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Würzburg
Kommentar: Eine tote Maus in der Post und andere Angriffe auf die Pressefreiheit
Nie sind Medienschaffende in Deutschland so häufig gewaltsam attackiert worden wie im vergangenen Jahr. Morddrohungen sollen auch die Main-Post-Redaktion einschüchtern.
Ohne eine freie, unabhängige Presse, kann es keine liberale Demokratie geben.
Foto: Florian Kleinschmidt | Ohne eine freie, unabhängige Presse, kann es keine liberale Demokratie geben.
Michael Reinhard
Michael Reinhard
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:46 Uhr

Die Bilanz zum Tag der internationalen Pressefreiheit am 3. Mai ist alarmierend und gibt Anlass zur Sorge: Nie zuvor sind Journalistinnen und Journalisten hierzulande so häufig gewaltsam angegriffen worden wie im vergangenen Jahr. Das hat Folgen. In der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ (ROG)ist Deutschland erstmals aus der Spitzengruppe herausgefallen. Die freie Berichterstattung ist von „gut“ auf „zufriedenstellend“ herabgestuft worden. "Es ist erschreckend, wie sehr sich die Aggression inzwischen gezielt gegen Medienvertreter richtet, die gewissenhaft die Geschehnisse in Deutschland abbilden wollen", bringt ROG-Sprecherin Jennifer Schiementz die beunruhigende Entwicklung auf den Punkt.

Im ersten Pandemie-Jahr hat sich die Zahl der körperlichen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten im Deutschland von 13 auf 65 verfünffacht. Die Dunkelziffer dürfte laut „Reporter ohne Grenzen“ deutlich höher sein. Die meisten Übergriffe ereigneten sich auf Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen. Auch für Mitarbeitende dieser Redaktion gehört es mittlerweile zum Berufsalltag, dass sie persönlich angefeindet, beschimpft, beleidigt und bedroht werden – und das nicht nur auf Veranstaltungen so genannter Querdenker.

„Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Personen, die unsere Gesellschaft schädigen wollen, zu eliminieren. Zu diesem Personenkreis zählt nun auch ihr Redakteur.“
Drohbrief des „Kommando Walter Lübke“ an die Redaktion der Mediengruppe Main-Post

In den vergangenen sechs Monaten erhielt die Chefredaktion per Post zwei Morddrohungen. Ein anonymer Absender schickte in einem Din-A-5-Umschlag eine stinkende tote Maus. Dazu die Botschaft, dass uns Redakteurinnen und Redakteuren ein ähnliches Schicksal drohe wie dem verwesenden Nager. Ein weiterer Drohbrief betraf den Autor eines „Samstagsbriefs“. Ein „Kommando Walter Lübke“ kündigte darin an: „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Personen, die unsere Gesellschaft schädigen wollen, zu eliminieren. Zu diesem Personenkreis zählt nun auch ihr Redakteur.“ In beiden Fällen haben wir Anzeige erstattet.

Mit derartigen Einschüchterungsversuchen  sollen kritische Medienschaffende verunsichert und damit freie Berichterstattung verhindert werden. Auch wenn diese Redaktion sich weder durch schriftliche Drohgebärden, noch durch Anfeindungen auf Demos abschrecken lässt – völlig kalt lassen sie uns nicht in der momentan aufgeheizten gesellschaftlichen Stimmung. Zu Recht fordert die Deutsche Presse-Agentur (dpa) von Polizei, Behörden und politischen Verantwortlichen in einer Resolution „eine klare Verurteilung dieser Art von Gewalt, ein Ende der Behinderung journalistischer Arbeit und den Schutz von Berichterstattern bei öffentlichen Ereignissen wie Demonstrationen“.

„Wir fordern, dass in der polizeilichen Aus- und Weiterbildung Polizistinnen und Polizisten besser lernen: Was sind die Rechte von Journalisten im Rahmen von Berichterstattung?”
Christian Mihr, ROG-Geschäftsführer

ROG-Geschäftsführer Christian Mihr kritisiert in diesem Zusammenhang vor allem, dass die Polizei in Deutschland nicht immer die Rechte von Journalisten angemessen schütze. "Deshalb fordern wir auch, dass in der polizeilichen Aus- und Weiterbildung das gestärkt wird, dass Polizistinnen und Polizisten besser lernen: Was sind die Rechte von Journalisten im Rahmen von Berichterstattung?"

Tatsache ist: Ohne eine freie, unabhängige Presse, kann es keine liberale Demokratie geben. Denn wo Medien nicht uneingeschränkt über Unrecht, Korruption, Machtmissbrauch, Menschenrechtsverletzungen oder Demonstrationen berichten können, stirbt die Demokratie. Daran hat das Bundesverfassungsgericht schon im sogenannten „Spiegel-Urteil“ von 1966 keinen Zweifel gelassen.

„Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfenen Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates."
Aus dem "Spiegel-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts

Im damaligen Richterspruch wurde in Folge der so genannten "Spiegel-Affäre" die besondere Rolle der freien Presse untermauert: „Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfenen Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich.“ Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert diese Meinungs- und Pressefreiheit. Rechte, die  für alle Bürgerinnen und Bürgern gelten – nicht nur für Medienschaffende.

