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Leitartikel: Wenn nicht alle Kinder unsere Zukunft sind
Folker Quack
 |  aktualisiert: 01.03.2018 03:06 Uhr

Kinder sind unsere Zukunft. Wirklich alle Kinder? In Deutschland leben rund 21 Prozent aller Kinder dauerhaft oder wiederkehrend in Armut. Laut einer Studie des Deutschen Kinderhilfswerks finden 77 Prozent der Kinder und 72 Prozent der Erwachsenen, dass der Staat zu wenig dagegen unternimmt. Kinder sind unsere Zukunft. Doch eines der reichsten Länder der Erde ist drauf und dran, diese schlichte Erkenntnis zu einer hohlen Phrase verkommen zu lassen.

Auch in Unterfranken ist Kinderarmut tägliche Realität: Schon als Kind von Freizeit- und Bildungsangeboten ausgeschlossen. Schon als Kind Mangel und Entbehrung erfahren. Zwar haben hierzulande auch in Armut lebende Kinder ein Dach über dem Kopf, doch sie leben meist in zu kleinen Wohnungen, mal gibt es keine Waschmaschine, mal keinen Computer und eine gesunde Ernährung ist genau so Mangelware wie Hobbies oder Urlaub.

Einkommen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt

Das allein ist schlimm genug. Der Klassenausflug mit Freunden ins Kino oder im Sommer ein Eis, das sind die Momente, wo schon Kinder schmerzhaft spüren, dass die Einkommen in Deutschland sehr unterschiedlich verteilt sind. Erst kürzlich sorgte eine Zahl für Schlagzeilen. Nach der Studie einer internationalen Forschergruppe verdienen zehn Prozent der Deutschen 40 Prozent des gesamten Volkseinkommens. Während die schlechter verdienende Hälfte mit gerade einmal 17 Prozent des Volkseinkommens klar kommen muss.

Die soziale Schere ist eingerostet. Trotz Wirtschaftswachstum, trotz guter Beschäftigungsquoten, trotz sprudelnder Steuereinnahmen: Die Kluft zwischen arm und reich bleibt, wird von der Sozialpolitik lediglich abgefedert. Das Existenzminimum ist gesichert – mehr aber auch nicht. Verheerend dabei ist: Kinderarmut vererbt sich weiter. Kinder, die in Armut leben, schaffen den Sprung in ein besseres Leben in der Mehrzahl der Fälle nicht.

Wenn ein Wirtschaftssystem derartige Unterschiede produziert, muss die Politik eingreifen und ausgleichen, vor allem, wenn es um die Zukunft geht. Da reichen 25 Euro mehr Kindergeld, die die künftigen Regierungsparteien ausgehandelt haben, bei weitem nicht aus. Zumal sie im Gießkannenprinzip verteilt werden. Viel sinnvoller wäre eine Zusammenlegung des einkommensabhängigen Kinderzuschlags mit dem Kindergeld, um Kinder materiell besser abzusichern. Und warum hat ein so reiches und soziales Land wie Deutschland eigentlich keine Kindergrundsicherung?

Kinderrechte gehören ins Grundgesetz geschrieben

Das Problem lässt sich rein materiell allerdings nicht lösen. Das größte Armutsrisiko für Kinder sind alleinerziehende oder gering qualifizierte Eltern. Wobei Alleinerziehende oft schon deshalb in Armut leben, weil sie gar nicht oder nur in Teilzeit arbeiten können.

Darum braucht dieses Land mehr Ganztagsbetreuung, Bildungsangebote schon vor der Einschulung, Deutschunterricht für Kinder mit ausländischen Wurzeln, kostenfreies Essen in Schulen und Kitas, Freizeitangebote für Kinder, mehr Fachkräfte und Sozialarbeiter für unsere Kleinen. Dies alles wäre längst ein gesetzlicher Anspruch, hätte Deutschland Kinderrechte in seinem Grundgesetz verankert.

Die Bildungsoffensive, die Union und SPD diese Woche in den Koalitionsverhandlungen vereinbart haben, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bildung allein ist der Schlüssel, Kindern Wege aus der Armut zu eröffnen. Klar, ein Kind kann sich nicht selbst aus der Armut befreien. Aber wir können ihm die Chance geben, die Vererbung der Armut zu durchbrechen.

Wenn wir Sozialpolitik vom Kind her denken, müssen wir die Bedürfnisse und Interessen der Kleinen und Heranwachsenden erfassen und die Familien- und Sozialleistungen darauf aufbauen.

Dann können wirklich alle Kinder unsere Zukunft sein.

 
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