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LESERANWALT
Medienrecht: Wer Ratschläge von Experten annimmt, handelt auf eigenes Risiko
Ein Leser fragt nach. Er hält die in einem Beitrag vorgestellten chemischen Rohrreiniger für gefährlich; außerdem hat er Probleme mit der Funktion des "Pömpels" und dem sprachlichen Verständnis für diesen Begriff.
Es geht oft auch ohne Chemie: Ein Pömpel pumpt Verstopfungen aus den Leitungen.
Foto: Andrea Warnecke, dpa | Es geht oft auch ohne Chemie: Ein Pömpel pumpt Verstopfungen aus den Leitungen.
Redaktion
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:05 Uhr
Wenn in einem Artikel ein fehlerhafter Ratschlag steht, haftet dann die Zeitung?" Das ist eine berechtigte Leserfrage. Sie bezieht sich auf den Beitrag vom 4. Mai, "Geschirrspültabs machen den Abfluss frei", weil darin unter anderem chemische Rohrreiniger empfohlen sind. Und der Fragesteller erklärt, dass diese Reiniger zu Folgeschäden führen können. Allerdings ist im Artikel, der von der Deutschen Presseagentur (dpa) übernommen ist, bereits davor gewarnt und zu lesen, dass die Gebrauchsanweisungen genau eingehalten werden müssen.

Aber selbst ohne diese Einschränkung, müsste die Redaktion für diesen Ratschlag eines Experten, den sie verbreitet hat, nicht haften. Es ist eben nur ein Ratschlag, der Nutzer nicht von ihrer Eigenverantwortung entbindet.

Falsche Veranstaltungstermine
Die Anfrage des Lesers gibt mir Gelegenheit noch einige Sätze zur Haftung von Redaktionen hinzuzufügen. Die haften nämlich auch nicht für nachweislich falsch angegebene Termine von Veranstaltungen. Es gab schon Leser, die wollten nach einem fehlerhaften Datum für eine Show, die leider schon stattgefunden hatte, ihre Fahrkosten für umsonst gefahrene Kilometer von der Redaktion ersetzt bekommen. Das geht leider nicht. Es handelt sich hier, wie es Juristen gerne sagen, um "allgemeines Lebensrisiko".

Zum Ersatz des Schadens nicht verpflichtet
Bleiben wir bei den Juristen und damit auch in ihrer Sprache, denn dieses Risiko ist sogar in § 675 BGB rechtlich verankert: „Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet“. Im Klartext: Es gibt keinen Schadensersatz für unliebsame Ergebnisse nach der Befolgung von Ratschlägen. Eine angemessene Entschuldigung darf man freilich von der Redaktion nach solchen Fehlleistungen erwarten. In sehr seltenen krassen Fällen hat sie geschädigte Leser schon mal freiwillig mit einem kleinen Geschenk versöhnt.

Was wirklich falsche Empfehlungen in jedem Fall nach sich ziehen müssen, ist die sofortige Richtigstellung, gleich nachdem die Redaktion vom Fehler erfährt. Aber eine solche falsche Empfehlung liegt bei den chemischen Rohrreinigern hier nicht vor.

So funktioniert es nicht
Nun ist der anfragende Leser ganz offensichtlich ein Freund großer Genauigkeit. Er hat jenen dpa-Beitrag vom 4. Mai geradezu durchleuchtet. Dabei ist es ihm sogar aufgefallen, dass die Einbauspüle auf dem nebenstehenden Foto zwei Abläufe hat - von denen der eine nicht verschlossen ist. Das bedeutet, dass die "Saugglocke" (auch "Pömpel") wegen des fehlenden Unterdrucks nicht wirken kann. Weil dieser Funktionszusammenhang im Beitrag sogar erklärt ist, gehe ich davon aus, dass die meisten Leser bei einer Anwendung schnell merken, woran sie sind.

"Pömpel" kommt aus dem Norden
Da wäre schließlich noch der "Pömpel", den der Mann in seiner Zuschrift als unzutreffend brandmarkt. Der Begriff werde nur in Norddeutschland gebraucht. So wird es in einschlägigen Nachschlagwerken verkündet. Ich meine, die Franken sind dennoch in der Lage, "Pömpel" zu begreifen. Ich, als Franke mit fränkischen Eltern, habe im Übrigen lebenslang bisher nie ein anderes Wort gebraucht als Pömpel. Seis drum: Ja, man hätte durchaus grundsätzlich auch von "Saugglocke" schreiben können, selbst wenn die dpa, die ihre Zentrale von Hamburg nach Berlin verlegt hat, dorthin viele Nordlichter mitgenommen hat.

