Günther Oettinger muss tatsächlich ein Kunststück fertigbringen: Er soll einen um fast zehn Prozent schrumpfenden EU-Etat so weit wie möglich erhalten und zusätzliche Gelder auftreiben – möglichst ohne dass die Bürger dies merken. Denn sonst könnte eine neue Debatte über Sinn und Erfolg dieser Union ausbrechen.
Das ist aber noch nicht alles: Neue Vorhaben wie die Verteidigungsunion wollen finanziert werden, die Sicherung der Außengrenzen sowie die Migrationspolitik braucht mehr Mittel. Und im Hintergrund wirbt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für seinen Plan für ein eigenes Budget des Euro-Raums.
Fest steht derzeit nur: Das ist alles zusammen nicht zu bezahlen. Die notwendigen Einsparungen dürften nur schwer zu begründen sein. Denn wer Sachsen oder dem Saarland Geld streichen will, das dann in Länder wie Polen oder Ungarn fließt, in denen die Demokratie mit Füßen getreten wird, wird sich schwertun, das zu vertreten. Dass die Subventionen aus den EU-Kassen künftig an politische Auflagen zur Rechtsstaatlichkeit geknüpft werden, erscheint nahezu unstrittig – so sehr sich Warschau und Budapest dagegen wehren. Schließlich bestreiten sie nicht unerhebliche Teile ihrer nationalen Etats mit Beiträgen der Länder, denen sie selbst jede Solidarität verweigern. Das kann nicht so bleiben.
Es ist längst absehbar, dass Einschnitte nötig sind. Sie werden die deutschen Länder treffen, denen es – verglichen mit den wenig entwickelten Regionen in der EU – zwar gut geht, die aber dennoch erhebliche Schwierigkeiten haben, sich flächendeckend mit anderen europäischen messen zu können. Sie brauchen die Gelder – egal ob aus der Berliner oder der Brüsseler Kasse.
Die EU aber hat viel zu lange den Fehler gemacht, ihre Förderungen nicht wirklich zu hinterfragen oder an zeitlich befristete Projekt zu binden. Im Gesamtüberblick der Union geht die Zahl der Fördergebiete zwar zurück, nicht aber die Summe der bereitgestellten Mittel. Also sollte Brüssel angesichts der Mindereinnahmen nach dem Brexit nicht nur einen Kassensturz machen, sondern seine Strukturpolitik hinterfragen.