Damit Mieter in der Corona-Krise nicht in Existenznot geraten, weil ihnen die Kündigung der Wohnung oder ihres kleinen Ladengeschäftes droht, hat die Bundesregierung ein sogenanntes Mietmoratorium erlassen. Dieses schützt Mieter vom 1. April bis 30. Juni vor einer Kündigung, wenn sie vorübergehend ihre Miete nicht berappen können.
Wenn sich jetzt große Handelsketten wie der fränkische Schuhfabrikant Adidas, die Modekette H&M oder der Schuhhändler Deichmann darauf berufen und im April keine Miete für ihre Filialen zahlen wollen, dann haben sie das Recht auf ihrer Seite. Die Mehrheit der Gesellschaft und ihrer Kunden aber haben sie gewiss gegen sich. Denn mit diesem Schritt beweisen sie, dass sie aus der Krise nichts gelernt haben, ihre Marktmacht ohne Rücksicht auf Verluste ausspielen und Solidarität für sie wohl immer ein Fremdwort bleiben wird. Schämt Euch, möchte man ihnen zurufen.
Schlampig gemachte Regeln ausgenutzt?
Natürlich kann man der Bundesregierung vorwerfen, die Regelung schlampig formuliert zu haben und damit den Missbrauch erst möglich zu machen. Denn das Moratorium gilt für alle, egal ob privat oder gewerblich, egal ob arm oder reich. Doch gerade solche schnellen und unbürokratischen Regeln braucht diese Zeit. Was nützt eine Soforthilfe, wenn Bürokratie und komplizierte Bewilligung mit zahlreichen Ausschlusskriterien sie gar nicht oder viel zu spät beim Hilfesuchenden ankommen lässt?
Wenn dann aber Großkonzerne diese Regelungen ausnutzen, handeln sie schlicht und ergreifend sittenwidrig. Was wir jetzt mehr denn je brauchen, ist Solidarität. Und da geht es nicht in erster Linie um den Aktienkurs von Adidas oder H&M oder das Familienvermögen der Deichmanns. Da geht es um die Existenz der kleinen Boutique, des Blumen- oder Friseurladen nebenan oder des kleinen selbstständigen Schuhladen. Für sie wurden die Regeln gemacht, die die großen Ketten jetzt mit lautem Tamtam in Anspruch nehmen.
Ja, Adidas will privaten Vermietern auch weiter Miete zahlen. Aber eben nur diesen. Dabei hatte die Firma 2019 mit fast zwei Milliarden Euro Gewinn eines ihrer besten Jahre, H&M hat sich nach Einbrüchen durch den Online-Handel erholt und weist 2019 einen Gewinn von 1,27 Milliarden Euro aus. Deichmann nennt als Familienunternehmen zwar keine Gewinnzahlen, betreibt mit fast sechs Milliarden Euro Umsatz im Jahr aber nicht gerade den kleinen Schuhladen um die Ecke. Natürlich trifft auch diese Konzerne die Corona-Pandemie - aber sie hätten extrem schlecht gewirtschaftet, wenn die sie aus der Bahn würfe.
Marktmacht auch in Krisenzeiten sichern
Dass Einzelhändler, egal wie groß und mächtig, die Regeln des Kurzarbeitergeldes für ihre Angestellten in Anspruch nehmen, wird jeder nachvollziehen können und es hilft ja auch den Angestellten, wenigstens ihren Job nicht zu verlieren. Das Mietmoratorium als Konzern zu beanspruchen, ist dagegen nicht nur unsolidarisch und ein PR-Desaster, es ist auch betriebswirtschaftlich äußerst dumm. Denn es schützt nur vor Kündigung, die Mietschuld bleibt bestehen und kann vom Vermieter mit Verzugszinsen in Höhe von vier Prozent nachgefordert werden. Ein Darlehen wie sie für den Handel jetzt von den Förderbanken aufgelegt werden, wäre da deutlich günstiger.
Doch darum geht es den Strategen dieser Firmen nicht. Sie haben sicherlich längst die Konditionen mit den Immobiliengesellschaften ausgehandelt, von denen sie ihre Filialen mieten. Hier geht es um ein Zeichen, dass sie auch in Krisenzeiten keinerlei Vorteile für ihre Konkurrenz zulassen. Zudem soll Druck auf die Bundesregierung erzeugt werden, die Läden möglichst rasch wieder zu öffnen.
