Es ist schon spät, die Wahl ist gelaufen, eines aber vergisst Klaus Iohannis nicht. Um ein Uhr in der Nacht zum Montag meldete sich der neue Präsident Rumäniens bei seinen Eltern in Würzburg. Der 55-Jährige wollte ihnen persönlich mitteilen, dass er gewonnen hat. Es ist ein Überraschungssieg. Meinungsforscher sahen eher den sozialistischen Gegenkandidaten, Ministerpräsident Victor Ponta, als Favoriten für das Präsidentenamt. Die Eltern von Klaus Iohannis haben natürlich mitgefiebert. „Wir haben das Spektakel um seine Wahl all die Tage verfolgt“, erzählt Gustav Heinz Johannis, „es war ja knapp.“ Umso mehr sind sie nun „sehr stolz auf den Sohn, der es so weit nach oben geschafft hat“.
Der Vater des Politikers wirkt verwundert und ist überrascht, dass die lokale Tageszeitung sich bei ihm meldet. Eigentlich will er gar nicht viel sagen. Das scheint er mit seinem Sohn gemeinsam zu haben. Klaus Iohannis (so die rumänische Schreibweise des Nachnamens der deutschstämmigen Familie) gilt als wortkarg, als stiller Politiker – aber auch als ehrgeizig und durchsetzungsfähig.
Seit dem Jahr 2000 ist Klaus Iohannis Bürgermeister im siebenbürgischen Hermannstadt, rumänisch Sibiu. In dieser Zeit ging es in seiner Geburtsstadt stetig bergauf. Er zog ausländische Investoren an, bekämpfte die Korruption. „Man kommt damit zurecht, wenn man einfach nicht mitspielt“, sagte er diesbezüglich schon vor Jahren gegenüber dieser Zeitung. Die Hoffnung der Rumänen, dass er als Präsident ebenfalls nicht mitspielt, dürfte mit zu seinem Sieg beigetragen haben. „Er hat vor allem von der Jugend viel Zuspruch erhalten, viele haben sich gewünscht, dass die linksgerichtete Partei verliert“, meint Vater Johannis dazu.
Dass sie ihren Sohn bald wiedersehen, damit rechnen die Eltern eher nicht. An Pfingsten hat Klaus Iohannis sie das letzte Mal in Würzburg besucht. „Wir wissen nicht, wie es nun weiter geht“, sagt Gustav Heinz Johannis. Der Vater ist jedoch zuversichtlich. Seit 22 Jahren lebt er mit seiner Frau in Würzburg. Seit ihrer Übersiedelung hätten sie trotz der Entfernung von rund 1300 Kilometern immer „viel Kontakt“ mit dem Sohn. „Wir telefonieren regelmäßig oder schreiben eine SMS.“ Zur offiziellen Amtseinführung Ende Dezember werden sie wohl nicht nach Bukarest fahren, meint der 82-Jährige. Seine Frau sei so alt wie er und die Reise dorthin lang und beschwerlich.
1992 war das noch anders für das Ehepaar Johannis. Damals ist es seiner Tochter hinterhergezogen. „Sie lebte mit ihrem Mann und unserer Enkelin bereits in Würzburg, ebenso ihre Schwiegereltern. Wir sind gekommen, um sie zu unterstützen.“ Sohn Klaus, der damals als Physiklehrer am traditionsreichen Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt unterrichtet hat, blieb in Rumänien und startete später seine politische Karriere. „Er ist dort gut verwurzelt“, meint sein Vater dazu. Stolz ist er nicht nur, dass er Präsident geworden ist, sondern auch, dass er viermal als Bürgermeister von Sibiu gewählt wurde. Das sei nicht selbstverständlich als Deutscher in einem rumänischen Umfeld.
Die Gegner von Klaus Iohannis griffen ihn genau an diesem Punkt an: Als Siebenbürger Sachse sei er „kein richtiger Rumäne“, hieß es, zudem hänge er als Protestant in dem mehrheitlich christlich-orthodoxen Land dem falschen Glauben an. Sogar, dass er mit seiner Frau Carmen, einer Rumänin, keine Kinder hat, machten ihm die Sozialisten zum Vorwurf. Iohannis ertrug die verbalen Aggressivitäten. „Statt dass ich zum Rüpel werde, verliere ich die Wahl“, sagte er kurz vor seinem Wahlsieg.
In Sibiu sieht man diesen Erfolg mit gemischten Gefühlen, war Iohannis dort doch Garant des Fortschritts. „Natürlich haben wir ihn alle gewählt. Aber wir wären doch auch alle froh gewesen, wenn wir ihn hätten behalten können“, sagt die frühere Stadträtin Marga Grau.
(Mit Informationen von DPA und KNA)
Seine Vorfahren waren sächsische Siedler aus dem heutigen Luxemburg, die sich im 12. Jahrhundert in Transsylvanien ansiedelten. Erst unter der kommunistischen Regierung musste die Familie ihren Namen von Johannis in Iohannis ändern. In Sibiu (Hermannstadt) wurde Iohannis am 13. Juni 1959 geboren. Dort wurde der Rumäniendeutsche vor 14 Jahren mit seinem Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen Bürgermeister. 2007 war Sibiu europäische Kulturhauptstadt. Über die Jahre etablierte sich der frühere Physiklehrer und Schulinspektor in der Politik, so dass ihn im Oktober 2012 drei Oppositionsparteien als neuen Regierungschef durchsetzen wollten. Die Parlamentsmehrheit war dafür, der Plan scheiterte jedoch am Widerstand des damaligen Staatschefs Traian Basescu, den er nun im Amt beerbt. Bei der Präsidentschaftswahl trat Klaus Iohannis für die Christlich-Liberale Allianz (ACL) an und errang einen überraschenden Triumph. (Text: afp/cj)