Anwälte streiten darüber, ob man die mutmaßlichen Mörder der vergewaltigten Inderin verteidigen darf. Die Männer sitzen noch ohne Rechtsbeistand in Neu-Delhis berüchtigtem Tihar-Gefängnis. Am Donnerstag ist ihre nächste Anhörung vor Gericht.
Vor dem Mordprozess gegen fünf mutmaßliche Peiniger des indischen Vergewaltigungsopfers hat das Gericht den Beschuldigten ein Ultimatum zur Suche eines Anwalts gesetzt. Sollten sie bis zur nächsten Anhörung an diesem Donnerstag niemanden gefunden haben, würden ihnen Pflichtverteidiger gestellt, sagte Richterin Namrita Aggarwal in Neu-Delhi.
Danach soll ein Schnellgericht den Fall übernehmen. Am Montag wurden den Beschuldigten Kopien der Anklageschrift überreicht, bevor die Polizei sie zurück ins berüchtigte Tihar-Gefängnis brachte. Ihnen droht der Galgen.
Aggarwal hatte die Öffentlichkeit am Montag von der Vorführung der Verdächtigen ausgeschlossen. Sie ließ den überfüllten Gerichtssaal räumen, weil sie die Sicherheit der mutmaßlichen Vergewaltiger in der chaotischen Menge gefährdet sah. Im Saal war es zu tumultartigen Szenen gekommen.
Anwälte stritten untereinander, nachdem zwei von ihnen angeboten hatten, die Beschuldigten zu vertreten. Sie wollten damit einen Boykott der Anwaltskammer in dem Distrikt brechen, die beschlossen hatte, eine Verteidigung der Männer „aus moralischen Gründen“ zu verweigern. Bislang sind keine Anwälte bestellt.
Wann der Mordprozess gegen die fünf erwachsenen Beschuldigten vor dem neu geschaffenen Schnellgericht beginnen soll, blieb zunächst offen. Beim sechsten Verdächtigen wird mit Hilfe von Knochentests geprüft, ob er – wie von ihm selbst behauptet – minderjährig ist. Dann käme er vor ein Jugendgericht, das keine Todesstrafen verhängt. Das 23-jährige Opfer war am 16. Dezember in einem fahrenden Bus in Neu-Delhi vergewaltigt und gefoltert worden. Vor anderthalb Wochen starb die junge Frau an ihren Verletzungen. Ein Begleiter der 23-Jährigen überlebte verletzt. Die Familie der Toten fordert die Hinrichtung aller sechs Beschuldigten. Der Vater hatte in einem am Sonntag veröffentlichten Interview verlangt, an ihnen ein Exempel zu statuieren.
Indische Medien meldeten in den vergangenen Tagen eine Reihe weiterer Gewaltakte gegen Frauen. Demnach wurde in Noida, einem Vorort Neu-Delhis, die Leiche einer vermutlich vergewaltigten und ermordeten Frau gefunden.
Die „Times of India“ berichtete, zwei Verdächtige seien festgenommen worden, ein Dritter sei auf der Flucht. Fünf Polizisten seien vom Dienst suspendiert worden, nachdem sich ihre Wache zunächst geweigert habe, eine Anzeige aufzunehmen.
Die Nachrichtenagentur IANS meldete, dass ein Mann und ein Jugendlicher eine 15-Jährige in Neu-Delhi vergewaltigt hätten.
Der Nachrichtensender NDTV berichtete, im zentralindischen Bundesstaat Chhattisgarh seien ein Lehrer und ein Wachmann unter dem Vorwurf festgenommen worden, vier Schülerinnen vergewaltigt zu haben. Im ostindischen Bundesstaat West-Bengalen sei ein 40-Jähriger festgenommen worden, der verdächtigt werde, vier Mädchen im Alter zwischen fünf und zehn Jahren vergewaltigt zu haben.