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Würzburg
Kommentar: Entscheiden muss die Politik, nicht die Wissenschaft
Gerade in dieser aufgewühlten Zeit voller Unsicherheit brauchen wir Ruhe und die Sachlichkeit von Wissenschaft. Doch die Politik darf sich nicht hinter Forschern verstecken.
Wurde zum Gesicht der Corona-Krise: Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin, forscht seit Jahren an Corona-Viren und entwickelte den Test zum Nachweis einer Infektion.  
Foto: Christophe Gateau, dpa | Wurde zum Gesicht der Corona-Krise: Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin, forscht seit Jahren an Corona-Viren und entwickelte den Test zum Nachweis einer Infektion.  
Folker Quack
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:34 Uhr

In den vergangenen Wochen konnte man oft den Eindruck bekommen, wir würden von Virologen, Epidemiologen und Infektionsforschern regiert. Sie erklärten uns das neuartige Coronavirus, die Pandemie und was wir jetzt zu tun oder besser zu lassen haben. Gerne schmückten sich Politiker in Pressekonferenzen mit "ihren" Experten. Doch auch die Wissenschaftler sind sich nicht immer einig - und sie können die drängenden politischen Fragen bestenfalls beratend flankieren. Beantworten müssen die Fragen - nicht nur aus Prinzip - die demokratisch gewählten Politiker. Und zwar deutlich - und ohne sich hinter der Wissenschaft zu verstecken.    

Die Wissenschaft ist jetzt vor allem dort gefordert, wo sie dem Virus und seinen Folgen Einhalt gebieten kann. Bei der Entwicklung von Impfstoffen, dem Test potenzieller Medikamente gegen schwere Verläufe, bei der Herstellung neuer und einfacher Testverfahren und nicht zuletzt bei der Erforschung des Virus, seiner Verbreitung  und der von ihm ausgelösten Covid-19-Erkrankung. Hier gibt es bereits - für die Kürze der Zeit beachtlich - gute Erfolge. Sowohl beim Testverfahren, als auch bei der Entwicklung eines Impfstoffes steht Deutschland weit vorne.  

Wissenschaft darf sich von Politik nicht einspannen lassen

Darüber hinaus ist es gut und wichtig, dass die Wissenschaft Politik berät und bei der Entscheidungsfindung hilft. Denn Beschlüsse, an denen Wissenschaftler beteiligt waren, sind allemal besser als Beschlüsse, die allein durch persönliche Interessen, eine Partei, Ideologien oder pure Machtdemonstration zustande kommen. Letzteres kann man derzeit peinlich und brutal bei US-Präsident Donald Trump beobachten.

Dennoch kann Wissenschaft eben nur beraten. Entscheiden muss die Politik.  Wie gefährlich es werden kann, wenn sich Wissenschaft zu stark in den Dienst der Politik stellt, zeigt das Beispiel Heinsbergin Nordrhein-Westfalen. Ohne die Studie anzuzweifeln, die der Virologe Hendrick Steeck dort gestartet hat, sind doch Fragezeichen angebracht: Können die Studienergebnisse aus einem der am stärksten betroffenen Landkreise auf das ganze Land übertragen werden? Auf keinen Fall können und sollten zum jetzigen Zeitpunkt direkt Handlungsanweisungen daraus abgeleitet werden. Wenn es dann noch genau solche Handlungsanweisungen sind, die Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), dessen Land die Studie beauftragt hat, gut in die Strategie passen, wird es peinlich. Vor allem für den Virologen.  

Wissenschaft zeichnet sich vor allem durch Gründlichkeit aus. Methoden und Herangehensweisen werden diskutiert und wieder verworfen. Ergebnisse werden verglichen und korrigiert. Forscher können völlig konträrer Meinung sein. Im Wissenschaftsbetrieb setzt sich oft erst nach Jahren eine als überlegen geltende, gesicherte Erkenntnis durch. Doch dafür scheint in der momentanen aufgeregten Situation keine Zeit.

Zusammenwirken vieler Disziplinen ist für Handlungsoptionen nötig

Auf die Schnelle kann die Wissenschaft nur Handlungsoptionen aufzeigen. Und auch dies nur  interdisziplinär, unter Beteiligung vieler Stimmen und Bereiche. Die Frage von Ausgangsbeschränkungen oder Schulschließungen etwa können Virologen und Epidemiologen nur in Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen beurteilen. Mit Sozialwissenschaftlern, die die Probleme der Familien im Blick haben. Mit Wirtschaftswissenschaftlern, die zumindest abschätzen können, was es heißt, wenn Eltern schulpflichtiger Kinder über Wochen nicht arbeiten können oder ganze Branchen monatelang lahmgelegt werden.    

Diese Krise ist unberechenbar. Entscheidungen müssen immer wieder überprüft und korrigiert werden, und sie können sich im Nachhinein auch als völlig falsch herausstellen. Die Wissenschaft kann sie der Politik nicht abnehmen.       

 
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  • FischersFritz
    Zitat: „Doch die Politik darf sich nicht hinter Forschern verstecken."

    Das gilt aus meiner Sicht aber auch in der umgekehrten Richtung. Die Damen und Herren Forscher müssen sich bewusst machen, dass sie mit ihrer Meinung und mit ihren Äußerungen die Entscheidungen der Politik beeinflussen können.

    Einfach mal irgendeine persönliche Meinung, eine These oder eine medizinisch fachfremde Analyse die Welt zu blasen wird da ganz schnell gefährlich – weil die Politik und die Öffentlichkeit nicht immer sicher zwischen der Meinung und der gesicherten Erkenntnis eines Wissenschaftlers unterscheiden kann. Man vertraut diesen Menschen tendenziell erst mal und unterstellt, dass sie nur Fakten präsentieren.

    Ziemlich enttäuscht hat mich in dieser Hinsicht die Leopoldina. Viel Meinung, viele Thesen – aber kaum evidenzbasierte Fakten und ein Hang zur Realitätsferne. Offensichtlich sind auch Wissenschaftlich nicht davor gefeit, die eine Kompetenz ordentlich zu überschätzen.

    Aktuell sehr gefährlich. .
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  • rft@rudolf-thomas.de
    Der aktuelle Zustand ist der, dass die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, in ihrem Fachbereich kompetent sind, während die meisten Politikerinnen und Politiker ihren Fachbereich nicht beherrschen.
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  • al-holler@t-online.de
    m.M. ist weder Ihre erste Aussage richtig (s. Disharmonie der Expertenmeinungen), noch die zweite!
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  • juergenmagic@t-online.de
    Langsam gehen einen die Virologen auf den Geist. Jeder sagt etwas anderes, so dass man gar nicht mehr weiß, was man glauben soll. Das Höchste ist das RKI, das lange Zeit falsche Zahlen und Einschätzungen geliefert hat. Mit beauftragten Studien muss man auch vorsichtig sein, da die Ergebnisse nicht selten im Sinne des Auftraggebers sind. Wie gat man früher gesagt: Vertraue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast zwinkern
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