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WÜRZBURG
Wahl als geheime Kommandosache
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 23.02.2015 08:02 Uhr

Dass an der Universität Würzburg am Montag ein neuer Präsident gewählt wird, sollte im Vorfeld der Abstimmung im Hochschulrat niemand erfahren. Nur durch Zufall wurde der Termin dieser Tage bekannt, die Uni selbst hat das Datum nicht veröffentlicht. Ganz offensichtlich hat man gehofft, die Entscheidung ohne Nebengeräusche im stillen Kämmerlein treffen zu können. So wurde die Präsidentenwahl zur geheimen Kommandosache erklärt.

Ein Unding ist das, wenn man bedenkt, dass die Julius-Maximilians-Universität eine öffentliche Einrichtung mit 10 000 Mitarbeitern ist, deren 300 Millionen-Euro-Etat (ohne Uni-Klinikum) zum weitaus größten Teil aus Steuergeldern finanziert wird. Da haben die Bürger einen Anspruch zu erfahren, wer die nächsten sechs Jahre an die Spitze möchte – und warum. Neben dem Kopf vorne dran geht es um Ideen und Konzepte, um das ehrwürdige Bildungsinstitut im Wettbewerb um die besten Forscher und Lehrer zu positionieren.

Einen solchen Wahlkampf sieht das Bayerische Hochschulgesetz nicht vor, er ist aber auch von den internen und externen Vertretern im Universitätsrat, die den Präsidenten wählen, nicht gewollt. Dem Vernehmen nach stehen am Montag nicht einmal die Bewerber auf dem Wahlzettel, die sich auf die Stellenanzeige im vergangenen Herbst beworben haben, sondern lediglich Amtsinhaber Alfred Forchel. Es mag gute Gründe geben, so zu verfahren. Nur wenn man sie öffentlich nicht kommuniziert und erklärt, wird schnell der Verdacht der Mauschelei laut. So beschädigt man ohne Not das Ansehen der Uni, vor allem aber das Ansehen des neuen Präsidenten, der mutmaßlich der alte sein wird.

Es ist ja nicht so, dass die Universität Würzburg in den ersten sechs Jahren unter Forchel nicht vorangekommen wäre. Die Erweiterung des Campus auf dem Gelände der früheren US-Kaserne, diese Jahrhundertchance, wird weiter beherzt angegangen, die Zahl der Studienplätze, Seminarräume und Forschungslabors ausgebaut. Heute studieren an der Alma mater 28 000 junge Frauen und Männer, so viele wie nie zuvor. Prestigeträchtig ist die Ansiedlung einer Max-Planck-Forschungsgruppe bei den Medizinern, für die Forchel sehr gekämpft hat. Die Kooperation zwischen der klassischen Hochschule und außeruniversitären Forschungseinrichtungen gilt als elementar im internationalen Wettbewerb.

Aber es gibt auch Kritik am Präsidenten. Forchel und seine Führungsmannschaft setzten zu sehr auf angewandte Forschung, investierten vor allem in (naturwissenschaftliche) Fakultäten, wo es sogenannte Drittmittel aus der Wirtschaft zu holen gibt – und vernachlässigten dabei die Geisteswissenschaften, heißt es. Andere werfen dem Präsidenten mangelnde Teamfähigkeit vor. Forchel verzettele sich im Kleinklein, und es fehle an Transparenz, beklagen Insider. Leider meist nur hinter vorgehaltener Hand. Uni-Präsidenten in Bayern haben Machtbefugnisse wie „Sonnenkönige“, sagen Kritiker. Da will es sich kein Mitarbeiter mit dem Chef verscherzen.

Eine öffentliche Debatte um Stärken und Schwächen der Uni und ihrer Führung tut not. Sie böte die Chance, Missverständnisse auszuräumen, Zukunftsperspektiven auszuloten und die Hochschule stärker als bisher im Bewusstsein der Region zu verankern. Eine moderne Universität muss mehr sein als ein elitärer Forschungs- und Bildungstempel.

Uni nennt keine Bewerbernamen

 
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    kriegt man schon als Studienanfänger (in Bayern) sozusagen gleich aberzogen. Nicht nur dass in allen Uni-Gremien die Professoren die absolute Mehrheit haben (das wurde übrigens auch zu Zeiten der Studiengebühren nicht angetastet, obwohl doch den Studis dafür mehr Mitsprache versprochen worden war, LOL), sondern was da oft genug hinter den Kulissen läuft...

    Natürlich darf wer den Sumpf trockenlegen will nicht die Frösche fragen. Aber mit Geschacher und Gemauschel ist auch schwer Staat zu machen - geschweige denn "Exzellenz" zu erreichen (höchstens auf Gebieten, wo man das nicht wirklich erwähnt haben will; s. z. B. Thema "Doktorfabrik").

    Nein - ich glaube nicht, dass Herr Forchel der Uni WÜ mit seinem Vorgehen einen Gefallen getan hat.
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  • aujr
    Schelm - wer BÖSES dabei denkt!
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  • Lonicerus
    Ob Prof. L. B. von FJS Gnaden in der Soziologie oder Prof. G. K. in der Medizin - die Uni WÜ kommt seit fast 40 Jahren nicht aus den Skandalen raus und wundert sich wohl, dass es nie so ganz zur "Elite" im Bundesland gereicht hat.

    Vielleicht müssen personelle Fragen einfach etwas transparenter debattiert werden, damit Forschung und Wissenschaft hier wieder vorankommen... zwinkern
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