Auch in schwierigen Zeiten wollen Adidas, Deichmann und H&M ihre Martktmacht und ihren Einfluss stärken. Das dürfte aber nur zum Teil gelungen sein, denn der Imageschaden ist riesig - völlig zu Recht.
Wir reden hier nicht von einem kleinen Mütterchen, welches sich mit 300€ Miete im Monat ihre Rente aufbessert. Wir sprechen hier von hohen 5stelligen bis 6stelligen Beträgen jeden Monat und je nach Lage reicht nicht mal 6stellig. Wenn da ein Vermieter am Hungertuch nagt ist er mehr als selbst schuld.
Die Miete muss ja trotzdem gezahlt werden. Wird eben nur um mehrere Monate verschoben
Man sollte die Mietpreller aber auch einmal daran erinnern, dass ihre Läden nicht nur Verkaufsräume sind sondern auch als Lager und vieles mehr dienen. Die Vermieter könnten durchaus verlangen, dass die Geschäfte in der mietfreien Zeit geräumt werden, damit notwendige Renovierungen vorgenommen werden können. Ich glaube, dann würde ganz schnell wieder die Miete bezahlt. Außerdem könnte der Vermieter Strom und Wasser abdrehen, wenn die Mieter die Räumlichkeiten (angeblich) nicht nutzen.
Trotzdem: es zeigt doch die Moralvorstellung der genannten Unternehmen, zusammen mit deren offensichtlich nichtvorhandener Gesellschaftlicher Verantwortung, die ein Unternehmen dieser Größe eigentlich haben sollte. Ganz zu schweigen von der Signalwirkung, die diese Aktion hat: "Warum soll man überhaupt noch Rechnungen zahlen? Ich hole mir, was ich brauche. Nach mir die Sintflut. " Das letzte, was wir in dieser jetzigen Situation gebrauchen können. Wenn sich Unternehmen gegenseitig die Liquidität nehmen bzw. vorenthalten, bricht alles zusammen.
Wer so wenig auf die Gesellschaft Rücksicht nimmt, auf den sollte zukünftig eben so wenig Rücksicht genommen werden.
Das ist ja das verwerfliche daran!
ADIDAS hat sich seine Vorgehensweise überlegt und nimmt seine Ankündigung keine Miete zu zahlen zurück.
Insofern nehme ich meinen Kommentar bezüglich ADIDAS zurück.
Ich zitiere: "Die Wahrheit wird wohl sein, dass kein Verantwortlicher der genannten Firmen, den, wie Sie ihn nennen übereifrigen Juristen für seine aus Sicht der Unternehmen gute Arbeit lobt, aber trotzdem die Ankündigung der Nichtzahlung der Mieten nicht zurücknimmt.
Das ist ja das verwerfliche daran!"
Das Problem ist doch, dass sich ebendiese Konzerne als zu wichtig nehmen, und sich dabei durch die Speichellecker Politik noch bestätigt sehen. Dass sie meinen, geltendes Recht beugen und im Zweifelsfall brechen zu dürfen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Siehe z.B. der Abgasbetrug der gesamten Automobilbranche. Konsequenz bisher staatlicherseits: Null. Im Gegenteil: Die Politik steckt so tief mit drin, dass man sie glatt der Mittäterschaft anklagen müßte.
Soll man also Ihrer Meinung nach also Betrug deswegen tolerieren, weil es ein Konzern gemacht hat? Weil man "eigene Unternehmen", die z.T. eh längst den Chinesen und Arabern gehören, nicht schlecht reden soll?
Eine seltsame Rechtsauffassung!
Der Staat sind ja bekanntlich wir alle!
Sie meinen wohl die Verantwortlichen in unserem Staat.
Die Frage ist, warum haben die Verantwortlichen versagt und müssen sich immer das moralische Fehlverhalten Anderer anrechnen lassen?
Wenn wir so weiter machen, dann ist nicht der Kinderschänder der Schuldige sondern die Politiker!
Also, was lernen wir daraus?
Am Besten wäre es, wenn der Kunde die Ware bezahlt ohne auch nur irgendeine Leistung zu bekommen.
"Imageschaden ist riesig - völlig zu Recht"!?
Die Wahrheit ist aber auch, dass der normale Bürger das übermorgen auch schon vergessen hat und trotzdem dort einkauft.
Lernen wir etwas aus diesem schamlosen und egoistischen Verhalten dieser Konzerne?