Haftung droht nach Ehrverletzungen
Wirklich haften muss muss ein Medium vornehmlich bei falsch berichteten Fakten, solchen, die Personen oder Gruppen direkt Schaden zufügen, sie persönlich in ihrer Ehre treffen, die Persönlichkeitsrechte verletzen. Aber selbst danach kann eine schnelle und deutliche Richtstellung die Kuh unter Umständen noch vom Eis holen. Journalisten werden in der Regel erst dann persönlich in Haftung genommen, wenn sie nachweislich ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben. Das heißt, wenn sie unter den gegebenen Umständen nicht alles Mögliche getan haben, um korrekte Tatsachen zu berichten.

Anton Sahlender, Leseranwalt der Main-Post
Sprecher der Vereinigung der Medien-Ombudsleute

www.vdmo.de
 
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Kommentare
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  • A. S.
    ... ja, es wird zunehmend schwieriger zu unterscheiden was Rechts und was Links ist. Die Einordnung wird eben gerne von Leuten gebraucht, die diese Lager unbedingt aufrecht erhalten wollen. Vielleicht, um sich selbst besser einordnen zu können und politische Gegner zumindest verbal sichtbar zu machen. Das gilt für LInke und ebenso wie für Rechte oder liebe/r @glaubt-nicht-alles ?
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • P. K.
    als in diversen Foren, Blogs u.s.w. findet man sonst nirgenwo auf der Welt Das gilt für alle Themen.
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  • M. D.
    ....Ablösung von Haderthauer in der Staatskanzlei und zu Anklagen führte, wäre ohne die Bloggerin Ursula Prem nie bekannt geworden. Die wiederum stieß hierauf, als sie im "Fall Gustl Mollath" recherchierte, der - man ahnt es - erst über das Internet Wellen schlug.

    Die Aufarbeitung dieses Justizskandals wiederum wurde im Blog der ehemaligen Staatsanwältin Gabriele Wolff so gründlich und umfassend recherchiert und berichtet, dass den "klassischen Medien" heute noch die Tinte verklumpen müsste aus Scham!

    Die "klassischen Medien haben einen professionellen Anspruch und ethische Grundsätze"...?
    Ja super! Gut, dass Sie es nochmal erwähnt haben. Sie haben aber auch offenkundig Rücksicht zu nehmen auf unzählige Interessen und Befindlichkeiten, sie hegen und pflegen - siehe Artikel - Vorurteile und Ressentiments und sie hängen an ihren Privilegien und ihren "Quellen", die sie nicht verärgern wollen.
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  • W. K.
    Vor langer, langer Zeit konnte man das, was in der Zeitung stand als richtig, ungefährlich und vernünftig betrachten. Das mit dem "richtig" galt auch für Rechtschreibung und Grammatik.

    Nach diesem Artikel des Leseranwalts sieht es jedoch heutzutage so aus, als ob viele Artikel nur eingestellt werden, damit keine leere Seiten als Tageszeitung ausgetragen werden müssen.

