Vanja, 27 Jahre alt, aus Leipzig möchte keinesfalls ausschließlich mit weiblichen Pronomen bezeichnet werden und schlägt die Alternative er*sie vor.
Warum?
Vanja ist intersexuell, das heißt, weder Mann noch Frau. Der Deutsche Ethikrat geht davon aus, dass es rund 80 000 intersexuelle Menschen in Deutschland gibt. Die Zahlen sind schwierig zu ermitteln, da es eben oft kein Schwarz und Weiß in Geschlechterfragen gibt.
Was heißt intersexuell?
Bei intersexuellen Menschen sind die Geschlechtsmerkmale, also zum Beispiel Chromosomen, Hormone und Genitalien, nicht eindeutig ausgeprägt. Intersexuelle verfügen über männliche und weibliche Merkmale, etwa weibliche Geschlechtsteile und männliche Chromosomen. Früher nannte man sie oft Zwitter. Der Beschluss ist aber auch für andere Menschen relevant, die sich nicht in die Kategorien männlich/weiblich einordnen lassen möchten.
Was steht in Vanjas Geburtsurkunde?
„Weiblich“. 2014 wollte Vanja das ändern lassen in „inter/divers“. Das Standesamt und die Fachgerichte machten dabei aber nicht mit. Denn das Personenstandrecht kennt nur die Optionen „weiblich“ und „männlich“. Seit 2013 besteht zudem die Möglichkeit, den Eintrag offen zu lassen, wenn das Geschlecht eines Neugeborenen nicht eindeutig ist. Vanjas Fall landete in Karlsruhe.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Gesetzgeber muss das Personenstandsrecht bis Ende 2018 ändern. Er kann dabei einen dritten Geschlechtseintrag schaffen. Aber auch ganz auf einen Geschlechtseintrag verzichten.
Ist eine der Varianten vorzugswürdig?
Moritz Schmidt von der Kampagne „Dritte Option“, die Vanjas Verfassungsbeschwerde unterstützt hat, hält beide für gleichwertig. „Das ist eine Detailfrage.“ Für Richard Köhler von der Organisation Transgender Europe hat das Geschlecht „überhaupt keine ordnungspolitische Relevanz mehr“. Der Deutsche Ethikrat hatte dagegen den zusätzlichen Eintrag „anderes“ empfohlen. Auch das Deutsche Institut für Menschenrechte setzt sich dafür ein.
„Für die Selbstidentifikation kann eine offizielle Bestätigung wichtig sein, zum Beispiel bei transgeschlechtlichen Menschen“, sagt Referentin Petra Follmar-Otto.
Wirkt sich die Karlsruher Entscheidung auch auf andere Bereiche aus?
Vanjas Anwältin, Katrin Niedenthal, geht davon aus. Die Richter stellten nämlich ausdrücklich fest, dass das Verbot, jemanden aufgrund seines Geschlechts zu diskriminieren, nicht nur Frauen und Männer schütze. Auch die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sprach von einer „historischen“ Entscheidung. „Ein bisschen revolutionär“, sagte Kampagnen-Sprecher Schmidt. Vor allem Verbände forderten, jetzt endlich eine umfassende Reform in Angriff zu nehmen.