Er soll seit 25 Jahren Ökologie und Ökonomie im Freistaat zusammenbringen, er hat gut 2700 Unternehmen in seinem Schlepptau - und trotzdem scheiden sich die Geister an ihm, dem Umwelt- und Klimapakt Bayern. Während die einen von Augenwischerei sprechen, schwören andere auf das Bündnis wegen seiner Impulsfunktion.
Zu den Befürwortern zählt Axel Kochinki. Dem Chef der Brauerei Streck in Ostheim vor der Rhön (Lkr. Rhön-Grabfeld) geht es darum, mit Hilfe des Umweltpaktes "Bewusstsein zu schaffen" - auch in seiner Belegschaft. Das fange schon bei einem ständig tropfenden Wasserhahn im Betrieb an: Das koste Geld, verschwende Wasser und sei deshalb nicht mit Öko unter einen Hut zu bringen. Achtsamkeit sei gefragt.
Für diese Achtsamkeit stehe der Umweltpakt, meint Kochinki. Streck-Bräu ist seit mehr als 15 Jahren dabei. "Manchmal braucht man einen Anstoß von außen", behauptet der Brauerei-Inhaber. Dieser Anstoß habe zum Beispiel dazu geführt, dass Streck-Bräu vor einiger Zeit im Sinne des Umweltpaktes einen neuen Dampfkessel anschaffte. Der sei energiesparender als der alte.
Oder die hauseigene Kläranlage: Sie ist nach Firmenangaben rundum biologisch ausgerichtet. Der Anteil des Restmülls am betriebseigenen Abfall liege bei einem Prozent. Beim Einkauf der Gerste setze Streck-Bräu ausschließlich auf Landwirte aus der Rhön, ergänzt Kochinki. Zahlen dazu, wie viel er in den vergangenen Jahren im Sinne des Umweltpaktes investiert hat, nennt er nicht.
Unterm Strich ist der Umweltpakt Bayern für den Rhöner Geschäftsmann ein Erfolgsmodell. Das sieht Obermeister Benjamin Schreck von der Kaminkehrer-Innung Unterfranken in Rottendorf (Lkr. Würzburg) ähnlich. Die Innung macht seit 2001 beim Pakt mit. Mehr noch: 51 der 158 angeschlossenen Betriebe sind dabei - eine ungewöhnlich hohe Quote.
Das liegt nach Darstellung von Schreck daran, dass Kaminkehrer sowieso viel mit Klimaschutz und Energiesparen zu tun haben. Der Umweltpakt sei "für beide Seiten eine reine Imagesache", spricht der Obermeister sowohl für seine Innung als auch für die Betriebe. Monetäre Vorteile habe man davon direkt nicht. Aber die Beteiligten könnten ihren Kunden allein schon durch das Umweltpakt-Logo plausibel machen, "was wir leisten".
Wie Bosch Rexroth und Fresenius den Umweltpakt beurteilen
Die Bosch Rexroth AG in Lohr (Lkr. Main-Spessart) habe als einer der großen Arbeitgeber in der Region 1995 ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem eingeführt, um Ressourcen zu sparen und zum Klimaschutz beizutragen, heißt es aus der Pressestelle. Was hierbei umgesetzt werde, "bringen wir in den Umwelt- und Klimapakt Bayern ein". So könne Bosch Rexroth "nach außen ein Signal setzen".
Der Umweltpakt als Schulterschluss zwischen Staatsregierung und Wirtschaft sei wichtig und wirke "motivierend". Allerdings sollte die Wahrnehmung des Paktes in der Öffentlichkeit verbessert werden, teilen die Lohrer mit.
Erst seit Dezember und damit frisch dabei ist der Dialysegeräte-Hersteller Fresenius Medical Care in Schweinfurt. Der Umweltpakt sei eine wertvolle Plattform, um sich bei Fachfragen zum betrieblichen Umweltschutz auszutauschen, meint Sprecherin Sabine Theiß.
Bis zu 30 Prozent weniger Kohlendioxid-Ausstoß durch Umstellung der Heizungen von Öl auf Gas, Umstellung auf stromsparende LED-Beleuchtung und die Weiterverwertung von Spritzgussabfällen nennt der Konzern als Öko-Errungenschaften des Schweinfurter Werks. Dessen Leiter Andreas Völker hebt hervor, dass sich Fresenius wegen des Umweltpaktes "zu nachhaltigem Wirtschaften" in der Produktion verpflichtet fühle.
Was ein Kritiker des Umweltpaktes meint
Weniger euphorisch sehen Kritiker den Umweltpakt. "Bestenfalls wirkungsarm" und für die Söder-Regierung "reines Marketing" sei das Bündnis, kritisiert der Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl aus Würzburg. Es fehle an klaren Umwelt-Kriterien, wirkungsvoller Umsetzung und inzwischen auch an Teilnehmern, bemängelt Friedl. Von rund 5500 Unterstützern im Jahr 2010 sei die Teilnehmerzahl aktuell auf nur noch gut 2700 gesunken.
Den Grund dafür sieht Friedl in der Konstruktion des Paktes: Dieser honoriere Umwelt-Engagement von Firmen "unabhängig davon, ob es schon da war oder zusätzlich ist". Eine Motivation, mehr zu tun, sei dies meist nicht. Zumal die Firmen, die tatsächlich nachhaltig wirtschaften, "das unabhängig von einem Umweltpakt aus Überzeugung" machen. Ohne fixe Vorgaben, etwa in einem bayerischen Klima-Gesetz, komme man deshalb nicht weiter, kritisiert Friedl. "Das Freiwilligkeitsdogma der Staatsregierung hat ausgedient."
Was den Kritikern entgegnet wird
Das sieht Wolfram Hatz, Präsident des arbeitgebernahen Wirtschaftsverbandes vbw, völlig anders: Die freiwillige Partnerschaft von Politik und Wirtschaft "ist eine der großen Stärken Bayerns", findet er. Der Pakt sei zudem "mehr, als nur eine politische Absichtserklärung": Er bündle "vorbildliche Praxis-Beispiele", biete Hilfen bei der Umsetzung und garantiere so Nachahmungseffekte, lobt Hatz. "Die Wirtschaft ist beim Umwelt- und Klimaschutz Teil der Lösung und nicht Teil des Problems."
"Der Umwelt- und Klimapakt ist ein Motor für Kreativität und Partnerschaft", findet auch Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Eine neue Auszeichnung für herausragende Projekte und eine neue Internet-Plattform für "Best-Practice"-Beispiele sollen zudem "zusätzlich für den Schutz von Umwelt und Klima motivieren". Wirtschaft und Umwelt gehörten in Bayern zusammen, glaubt Glauber: "Denn wir wollen bei den großen Themen der Zukunft gemeinsam vorankommen."