Das endgültige Aus für ihre Aufklärungsarbeit in bayerischen Grundschulen kam für Beratungsstellen wie Pro Familia oder Donum Vitae zum neuen Schuljahr. Hintergrund sind die neuen Richtlinien zu der im Lehrplan verankerten Familien- und Sexualerziehung in bayerischen Schulen, die das Kultusministerium Ende 2016 neu gefasst hat. Veranstaltungen von externen Sexualpädagogen in Grundschulen sind darin ausdrücklich untersagt.
Die Frage nach dem Warum treibt nicht nur Eltern um. „Die haben das doch immer prima gemacht!“, sagt etwa eine Lehrerin aus dem Landkreis Main-Spessart gegenüber dieser Redaktion. Auch die Mitarbeiter von Pro Familia in Unterfranken können nur rätseln. „Wir vermuten, dass das finanzielle Gründe hat“, heißt es auf Anfrage. Tatsächlich hat schon im Jahr 2010 die damalige Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) für ein Ende der externen Veranstaltungen in Grundschulen plädiert: Denn für die vom Freistaat geförderten Beratungsstellen bedeute eine solche Aufgabenübertragung ein personeller Mehraufwand. Dafür habe man vom Landtag aber keine Mittel zugewiesen bekommen.
Finanzielle Gründe?
In einer E-Mail vom Mai 2017 an die staatlich anerkannten Beratungsstellen schreibt das Ministerium: „Wir bitten Sie, künftig zwingend zu beachten, dass keine sexualpädagogischen Veranstaltungen durch Fachkräfte der Schwangerberatung an Grundschulen durchgeführt werden dürfen.“ Das Sozialministerium bezieht sich dabei auf die überarbeiteten Richtlinien für Schulen. Den Vorwurf, es handele sich hier um ein eigenes Verbot aus ihrem Haus, weisen die Verantwortlichen gegenüber dieser Redaktion ausdrücklich zurück.
Aufklärung im Grundschulalter nötig?
Die Entscheidung gegen die externen Experten in Grundschulen hatte – genau wie die Erarbeitung der neuen Unterrichtsinhalte – schon im Vorfeld zu hitzigen Debatten zwischen Pädagogen, Eltern und Politikern geführt. Inwieweit die Proteste von Eltern gegen eine Aufklärung ihrer Kinder und gegen Lerninhalte, wie Homosexualität als normale Lebensform, Auswirkungen auf die neue Regelung hatten, darüber lässt sich nur spekulieren. Auch die Frage, ob Sexualerziehung schon in Grundschulen nötig ist, wird immer wieder gestellt.
Beate Schlett-Mewis von Pro Familia in Würzburg ist eine Sexualpädagogin, die seit vielen Jahren in Schulen und in der Fortbildung tätig ist. „Ja“, sagt sie, „der Unterricht in den ersten Jahrgangsstufen ist extrem wichtig, denn in der Grundschule ist der Austausch zwischen Elternhaus und Schule noch hoch und das ist wichtig.“ Zudem sei in jeder vierten Klasse mindestens ein Mädchen, dass schon seine Tage habe.
Das Sprechen über den eigenen Körper, Gefühle und Sexualität sei auch unter dem Aspekt des sexuellen Missbrauchs wichtig. „Aufgeklärte Kinder sind selbstbewusster und wissen, wo die Grenzen sind, die niemand überschreiten darf.“ Zudem schnappten Kinder vieles auf, das zu einer völlig falschen Vorstellung und auch Ängsten führe.
Minenfeld für Lehrerinnen
Schlett-Mewis weiß, wie schwer sich viele Lehrkräfte mit dem Thema tun. Mehr noch. Sie spricht von einem Minenfeld. „Kinder stellen viele Fragen, auch sehr persönliche. Wie soll man die ehrlich beantworten? Ich kann doch nicht über meine Periode sprechen und in der nächsten Stunde über Mathehausaufgaben schimpfen.“ Umgekehrt sei es genauso.
Schulpädagogen sind keine Sexualpädagogen. Genau hier liegt ein weiteres Problem. Wie schnell kann man zur Fachkraft werden? Das Kultusministerium will die Lehrer nun mittels Online-Fortbildung schulen. „Absurd“, findet Beate Schlett-Mewitt das. „Niemand kann Sexualpädagogik per Internet erlernen.“ Auch in der Lehrerausbildung komme das Thema viel zu kurz. Das Kultusministerium indes schreibt auf Anfrage: „Sexualerziehung gehört zu den originären Aufgaben der Lehrkräfte an Grundschulen, die im Rahmen von Studium und Seminarausbildung entsprechend vorbereitet werden.“
Sexualpädagogik im Studium nicht verbindlich
Das sieht die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ganz anders. Während des Studiums bestehe wenig Gelegenheit, sexualpädagogisches Fachwissen zu erwerben. „Weder das Lehramtsstudium noch das Studium im Fachbereich Sozialwesen sehen verbindliche Seminare zum Thema Sexualpädagogik vor.“
dass an der Spitze unseres Kultusministeriums scheinbar nur "schwarze Nullen" sitzen.
Die Grundschulen in Bayern sollen scheinbar nur noch zu funktionierenden Trichtern der Wissensvermittlung werden. Mit welchen Mitteln ist denen scheinbar egal.
Menschliches und persönliches hat hier außen vor zu bleiben.