäftspraktiken in der Gelddruckerbranche gefördert werden soll. Daneben wurde nur eine symbolische Strafe von einem Franken fällig.

Fall kochte nach zwei Jahren wieder hoch

Jetzt informierte Koenig & Bauer in einer adhoc-Meldung die Aktionäre über ein "im Internet veröffentlichtes Verfahren der brasilianischen Regierung gegen die Schweizer Tochtergesellschaft KBA-NotaSys, das der Gesellschaft noch nicht zugegangen ist". Die Vorgänge in Brasilien seien  Bestandteil "des rechtskräftig abgeschlossenen Selbstanzeige-Verfahrens, das die Schweizer Tochtergesellschaft bei der schweizerischen Bundesanwaltschaft wegen Defiziten in der Korruptionsprävention eingeleitet hatte". Die Ertrags- und Finanzlage des Konzerns "wird aus heutiger Sicht dadurch nicht belastet".

Ob die brasilianischen Behörden inzwischen Kontakt mit Würzburg aufgenommen haben und welche Folgen das für künftige Geschäfte hat, ist unklar. Auf Anfrage antwortete eine Unternehmenssprecherin höflich, aber bestimmt: "Leider kann ich Ihnen nur mitteilen, dass wir uns zu einem laufenden Verfahren nicht äußern." Auch die brasilianische Botschaft ließ eine Anfrage unbeantwortet.

 
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