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BERLIN
Kommentar: Die Zeichen stehen auf Zerfall statt auf Zusammenhalt
Paukenschlag       -  Die CDU-Vositzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat in einer Präsidiums-Sitzung in Berlin mitgeteilt, auf eine Kandidatur als Kanzlerkandidatin zu verzichten.
Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa | Die CDU-Vositzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat in einer Präsidiums-Sitzung in Berlin mitgeteilt, auf eine Kandidatur als Kanzlerkandidatin zu verzichten.
Christian Grimm
Christian Grimm
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:32 Uhr

Keine Experimente – die alte Wahlkampfparole Konrad Adenauers ist die Essenz der CDU. Stabilität, Verlässlichkeit und Staatsverantwortung machen sie aus. Die CDU war bisher die feste Burg der Bundesrepublik. Allein die Langzeitkanzler Adenauer, Kohl und Merkel kommen zusammen auf viereinhalb Jahrzehnte an der Macht. Die Bundesrepublik ist 70 Jahre alt. Merkels Parole hieß: „Sie kennen mich.“

Ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer vermochte dieses Versprechen nicht mehr zu erfüllen. Ihr angekündigter Rückzug von der Parteispitze und ihr Verzicht auf die Kanzlerkandidatur sind ein Einschnitt für die Partei. Die erste bittere Lektion heißt, dass die Chefin oder der Chef der CDU nicht mehr natürlicherweise die besten Karten hat, das Kanzleramt zu erobern. Die zweite bittere Lektion heißt, dass es bei der CDU jetzt genauso ungeordnet zugeht wie bei den Sozialdemokraten.

Setzt sich Friedrich Merz durch, wäre das für Merkel ein Alptraum

Bei den Genossen kämpft eine Doppelspitze, die eigentlich aus der GroKo aussteigen will, mit Ministern und Fraktion, die das Bündnis mit CDU und CSU fortführen wollen. Bei der CDU ist jetzt nicht einmal klar, wer mit wem darum kämpft, das Sagen zu haben. Die Kanzlerin zieht sich nächstes Jahr aus der Politik zurück, AKK in den kommenden Monaten vom Parteivorsitz. Welcher Nachfolger das Ruder wie schnell übernehmen wird, ist derzeit noch offen. Damit ist auch offen, ob die Christdemokraten wieder Politik aus einem Guss anbieten können.

Setzt sich beispielsweise Friedrich Merz durch, wäre das für Merkel ein Alptraum. Das Verhältnis der beiden ist völlig zerrüttet. Welcher Schatz die Geschlossenheit ist, machen der CDU gerade die Grünen und die CSU vor. Bei Ersteren gehörte der beinharte Streit über Jahrzehnte so selbstverständlich dazu wie die Gegnerschaft zur Kernenergie. Seit dort Annalena Baerbock und Robert Habeck harmonisch den Takt vorgeben, liegt die Partei stabil auf Platz zwei in den Umfragen.

Bei der CSU hat Markus Söder den Machtkampf für sich entschieden und dominiert die Christsozialen bis in den letzten Winkel. Auch deshalb kann sich die CSU einigermaßen in den Umfragen halten und schmiert nicht ab wie die große Schwesterpartei unter AKK.

Das Zerfasern der Gesellschaft hat nun auch die CDU erfasst

In der CDU wird in den nächsten Monaten der interne Wahlkampf um den Chefposten ausbrechen. Für das Regierungsbündnis heißt das nichts Gutes. Zwar hat auch die SPD über Monate neue Vorsitzende gesucht und das Kabinett arbeitete weiter. Aber die kniffligen Forderungen des neuen Führungsduos sind noch gar nicht bei den Koalitionspartnern angekommen. Eine Abkehr vom Staatshaushalt ohne neue Schulden und eine kräftige Anhebung des Mindestlohnes Richtung 12 Euro werden bei der Union auf Ablehnung stoßen. Umgekehrt ist es wahrscheinlich, dass im Kandidatenrennen bei der CDU auch Bedingungen gemacht werden, die bei den Sozialdemokraten als Affront gewertet würden. Dazu zählen zum Beispiel Steuersenkungen für Unternehmen oder eine härtere Gangart in der Flüchtlingspolitik.

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Die Große Koalition war angetreten, in diesen aufgeregten Zeiten durch gute Sachpolitik das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. Sie hat besser gearbeitet als ihr Ruf. Was CDU, CSU und SPD aber nicht gelang, ist das Auseinanderdriften der Gesellschaft zu verhindern. Die GroKo war ein Anklang an die frühere Stabilität des Parteiensystems in der Bundesrepublik. Das Zerfasern der Gesellschaft hat nach der SPD nun auch die CDU erfasst. Die Große Koalition ist damit ad absurdum geführt.

 
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