 
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  • Hery.Mennig@web.de
    Viele der hier abgegebenen Kommentare zeigen deutlich auf, dass der Unterschied zwischen sachlich kritischen Kommentaren einerseits und Hass, Häme, Beleidigung, Bedrohung oder körperlicher Gewalt andererseits nicht erkannt wird! Dass Kameraleute und Journalisten z.B. auf sog. Querdenker-Demos angegriffen werden zeigt deutlich, was die Demo-Teilnehmer von Meinungsfreiheit, die sie für sich selbst in Anspruch nehmen, halten. Kritische Meinungen gehören zur Demokratie dazu. Diese muss aber sachlich geäußert werden und darf nicht dazu führen, dass andere Meinungen aus Trotz in einer unsäglichen Weise bekämpft werden. Und wer ganz normales Demokratieverständnis als "Mainstream" bezeichnet sollte sich über diese beiden Begriffe mal richtig schlau machen.
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  • TLW-tu_W
    Das Schönreden von Gewalt gegen Journalisten und die Versuche freie Berichterstattung zu behindern sind bezeichnend für die Kommentatoren.

    Wer denkt, alle Medien berichten gleich, ist extrem uninformiert.
    Wer denkt, es gäbe keine "Anti-Lockdown" Stimmen in den Medien, ist extrem uninformiert.
    Wer denkt, es sei "freie Meinungsäußerung" Journalisten auf Querdenken Demos und ähnliches anzugreifen, weil diese vielleicht eine andere Meinung haben als man selbst, hat das Konzept der freien Meinungsäußerung nicht verstanden.
    Wer denkt, Widerspruch und Gegenrede schränke seine Meinungsfreiheit ein, sollte nochmal darüber nachdenken ob er dann auch mit seinem Widerspruch gegen andere derren Meinungsfreiheit einschränkt?

    Es war noch nie so leicht wie heute, sich zu Informieren. Gleichzeitig wird so leichtfertig jeder Quatsch geglaubt und sei er noch so wirr.
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  • Es ist recht einfach, wenn von 100 journalistischen Kommentaren 99 pro-Regierung oder Pro-Mainstream sind, ist das weder mutig noch ein Mehrwert für Leser. Vielmehr bedarf es auch einer kritischen Stimme. Nur so kann auch ein pro-gestimmter Leser die andere Seite durchleuchten.
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  • kleinhenz_philipp@web.de
    Haben Sie Belege für die Behauptung, dass 99% aller journalistischen Kommentare „pro-Regierung“ sind?
    Zum sog. „Mainstream“: Wenn man irgendwelchen abstrusen Theorien anhängt, kann es schon passieren, dass die Mehrheit der Bevölkerung und der Journalisten diese Ansichten nicht teilt.
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  • Doedi.wue
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • Funkenstern
    Das heutige Wasch-mich,aber mach mich nicht nass Gelaber kann einem ja auch auf den Zeiger gehen. Allerorten schmuseattacken, gehts mal etwas härter zur Sache, auch nur verbal, reiten alle auf political Correctness und Etiketten rum. Man erinnert sich an Zeiten, da wurde kontrovers diskutiert, sowohl auf politischer als auch auf journalistischer Ebene.
    Wo sind alle diese Könner hinverschwunden? Alles Milchbubis und gendergegangene Quotendamen, allesamt für die Weichspülgesellschaft des 21. Jahrhunderts.
    Andere Meinung zu vertreten wird gerade hier in der MP regelmässig zurechtgebogen und zensiert. Da braucht ihr euch nicht wundern, wenn so mancher über die Stränge schlägt. Das muss und darf man natürlich nicht billigen, manchem ist das jedoch reichlich egal.
    Die Maus in dem Karton ist doch harmlos und hat eine verniedlichende Bedeutung. Wenn eine Ratte drin gelegen hätte, wäre das für mich ein Signal.
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  • TLW-tu_W
    Sie verharmlosen Gewalt und die Einschüchterung von Journalisten.

    Ist Ihnen das bewusst?
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  • Funkenstern
    Genau das meine ich damit. Kaum gehts kontrovers zur Sache, sprechen manche von "Gewalt". Man erinnere sich an Demonstrationen, da waren die Journalisten ganz vorne dabei, die Gewalt gegen unseren Staat zu dokumentieren und auf den ersten Seiten zu präsentieren. Da sprach keiner von der Gewalt gegen andere. Jetzt, ein paar Jährchen später, wollen sie mit Wattebäuschen beschmissen werden und beschweren sich über Andersdenkende. Mit mir kann man sehr kontrovers diskutieren, ohne dass ich mit "Gewalt" bedroht fühle. Gewalt definiert sich für mich total anders. Man kann sich so vieles herbeireden, wir haben eben eine andere Erziehung genossen, da gings dann auch mal zur Sache. Mag sein, dass man da heute anders drüber denkt, ich unterhalte mich öfters mal mit meinem Sohn über eventuelle Fehler. Wir finden wenige Ansätze, was wir heute anders lösen würden. Nur in den Medien, die halt nun online die Retourkutschen ertragen müssen, wird das jetzt total verdreht dargestellt.
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  • TLW-tu_W
    "Ein anonymer Absender schickte in einem Din-A-5-Umschlag eine stinkende tote Maus. Dazu die Botschaft, dass uns Redakteurinnen und Redakteuren ein ähnliches Schicksal drohe wie dem verwesenden Nager."

