Vor einer Bäckerei im hessischen Fulda hat die Polizei einen Mann erschossen, der zuvor randaliert und Menschen angegriffen hatte. Der Täter habe am frühen Morgen einen Angestellten der Bäckerei verletzt, wie eine Polizeisprecherin am Freitag sagte. Als die Beamten nach der Attacke gegen 4.20 Uhr am Tatort eintrafen, habe der Mann auch sie sofort mit Steinen und vermutlich einem Schlagstock attackiert. Daraufhin hätten die Polizisten zur Schusswaffe gegriffen. Ein Beamter habe nach Angaben der Staatsanwaltschaft einen Armbruch erlitten.
Wie Harry Wilke, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Fulda, dieser Redaktion auf Anfrage bestätigte, handelte es sich bei dem Täter um einen Flüchtling aus Afghanistan. Der 19-Jährige habe in einer nahegelegenen Flüchtlingsunterkunft gewohnt. Dort sei er zuvor schon mehrfach in Streitigkeiten mit anderen Bewohnern verwickelt gewesen.
Lieferwagenfahrer liegt noch im Krankenhaus
Die in einem Gewerbegebiet gelegene Bäckerei hatte nach Angaben der Ermittler zum Zeitpunkt der Tat noch nicht geöffnet. Augenzeugenberichten zufolge fiel der Verkäuferin, die am frühen Morgen vor Ladenöffnung mit Arbeitsvorbeitungen beschäftigt war, der junge Mann auf. Er habe sich merkwürdig verhalten, hieß es. Deshalb habe sie vorsorglich die Eingangstür verriegelt.
Als der Warenzulieferer mit seinem Lastwagen vor der Filiale eintraf, soll er von dem Mann angegriffen worden sein. Der Fahrer konnte durch einen Seiteneingang in die Bäckerei flüchten. Die Mitarbeiter verständigten die Polizei. Das Polizeipräsidium befindet sich in der Nähe der Bäckerei. „Unseren beiden Mitarbeitern geht es den Umständen entsprechend gut, aber unser Fahrer musste ins Krankenhaus“, sagte Thomas Bertz, Sprecher der Bäckerei mit Sitz in Poppenhausen in der hessischen Rhön. Der Fahrer sei mit Steinen beworfen worden, Lebensgefahr bestehe aber nicht.
Durch das Schaufenster der Bäckerei zog sich nach dem Vorfall ein Riss, zwei Einschlagstellen waren zudem zu erkennen. „Unsere Mitarbeiter haben sich sehr gut verhalten“, lobte Bertz im Gespräch mit dieser Redaktion. Das Unternehmen werde sie in den kommenden Tagen „sehr eng begleiten“, um das Geschehene zu verarbeiten. Konsequenzen für andere Filialen werde es keine geben.
Keine Hinweise auf politisches Motiv
Wahrscheinlich flüchtete der Angreifer, als die Beamten eintrafen. Dafür sprechen jedenfalls Spuren am Tatort. Denn erst rund 150 Meter entfernt fielen mehrere Schüsse. Der Tatort wurde am Freitag weiträumig von der Polizei abgesperrt. Die Stelle, wo der getroffene Mann zu Boden ging, wurde mit einem Zaun und Sichtschutzplanen vor neugierigen Blicken abgeschirmt. Dahinter baute die Spurensicherung ein weißes Zelt auf. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, Passanten vom Tatort abzuweisen.
Was der Grund für den Angriff vor der Bäckerei war, blieb am Freitag noch völlig offen. Welchen Aufenthaltsstatus der 19-jährige Afghane innehatte – und ob womöglich eine Abschiebung bevorstand –, konnte Staatsanwaltschaftssprecher Wilke am Nachmittag ebenso wenig beantworten wie die Frage nach dem psychischen Zustand des jungen Mannes. Auch ob der Angreifer unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gestanden hat, sei noch nicht bekannt. Einen islamistischen Hintergrund könne man nie ausschließen, so Wilke auf Nachfrage weiter. „Andersherum haben wir aber keinerlei Erkenntnisse auf ein politisches Motiv“, betonte er.
Schusswaffengebrauch wird untersucht
Noch geklärt werden muss darüber hinaus, warum die von der Bäckerei zu Hilfe gerufenen Beamten ihre Waffen benutzten. Das Hessische Landeskriminalamt wurde eingeschaltet und übernahm die Ermittlungen. Das sei bei tödlichem Schusswaffengebrauch von Polizisten immer der Fall, erklärte ein Sprecher. Ähnliche Vorgaben gelten in Bayern. So wurden etwa im Jahr 2016 die tödlichen Schüsse eines Sondereinsatzkommandos der Polizei auf den Axtattentäter von Würzburg untersucht. Fünf Monate später wurden die Untersuchungen eingestellt: Nur durch den Gebrauch ihrer Schusswaffen hätten die Beamten den mit seiner Axt heranstürmenden IS-Anhänger abwehren können, hieß es.