    Bezüglich Rechtschreibung und Grammatik fragt sich der Abonnement schon öfters, ob sich die Mainpost-Redaktionen nicht wenigstens ein einfaches und billiges Rechtschreibkorrekturprogramm leisten könnten.
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  • A. H.
    so ging z.B. Prof. Wolfgang Ockenfels - nebenbei bemerkt ein Dominikanerpater m.E. noch einen Schritt weiter, als er in einer Diskussion, zu der das Institut für Gesellschaftswissenschaften zum traditionellen 1. Mai-Kolloquium nach Bonn geladen hatte unter demTitel „........... – Wie vertrauenswürdig sind die Massenmedien?“ u.a. ausführte, dass der Journalist in einer unübersichtlicher gewordenen Medienlandschaft seine Deutungshoheit verloren hat, wenn bzw. weil im Netz " jeder Konsument als Blogger seine Meinung kundtun kann".
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  • A. S.
    ... es ist mutmaßlich so, wie es der Prof. Ockenfels gesagt hat. Und er ist schließlich nicht der einzige, der das sagt. Und auch in den Medien ist das klar: Im Internet wird so viel Unsinn verbreitet, dass die klassischen Medien mit zuverlässigen Nachrichten der glaubwürdige und seriöse Haltepunkt bleiben sollten.
    Sie können, @lausbua97228, auch heute die Nachrichten in der Zeitung als richtig, vernünftig und ungefährlich einordnen. Genauso wie damals. Schreibfehler - so ärgerlich sie sind -ändern daran nichts. Wenn Sie das Beispiel genau betrachten, war alles korrekt. Ich habe nur im Interesse vieler Leser die Frage eines Lesers beantwortet.
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • A. H.
    in Blogs z.B. liest man gottlob auch manch kluge Sätze von klugen Leuten, die (leider?) nicht das Privileg haben, ihre Meinung in der Zeitung unters Volk bringen zu können (und dafür auch noch bezahlt zu werden; dieser Klammersatz ist aber ist aber nicht ganz ernst gemeint).
    Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bin froh um BEIDE Medien und begegne beiden mit gebotener ....... - s. my nickname zwinkern
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  • A. S.
    ... handelt es sich aber nicht nur um "beide Medien", sondern um unzählige. Sie setzen sonst nicht nur sämtliche Blogger mit den klassischen Medien gleich, sondern auch klassische Medien mit ihresgleichen und Blogger mit ihresgleichen. Es gibt freilich gewaltige Unterschiede. Und gemessen an den Bloggern, die mitunter kluge Dinge schreiben, haben die klassische Medien einen professionellen Anspruch und ethische Grundsätze. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit bei ihnen korrekt informiert zu werden, ist auf jeden Fall deutlich höher. Dabei waren ich davor, unliebsame Meinungen mit schlechtem oder falschem Journalismus zu verwechseln.
    Ganz abgsehen davon, finde ich es schön, dass Sie es als Privileg sehen, Meinung über die Zeitung unters Volk bringen zu können. Aber, sich bewusst rundum zu informieren, ist zweifellos ein guter Weg.
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • A. H.
    Bei den Bloggern - zumindest bei denen, die ich regelmäßig "verfolge", kenne ich deren 'Intention bzw. kann sie schnell durchschauen. Einen Absolutheitsanspruch vergleichbar dem, den die Zeitung - im allgemeinen gemeint - zumindest früher in weiten Kreisen mal genoss, erreicht aber wohl keiner.
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  • A. H.
    Auszug aus dem o.g. Bericht über die dort genannte Diskussion, in der der Journalist und Medienunternehmer Klaus Kelle ein Unbehagen mit den Massenmedien diagnostizierte, wenn beispielsweise über „gekaufte Medien“ und die politische Schlagseite in einem Großteil der etablierten Medien geklagt werde. "Aber Kelle sah keine Verschwörung, denn „Journalisten schreiben so, wie sie reden und denken“. Erhellend sei die Erkenntnis, dass nach einer Umfrage 63 Prozent der befragten Journalisten sich als politisch links stehend bezeichneten. Dies führe zu einer selektiven Wahrnehmung, die mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun habe".
    o.k.den letzten Satz hätte man auch abschwächen können in "Dies könne zu...... führen"
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  • A. S.
    ... für jemanden der rechts steht, wie Klaus Kelle, ist die Mitte links. Eine nicht haltbare Umfrage wird immer wieder gerne von denen zitiert, die in den Medien eine linke Verschwörung sehen möchten.
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • A. H.
    gibt's das denn in der altgewohnten Form noch und verblasst das nicht längst vor dem Hintergrund der diskutierten Vielfalt der Meinungsäußerung, die den einen oder anderen zu überfordern scheint, und der Tatsache, dass inzwischen sogar Grüne sich eine Koalition mit den "Rechten" vorstellen können? Auch die Wahlen spiegeln doch immer mehr die Ausfransung der jahrzentelang gewohnten Abgrenzungen wieder, bei denen die Einordnung gar nicht mehr so eindeutig möglich ist.
    Und: 'Ich verstehe schon, dass manch strammer sog. "aufrechter" " Linker" frustriert ist, wenn nach (lebens)langem Kampf (als ein Beispiel nenne ich hier nur die Biermösl Blosn) in Bayern immer noch bzw. wieder eine "rechte" Partei absolute Mehrheiten erreichen kann und eine "rechte" Kanzlerin derzeit unangreifbar zu sein scheint.
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