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WÜRZBURG
Kinder haben ein Recht auf Aufklärung!
Symboldbild Grundschule       -  Das Bayerische Kultusministerium untersagt Sexualpädagogen von Pro Familia ihre Aufklärungsarbeit in Grundschulen. Lehrer könnten das besser.
Foto: David-Wolfgang Ebener (dpa) | Das Bayerische Kultusministerium untersagt Sexualpädagogen von Pro Familia ihre Aufklärungsarbeit in Grundschulen. Lehrer könnten das besser.
Melanie Jäger
Melanie Jäger
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:37 Uhr

Der Klapperstorch hat bei Kindern im Grundschulalter ausgedient, so viel ist sicher. Manche Eltern versuchen es noch halbherzig mit den Bienchen und Blümchen, andere mit vagen Sätzen wie „Wenn zwei sich ganz doll liebhaben und nackt sind, kann ein Kind entstehen“. Gar nicht so einfach, die Sache mit der Aufklärung! Die allgegenwärtigen Liebesszenen und Bilder im Fernsehen und im Internet, etwa auf Youtube, lassen vielen Eltern aber gar keine andere Wahl, als mit ihren Kindern beizeiten über dieses Thema zu sprechen.

Hilfe und Unterstützung bietet der Aufklärungsunterricht von Beratungsstellen wie Pro Familia, die seit vielen Jahren mit ihren Teams in die Schulen gehen. Vor allem in Grundschulen ist die Arbeit der Sexualpädagogen von großem Wert, denn sie wissen, wie man altersgerecht und behutsam mit Kindern über Dinge spricht, die bei vielen Erwachsenen noch immer schambehaftet sind.

 Lehrer werden im Studium nicht ausreichend vorbereitet

Doch damit ist es nun vorbei. Seit Beginn des Schuljahres sind die externen Sexualpädagogik-Profis aus den staatlich anerkannten und von der Staatsregierung mitfinanzierten Beratungsstellen in bayerischen Grundschulen nicht mehr erwünscht. Mehr noch. Ihre Arbeit wird ihnen dort aufgrund der vom Kultusministerium überarbeiteten Richtlinien der Familien- und Sexualerziehung seit diesem Schuljahr ausdrücklich untersagt.

Die Begründung aus dem Ministerium ist fragwürdig. So wird behauptet, dass Lehrkräfte dieser Aufgabe sehr viel besser nachkommen könnten, da sie langjährige Vertrauenspersonen der Kinder seien und überdies in Sachen Sexualpädagogik entsprechend im Studium vorbereitet würden. Letzteres ist, glaubt man den Ausführungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, eine glatte Lüge. Sexualpädagogik findet demnach im Studium so gut wie gar nicht statt, kein Seminar ist verpflichtend.

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Hinzu kommt, das bestätigten Lehrerinnen und Lehrer gegenüber dieser Redaktion, dass viele von ihnen sich äußerst unwohl fühlen mit dieser Aufgabe, die fest im Lehrplan verankert ist. Vor einer ganzen Klasse über persönliche Empfindungen zu sprechen und auch sehr direkte Fragen der Kinder zu beantworten, sei nicht jedermanns Sache. Man könne sich schnell lächerlich und auch angreifbar machen. Eine Sexualpädagogin von Pro Familia spricht gar von einem Minenfeld – für Lehrer wie Schüler gleichermaßen. Auch Lehrkräfte, die an Fortbildungen von Pro Familia teilgenommen haben, sagen, sie könnten definitiv nicht das leisten, was die externen Fachkräfte leisten.

Schutz vor Missbrauch: Aufklärung ist Prävention

Sie haben recht: Die externen Profis abzuziehen, macht überhaupt keinen Sinn! Kinder haben ein Recht auf eine altersgerechte Aufklärung von kompetenter Stelle.

Dass dieses Thema nun in Grundschulen ausschließlich von Lehrkräften behandelt werden darf, die dafür erst noch – per Online-Kurs – geschult werden müssen, wirft die Frage auf, wie viel den verantwortlichen Politikern an einer bestmöglichen Vermittlung eines hochsensiblen Themas gelegen ist. Die Angst von Eltern, ihre Kinder könnten im Aufklärungsunterricht von Pro Familia in der Schule moralisch verkommen, ist genauso absurd wie der Abzug der Experten.

Gerade angesichts des gesellschaftlich allgegenwärtigen sexuellen Missbrauchs ist es wichtig, dass Kinder aufgeklärt werden, damit sie Dinge benennen und Grenzüberschreitungen erkennen können. Von sexuellem Missbrauch sind gerade Kinder im Grundschulalter betroffen. Insofern ist Präventionsarbeit hier von besonderer Bedeutung: Aufgeklärte Kinder sind selbstbewusster. Zudem ist der Austausch zwischen Kindern, Eltern, Lehrern und Fachkräften aus Beratungsstellen in Grundschulen noch hoch. Diese Chance sollte man nutzen – und sie nicht mit fadenscheinigen Argumenten verspielen.

 
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Kommentare
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  • R.Silber
    Das ist genau unser Problem in Deutschland, da treffen ein paar Pappnasen vom Ministerium Entscheidungen, die selbst keine Ahnung haben. G8 und G9 haben gezeigt, wie durchdacht das Ganze war, entschieden von Theoretikern, deren Kinder zumeist auf Privatschulen gehen. Vor allem warum brauchen wir immer diese Grundsatzentscheidungen. Wie im normalen Leben können beide Varianten eine gute Lösung sein und zwar immer davon ausgehend zum Wohle des Kindes. Insbesondere in der Grundschule haben die Kinder eine enorme Bindung an ihre Lehrer. Also sollte man vielleicht mal darüber nachdenken, dass im Studium die Aufklärung der Kinder ein wesentlicher verpflichtender Bestandteil sein könnte. Darüber hinaus kann insbesondere bei älteren Kindern eine Aufklärung oder Prävention von Sexualpädagogen sinnvoll sein. In Deutschland gibt es immer nur schwarz oder weiß, am besten wir warten darauf, dass in Brüssel eine Entscheidung getroffen wird.
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  • cimb24
    das geht jetzt völlig am Thema vorbei,aber für Sanitärinstallationen engagiert man auch keinen Malermeister.

    Sexualpädagogen sind fachlich dafür ausgebildet,Aufklärungsunterricht in entsprechenden Altersstufen kindgerecht vermitteln zu können.

    Ich kann es nachvollziehen,dass sich manche Lehrer da etwas überfordert fühlen,bei den ganzen reichlich schrägen "Experimenten" an Lehrplänen der Primarstufe.

    Frau Jäger,ich kann Ihrer Berichterstattung da beipflichten.
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  • jbehr74
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • Morpork46
    Lehrer haben von diesem Thema zu wenig Ahnung. Ich war selbst knapp 40 Jahre Lehrer in der Hauptschule und kann das belegen. Es ist extrem wichtig, den Kindern und Jugendlichen genug an die Hand zu geben. Denn sprachlos, wie manche sie offensichtlich noch immer haben wollen, dürfen wir sie nicht lassen. Das war zu lange so.
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  • fijnweber
    Meine Kinder sind inzwischen 16 und 18. Sie haben ein natürliches und gesundes Verhältnis zu ihrem Körper, zu Verhütung , zu Menstruation usw. Dazu hat Profamilia einen großen Beitrag geleistet.
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