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SCHWEINFURT
Das Geschäft mit dem Zahngold
Zahngold       -  Symbolfoto
Foto: dpa | Symbolfoto
Von unserem Redaktionsmitglied Regine Beyss
 |  aktualisiert: 10.05.2023 11:02 Uhr

Verbindliche gesetzliche Vorgaben gibt es keine. Dafür spielen Emotionen, Pietät und Respekt eine umso größere Rolle, wenn es um die Frage geht, was mit dem Zahngold eines Verstorbenen passiert, nachdem er eingeäschert wurde. Der Bundesverband Deutscher Bestatter äußerte zuletzt heftige Kritik an Städten, die mit dem Verkauf der Metalle aus ihren Krematorien Geld verdienen. Allein die Stadt Nürnberg verdient nach Angaben der Friedhofsverwaltung rund 250 000 Euro jährlich mit Altgold.

Für Toni Hanrieder, Vorsitzender des Bayerischen Bestatterverbandes, ist das nicht mit der Rechtsprechung vereinbar. „Grundsätzlich müssen alle Metalle in der Urne belassen werden“, sagt er. „Zumindest so weit es möglich ist.“ Er lehnt die Trennung von Gold und Asche nach der Einäscherung ab – auch wenn es technisch möglich ist. „Leider handhaben das nicht alle so“, bedauert Hanrieder und weist auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Bamberg hin.

Dieses hatte im Januar 2008 festgestellt, dass Zahngold stets Teil der Asche des Verstorbenen und mit den übrigen Verbrennungsrückständen in einer Urne zur Bestattung zusammenzuführen ist. „Natürlich ist eine Einigung zwischen dem Krematorium und den Angehörigen möglich“, schränkt Hanrieder ein. Aber selbst wenn die Angehörigen der Entnahme von Metallen zustimmen, dürfe damit kein Geschäft gemacht werden: „Spenden wäre eine Möglichkeit.“

Diese Möglichkeit nutzt die Stadt Schweinfurt. Nach Angaben von Sprecher Martin Baldauf fließen die Einnahmen des Schweinfurter Krematoriums nicht in den städtischen Haushalt, sondern in gemeinnützige Zwecke. „Wir führen seit drei Jahren eine Trennung von Asche und Metallen durch“, so Baldauf. Aussortiert würden zum einen Prothesen und künstliche Gelenke, die nicht in die Urne passen. „Daneben kommen im Jahr rund zehn Kilogramm Feingold, Silber, Palladium und Platin zusammen“, sagt der Sprecher. Pro Einäscherung seien das Wertstoffe im Wert von circa 30 Euro – und somit jährliche Einnahmen in Höhe von rund 60 000 Euro. Angehörige müssten dem Verfahren allerdings zustimmen. „Es kommt so gut wie nie vor, dass jemand die Vereinbarung ablehnt“, so Baldauf.

„Viele Angehörige wissen gar nicht, dass sie bei Einäscherungen über den Verbleib von Zahngold und anderen Wertstoffen entscheiden dürfen“, glaubt Christoph Keldenich, Vorsitzender der Verbraucherinitiative Aeternitas für Bestattungskultur in Königswinter. Auch er hält es für rechtswidrig, wenn ein Krematorium eigenmächtig über die Wertstoffe verfügt. „Die Hinterbliebenen haben das vorrangige Aneignungsrecht“, so Keldenich.

Im Krematorium in Osterburken (Neckar-Odenwald-Kreis, Baden-Württemberg) werden Prothesen, künstliche Gelenke und metallische Teile des Sarges mit Hilfe eines Magneten aussortiert. Mit diesen Stoffen hat das privat geführte Krematorium im vergangenen Jahr rund 5000 Euro verdient. „Einen Teil davon haben wir gespendet“, sagt Geschäftsführer Kevin Volk. „Es ist ein schwieriges Thema. Wir wollen damit ja eigentlich keinen Gewinn machen.“ Wertgegenstände wie Zahngold und Schmuck verbleiben allerdings in der Urne – eine Rückgabe nach der Einäscherung wird mit Einverständnis der Angehörigen ausgeschlossen.

Ähnlich handhabt es auch Dirk Zehner in seinem Krematorium in Meiningen (Südthüringen). „Das Zahngold wird generell der Asche zugeführt“, so Zehner. „Probleme mit den Angehörigen gab es deswegen noch nie.“


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