    Sie halten also ganz konkrete Morddrohungen für harmlos und "normal"?
    Und das nur, weil in der Zeitung Dinge stehen die Ihnen nicht gefallen?
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  • Walger14591609
    Passen Sie auf, mit was Sie sich gemein machen:
    Tagesspiegel: Rechte Drohbriefe an Politiker und Prominente: Mutmaßlicher Verfasser von „NSU 2.0“-Schreiben festgenommen.
    https://www.tagesspiegel.de/politik/rechte-drohbriefe-an-politiker-und-prominente-mutmasslicher-verfasser-von-nsu-2-0-schreiben-festgenommen/27156288.html

    Könnte irgendwann recht unangenehm für Sie werden...
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  • gowell70@yahoo.de
    Ach so, tote Maus an Milchbubi zu schicken hat für SIE eine verniedlichende Bedeutung ?
    Wie krass sind SIE denn unterwegs ?
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  • Diese Einzelfälle (2015 kommt auf euch zurück wie ihr damals Diksussionen verhindert habt) sollen aber nicht dazu führen, dass auch mal deutlich formulierte Kritik unterminiert wird? Ich halte Ihre Berichterstattung für nicht neutral und aufrichtig - auf lokaler Ebene mag das anders sein. Viele Kommentare sind nicht mutig, sondern schwimmen voll im Mainstream mit. Von 100. Pro-Kommentar anderer Medien liest man dann halt auch noch 101. positiv-Kommentar der MP. Mutig ist anders. Gerade in diesen Zeiten, fehlt es an kritischem journalistischem Kommentar (2015-Politik nicht anders). Auch mal ein NEIN zu diesem Lockdown. Sonst immer nur PRO! Straftaten wie die Verfasser der Leserbriefe würde ich deshalb aber nicht begehen wollen.
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  • schwabayer
    Zweifelsohne ein ganz, ganz hohes und wertvolles Gut, unsere Presse- u. Meinungsfreiheit!
    Einerseits, andererseits wurden doch auch in diesem Medium schon Leserkommentare aus völlig unerklärlichen Gründen gesperrt und gelöscht..., vielleicht weil sie dem zuständigen Redakteur nicht "gepasst haben"?
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  • Franken48
    Macht es möglich, dass man Kommentare auch zu Flüchtlings Themen schreiben kann. Dann muss man euch auch nicht kritisieren.
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  • kleinhenz_philipp@web.de
    Man kann dazu durchaus Kommentare schreiben, die auch freigegeben werden.
    Ich finde es aber gut, dass Spekulationen, Vorurteile, Falschinformationen und rassistischer Quatsch nicht veröffentlicht werden.
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  • gowell70@yahoo.de
    Zu Flüchtlings Thema können, Sie sich doch, jederzeit äußern.
    Falls Sie aber so Zeugs schreiben, wollen, was andere Menschen verunglimpft, dann kann ich, mir auch vorstellen daß mancherlei Kommentar dem Gegenlesen durch die, Redaktion nicht standhält.
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  • semistar
    Es ist schon Jammern auf hohem Niveau, denn anders als im Jemen, Irak, Sudan und den meisten anderen Ländern dieser Welt haben deutsche Journalisten die staatliche Gewalt auf ihrer Seite.
    Und da ist es schon etwas anderes ob man auf einer deutschen Demo mal auf Seite geschubst wird, weil man eben mal im Weg rum gestanden war, oder ob ein Journalist in totalitären Ländern auf unbestimmte Zeit eingekerkert wird.
    In Deutschland geraten Journalisten eben in Ungnade, weil sie zu sehr für den Staat berichten, in totalitären Staaten, weil sie zu sehr gegen den Staat berichten. Da muss man aufpassen nicht Äpfel mit Birnen zu vermischen!
    Gleichwohl leben wir natürlich in einer weltoffenen und meinungsfreien Gesellschaft, in der jegliche Anwendung von Gewalt - und auch kein Rumschubsen – natürlich ein absolutes No-Go ist!
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  • Walger14591609
    Was haben dieser Schreiberling und seine beiden folgenden Gesinnungskumpane nochmal genau an der zitierten Morddrohung dieses Analphabetenkommandos Lüb(c)ke nicht verstanden?
    Was gibt es da in einer Mischung aus Whataboutism, Verharmlosung (Schubsen) und schlecht verhohlener Rechtfertigung herumzuschwurbeln? Solchen Zeitgenossen möchte man buchstäblich lieber nicht im Dunkeln begegnen. Es lebe die nächtliche Ausgangssperre;)
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