LESERANWALT
Aus einem misslungenen Diebstahl darf keine gelungene Diskriminierung werden
Ein Zigarettendiebstahl ist in einem Einkaufsmarkt verhindert worden. Eine Gruppe junger Männer ist dieses misslungenen Versuchs verdächtigt. Alle sind entkommen. Ein Leser hat mir dazu geschrieben, dass die Main-Post in ihrer Meldung hätte erwähnen können, dass es sich bei den verhinderten Dieben um Migranten handelt. Und er fügt hinzu: "Natürlich war jedem Leser klar, dass dies so war/ist." Er unterstellt der Redaktion falsch verstandene Rücksichtnahme und stellt die Frage, ob vielleicht an den Gerüchten eines "Maulkorberlasses" für Presse und Polizei etwas dran sei, wenn es um Migranten gehe.
Nichts von dem, was der Mann über den Vorfall im Einkaufsmarkt zu wissen glaubt, ist erwiesen. Es gibt noch nicht einmal einen Verdacht, mit der sich seine Behauptung begründen ließe. Deshalb kann kein seriöses Medium so berichten, wie der Kritiker es will. Grundlage für die Nachricht ist in erster Linie die Darstellung der Polizei. Und die lässt keine weitergeheden Vermutungen zu.
Ganz abgesehen davon finde ich die Einschätzung erstaunlich, dass jedem Leser klar sei, dass es sich um Migranten handele. Im Bericht hießt es doch lediglich:
Nach sexuellen Belästigungen oder anderen Straftaten muss der Weg Betroffener gleich zur Polizei führen. Die amtlich bestätigte Anzeige macht in der Regel einen Bericht möglich. Erwähnt sei auch: Wer nicht erwiesene Straftaten verbreitet und damit Menschen belastet, läuft Gefahr, sich selbst strafbar zu machen.
Unbestätigte und nicht nachweisbare Mitteilungen über angebliche Missetaten von Migranten kommen leider öfter in der Redaktion an. Sie dürfen nicht zu Berichterstattungen führen. Grund dafür ist kein Maulkorberlass, sondern geltendes Recht und ein fairer Journalismus. Es darf Behauptungen kein Raum gegeben werden, die schwache und hilflose Menschen belasten. Das verlangt auch der Kodex der Deutschen Presserates, der Minderheiten vor Diskriminierungen schützen soll. Siehe Richtlinie 12.1. In diesem Schutz von Minderheiten erfüllt der Kodex seinen Zweck, auch wenn er nach den Vorfällen in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof sicherlich einer Nachbesserung bedarf.
Als Beispiel für einen üblen Versuch zu diskriminieren, darf man die von der AfD-Hochschulgruppe in einem Internet-Netzwerk verbreitete Mitteilung bewerten, nicht nur in Metropolen, sondern auch in Würzburg sei es kürzlich zu Vergewaltigungen durch Südländer gekommen. Die Gruppe beruft sich dabei auf eine bereits sechs Jahre alte Main-Post Nachricht. Journalismus macht diesen Versuch noch kenntlich, selbst wenn die Mitteilung der Gruppe mittlerweile verschwunden ist.
Anton Sahlender, Leseranwalt
So kann kein seriöses Medium berichten
Nichts von dem, was der Mann über den Vorfall im Einkaufsmarkt zu wissen glaubt, ist erwiesen. Es gibt noch nicht einmal einen Verdacht, mit der sich seine Behauptung begründen ließe. Deshalb kann kein seriöses Medium so berichten, wie der Kritiker es will. Grundlage für die Nachricht ist in erster Linie die Darstellung der Polizei. Und die lässt keine weitergeheden Vermutungen zu.
Erstaunliche Einschätzung
Ganz abgesehen davon finde ich die Einschätzung erstaunlich, dass jedem Leser klar sei, dass es sich um Migranten handele. Im Bericht hießt es doch lediglich:
Hinter einer Unterstellung, die über die Bettlergruppen hinaus geht, kann ein Vorurteil stecken, manchmal politisches Interesse, Fremdenfeindlichkeit oder gar alles zusammen. Davon haben Nachrichten in Medien frei zu sein. Und hier darf aus einem misslungen Diebstahl keine gelungene Diskriminierung werden.
Die Versicherung
Vertrauenswürdig ist der Mann für Journalisten auch nocht nicht, wenn er mir versichert, dass er...Von der Polizei unbestätigt bleiben auch weitere zurückliegende Vorfälle mit Migranten, von denen er zu wissen glaubt, darunter die sexuelle Belästigung einer Frau.„für seinen Teil bisher keinem Fremden, gleich welcher Nation, irgend etwas zuleide getan hat, insbesondere auch körperlich nicht.“
Bei der Polizei anzeigen
Nach sexuellen Belästigungen oder anderen Straftaten muss der Weg Betroffener gleich zur Polizei führen. Die amtlich bestätigte Anzeige macht in der Regel einen Bericht möglich. Erwähnt sei auch: Wer nicht erwiesene Straftaten verbreitet und damit Menschen belastet, läuft Gefahr, sich selbst strafbar zu machen.Unbestätigte und nicht nachweisbare Mitteilungen über angebliche Missetaten von Migranten kommen leider öfter in der Redaktion an. Sie dürfen nicht zu Berichterstattungen führen. Grund dafür ist kein Maulkorberlass, sondern geltendes Recht und ein fairer Journalismus. Es darf Behauptungen kein Raum gegeben werden, die schwache und hilflose Menschen belasten. Das verlangt auch der Kodex der Deutschen Presserates, der Minderheiten vor Diskriminierungen schützen soll. Siehe Richtlinie 12.1. In diesem Schutz von Minderheiten erfüllt der Kodex seinen Zweck, auch wenn er nach den Vorfällen in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof sicherlich einer Nachbesserung bedarf.
Der Versuch, zu diskriminieren
Als Beispiel für einen üblen Versuch zu diskriminieren, darf man die von der AfD-Hochschulgruppe in einem Internet-Netzwerk verbreitete Mitteilung bewerten, nicht nur in Metropolen, sondern auch in Würzburg sei es kürzlich zu Vergewaltigungen durch Südländer gekommen. Die Gruppe beruft sich dabei auf eine bereits sechs Jahre alte Main-Post Nachricht. Journalismus macht diesen Versuch noch kenntlich, selbst wenn die Mitteilung der Gruppe mittlerweile verschwunden ist.Anton Sahlender, Leseranwalt
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