Mit der Verleihung des Physik-Nobelpreises an den Briten Peter Higgs (84) und den Belgier François Englert (80) würdigte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm die Vorhersage des Higgs-Teilchens, das eine zentrale Rolle in der Teilchenphysik spielt und gerne als letzter Baustein im Setzkasten des Universums bezeichnet wird. Die höchste Auszeichnung für Physiker ist mit umgerechnet 920 000 Euro (acht Millionen schwedischen Kronen) dotiert.
Fast 50 Jahre lang galt das Higgs-Teilchen als Mutmaßung, ehe es im vergangenen Jahr mit dem Teilchenbeschleuniger (LHC) im europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf nachgewiesen wurde. Mit beteiligt an den Experimenten waren auch die Physiker Thomas Trefzger und Ansgar Denner von der Universität Würzburg. Nach der Bekanntgabe in Stockholm war deshalb die Freude bei beiden groß. „Wir fühlen uns schon ein wenig mitgeehrt“, sagte Trefzger auf Anfrage. „Denn ohne experimentellen Nachweis wäre die Higgs-Theorie nicht zu dieser Ehre gekommen“, so Trefzger, der seit 25 Jahren auf dem Gebiet der Teilchenphysik arbeitet.
Der 47-Jährige, Professor für Physik und ihre Didaktik, leitet eine Arbeitsgruppe im sogenannten Atlas-Projekt am LHC, das in der offiziellen Begründung der Akademie namentlich erwähnt wurde. Dort hieß es, die Auszeichnung werde für „die theoretische Vorhersage eines Mechanismus vergeben, der zum Verständnis der Masse subatomarer Partikel beitrage, und der kürzlich durch die Entdeckung des vorhergesagten Teilchens mit den Detektoren ,Atlas' und ,CMS' am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bestätigt worden ist“.
Auch Ansgar Denner, Inhaber des Lehrstuhls für Theoretische Physik II an der Uni Würzburg, freute sich über die Entscheidung: „Ich finde es klasse, dass die Leistung so honoriert wird. Higgs und Englert haben das verdient“, so Denner, der mit seinem Team nicht direkt an den Experimenten beteiligt war, sondern theoretische Berechnungen beisteuert.
Thomas Trefzger indes ist alle zwei Monate am LHC in Genf, mittlerweile seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2008 das Mekka der Teilchenphysik. Dort hat er auch schon Peter Higgs getroffen, aber auch die Physikerlegende Stephen Hawking oder den im fränkischen Bad Kissingen geborenen Nobelpreisträger von 1988, Jack Steinberger. Am Atlas-Projekt arbeiten Wissenschaftler aus 38 Ländern dieser Erde, „das ist eine Riesensache“, so Trefzger, für den die Arbeit mit der Entdeckung des Higgs-Teilchens allerdings nicht beendet ist. „Wir wissen noch immer nicht, woraus der Großteil des Universums besteht. 95 Prozent des Universums sind unbekannt. Nur fünf Prozent machen die Materie aus, die wir Physiker in unseren Berechnungen vorhersagen. 70 Prozent bestehen aus dunkler Energie, über die wissen wir gar nichts.“
Dass das Higgs-Teilchen bald nach seiner Entdeckung auch „Gottesteilchen“ genannt wurde, finden die Würzburger Forscher nicht glücklich: „Mit dem Nachweis ist jedenfalls nicht geklärt, woher wir kommen. Es hat auch nichts mit der Existenz oder Nichtexistenz Gottes zu tun“, sagt Thomas Trefzger.
Große Freude und Stolz herrschte indes auch am Kernforschungszentrum: „Ich bin begeistert, dass der diesjährige Nobelpreis an die Teilchenphysik geht“, erklärte CERN-Generaldirektor Rolf-Dieter Heuer in Genf. Der Nachweis der Existenz eines Higgs-Teilchens am CERN sei der Höhepunkt jahrzehntelanger wissenschaftlicher Leistungen gewesen, sagte der deutsche Physiker.
Weit über 100 Forscher hatten sich am CERN in Genf versammelt und die Übertragung der Preisverkündung aus Stockholm am Fernseher verfolgt. „Hier war ein Riesenjubel“, berichtete Teilchenphysikerin Kerstin Borras unmittelbar nach der Nobelpreis-Verkündung. Die feierliche Überreichung der Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.
Vortrag an der Uni Würzburg
Als hätten sie es geahnt, haben die Physiker der Universität Würzburg den nächsten Vortrag in der Reihe „Physik am Samstag“ just den „Gottesteilchen“ oder Higgsbosons gewidmet. Professor Dr. Thorsten Ohl spricht am Samstag, 12. Oktober, ab 10.30 Uhr über das Thema „Am Ziel? – Die Elementarteilchenphysik nach der Entdeckung eines Higgsbosons“. Das teilte die Universität Würzburg mit.
Die Veranstaltungsreihe „Physik am Samstag“ richtet sich an Schüler, Lehrer und die interessierte Öffentlichkeit. Im Anschluss an jede Vorlesung besteht die Möglichkeit, mit den vortragenden Professoren ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und zu diskutieren.
Der Vortrag findet statt im Max-Scheer-Hörsaal des Hörsaalbaus der Naturwissenschaften der Universität Würzburg, Am Hubland.