Preisschild schlägt Gewissen: Gerne blenden wir Verbraucher aus, was hinter den scheinbar unschlagbaren Angeboten für Kleidung, Elektrogeräte oder Nahrungsmittel steht. Nämlich allzu oft Raubbau an der Natur, die Missachtung von Menschenrechten oder gar Kinderarbeit. Es ist deshalb höchste Zeit, genauer hinzuschauen, wie die Produkte, die wir täglich nutzen, erzeugt werden. Der Kunde hat eine riesige Verantwortung, seine Kaufentscheidung kann die Welt verändern, zum Besseren oder Schlechteren.
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Nun ist es dem Einzelnen aber keineswegs zuzumuten, bei allen Waren, die er kauft, selbst zu überprüfen, ob bei deren Herstellung alles ethisch und ökologisch korrekt zugegangen ist. Deshalb sind unabhängige Prüfsiegel zur Orientierung unverzichtbar. Mit dem Grünen Knopf, für den CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller lange gekämpft hat, gibt es nun endlich ein Textilsiegel, das die Einhaltung von wichtigen Mindeststandards staatlich garantiert.
Billige Kleidung hat einen hohen Preis für Mensch und Umwelt
Wie so oft stand auch am Anfang dieser Entwicklung eine Katastrophe. Nach dem verheerenden, wie ein Menetekel anmutenden Unglück in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch wissen wir, welch hohen Preis billige Kleidung haben kann. Beim Einsturz des Gebäudes, in dem unter elenden Bedingungen auch für den deutschen Markt genäht wurde, starben rund 1100 Menschen.
Das war vor sechs Jahren und eigentlich dürfte seither niemand mehr die Augen davor verschließen, dass das sagenhaft günstige Hemd oder Kleid oft direkt mit himmelschreiendem Unrecht zu tun hat. Und zwar in mehrerlei Hinsicht. Für das Weltklima wertvoller Regenwald wird gerodet, auch um Baumwolle anzubauen. Dabei kommen gewaltige Mengen umweltschädlicher Chemikalien zum Einsatz, werden Trinkwasserreserven aufgebraucht und Landarbeiter ausgebeutet. Auf dem Weg von der Rohfaser zum fertigen Kleidungsstück, beim Spinnen und Färben, Zuschneiden und Nähen geht das Übel weiter.
Mit besseren Arbeitsbedingungen Fluchtursachen bekämpfen
Viele der Menschen in Entwicklungsländern, die für einen Hungerlohn Waren für die reicheren Nationen herstellen, sehen in ihrer Heimat keine Perspektive mehr. Die Ungleichgewichte der globalisierten Wirtschaft sind eine der Hauptgründe für die zunehmenden weltweiten Flüchtlingsströme. Jede Verbesserung der Arbeitsbedingungen trägt deshalb zur Bekämpfung von Fluchtursachen bei. Den allermeisten Verbrauchern sind die Zusammenhänge durchaus bewusst. Und viele würden, zumindest theoretisch, gerne etwas dagegen tun. Doch in der Praxis richtet nur ein verschwindend geringer Anteil der Konsumenten sein Einkaufsverhalten danach aus. Es ist ja alles andere als leicht, verantwortungsbewusst einzukaufen. Selbst der Preis taugt als Hinweis nur bedingt. Es gibt Discounter, die ihre globalen Lieferketten gut überwachen. Und Luxusmarken, bei denen sich hinter dem schönen Schein eine schmutzige Realität verbirgt. Nachzuweisen, wer anständig wirtschaftet, ist schwer. Viele Organisationen versuchen sich daran. Die Folge ist ein wahres Dickicht aus Siegeln, von denen viele ihre Schwächen haben.
Auch der Grüne Knopf deckt im Moment nur einen Teil der Lieferkette ab. Doch wenn Hersteller auf diese Mängel verweisen, um zu rechtfertigen, warum sie sich nicht an den Initiativen beteiligen, ist das allzu billig. Lieber ein Siegel, das noch Raum für Verbesserungen bietet, als gar keines, das muss die Devise sein. Allein schon die Diskussion um die Kriterien schärft das Bewusstsein für die Sache. Der Grüne Knopf ist deshalb ein wichtiger Schritt auf einem Weg, der freilich noch lang und steinig ist.