Wenn der Funkkontakte zu einem Flugzeug abbricht, müssen deutsche Behörden das Schlimmste annehmen. Wurde der Flieger entführt? Ist es ein Terroranschlag? Meldet sich die Besatzung mehrere Minuten lang nicht, dann alarmiert die Luftsicherung routinemäßig die Luftwaffe, die den Luftraum über Deutschland schützt.
Die Alarmrotte der Luftwaffe musste an diesem Wochenende gleich zwei Mal in die Luft. Die Ursache für den fehlenden Funkkontakt hatte in beiden Fällen jedoch keinen terroristischen Hintergrund.
Einmal war es vermutlich ein menschliches Problem: Der Pilot des ägyptischen Flugzeugs hat womöglich eine falsche Funkfrequenz eingestellt. Im anderen Fall war es ein technisches Problem: das Funkgerätder koreanischen Passagiermaschine war defekt.
In beiden Fällen, die laut Angaben der Luftwaffe nichts miteinander zu tun haben, waren zwei Abfangjäger des Typs Eurofighter in der Luft. Sie gehören zum Taktischen Luftwaffengeschwaders 74. Das stellt die „Quick Reaction Alert“-Alarmrotte, kurz QRA, für den süddeutschen Raum. Zwei weitere Abfangjäger, die bei einem schnellen Alarmstart eingesetzt werden, befinden sich am Standort Wittmund in Ostfriesland und gehören zur Taktischen Luftwaffengruppe „Richthofen“.
Start innerhalb von 15 Minuten
Die Alarmrotten sind rund um die Uhr in Bereitschaft. Sobald der Alarmfall ausgelöst wird, sind entweder Eurofighter aus Neuburg oder Wittmund innerhalb von 15 Minuten in der Luft. Welche Alarmrotte aufsteigt, hängt von Faktoren wie Reisegeschwindigkeit des Flugzeugs, Höhe und Geoverhältnisse ab. So kann zum Beispiel ein Gewitter in Franken dazu führen, dass die Eurofighter aus Wittmund nach Süddeutschland geschickt werden.
Die Kampfjets erreichen laut Angaben der Luftwaffe in einem Umkreis von 500 Kilometern mit Überschall alle Punkte in einer guten halben Stunde. Wenn die Eurojets die Flugzeuge, zu denen der Funkkontakt fehlt, erreichen, wird durch Sichtkontakt geprüft, ob es eine ungewöhnliche Situation an Bord gibt. Durch Flügelwackeln beispielsweise zeigt der Luftwaffenpilot dem zivilen Kollegen der Passagiermaschine an, dass etwas nicht in Ordnung ist. Internationale Handzeichen signalisieren dann Entwarnung – oder Gefahr.
Wann die Abfangjäger tatsächlich aufsteigen, hängt vom Einzelfall ab. „Es wird nicht sofort eskaliert“, informiert ein Luftwaffen-Sprecher. So spielt zum Beispiel auch die Position der Maschine eine Rolle, ob die Abfangjäger zum Einsatz kommen – etwa, wenn das Flugzeug bis zum Aufsteigen der Jets den deutschen Luftraum wohl schon verlassen hat.
Überfliegt die betreffende Maschine allerdings sensible Punkte wie ein Atomkraftwerk oder Großstädte, wird eher eingegriffen.
Das war zum Beispiel im März der Fall. Ein indisches Passierflugzeug ohne Funkkontakt zum Boden hatte dafür gesorgt, dass vorsichtshalber unter anderen das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) geräumt worden war. Der Funkkontakt zur indischen Maschine war bereits im tschechischen Luftraum abgebrochen. Auch dort wurde das Flugzeug durch eine tschechische QRA-Alarmrotte begleitet. Sie übergab es an der Grenze der deutsche Alarmrotte.
Flugzeug als Waffe
Laut Angaben der Luftwaffe hat damals die Bundespolizei an Bundesländer und Kernkraftbetreiber einen „Renegade-Voralarm“ ausgegeben. Er erfolgt, wenn möglicherweise ein Flugzeug aus terroristischen oder anderen Motiven als Waffe verwendet werden könnte.
Wenige Tage vor diesem Vorfall, im Februar, sorgte ebenfalls ein fehlender Funkkontakt für Unruhe. Wieder handelte es sich um einen indischen Airliner.
Der Ernstfall ist jedoch selten. Nach Zahlen des Verteidigungsministeriums von Ende 2016 stiegen die Eurofighter der Alarmrotten in den vergangenen fünf Jahren sechs Mal wegen Terrorverdachts auf. Immer gab es Entwarnung.
Mitarbeit: AZ, jha, top, ach