Mit einem Sieben-Punkte-Plan hat die katholische Kirche in Deutschland auf die Ergebnisse der jüngsten Studie zum sexuellen Missbrauch durch Geistliche reagiert. Der am Donnerstag zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung in Fulda vorgestellte Maßnahmenkatalog folgt im Wesentlichen den Empfehlungen der Forscher, die im Auftrag der Bischöfe Art und Umfang des Missbrauchs in der Kirche in Deutschland untersucht hatten.
In dem Sieben-Punkte-Plan verpflichten sich die Bischöfe unter anderem dazu, Betroffene des Missbrauchs und externe unabhängige Fachleute stärker in die Aufarbeitung einzubeziehen. Dabei wollen sie auch klären, wer über die Täter hinaus institutionell Verantwortung getragen hat, etwa für die Vertuschung von Taten oder für die Versetzung von Tätern.
Außerdem kündigten sie einen „transparenten Gesprächsprozess“ über den Zölibat und die Sexualmoral der Kirche an. Auch sollen die Zahlungen von Anerkennungsleistungen an Opfer überprüft und weiterentwickelt werden. Darüber hinaus wollen sie die bisher mit vielen Lücken behaftete Führung der Personalakten standardisieren. Wichtig ist den Bischöfen darüber hinaus ein „verbindliches überdiözesanes Monitoring“, das regelmäßig offenlegt, was jedes einzelne Bistum unternimmt in Sachen der Prävention und Missbrauchsbekämpfung.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, betonte, es dürfe keine Tabus geben. Deshalb werde man etwa bei der Diskussion über Zölibat und Sexualmoral auch Mediziner, Psychologen, Soziologen und andere nichtkirchliche Experten einbeziehen. Es gehe zudem auch um Teilung und Kontrolle von Macht und ein neues Miteinander in der Kirche.
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Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, betonte, die Bischöfe seien auch offen für eine intensivere Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen.
Matthias Katsch, Sprecher der Betroffenenvereinigung Eckiger Tisch, erklärte gegenüber dieser Redaktion: „Wir haben zwar nicht erwartet, dass die katholischen Bischöfe in den Fragen der Aufarbeitung und der Entschädigung jetzt zu schnellen Ergebnissen kommen, aber diese dürftigen Ankündigungen lassen uns fassungslos zurück.“
Nach Ansicht der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ besteht die Erklärung der Bischöfe aus Absichtserklärungen und Willensbekundungen. Das erklärte Sprecher Magnus Lux gegenüber dieser Redaktion. „Die sehr allgemein formulierte Erklärung lässt nicht konkret erkennen, wann, wie und mit wem die von dem Forschungskonsortium als notwendig erachtete konkrete Aufarbeitung der institutionellen Verantwortung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland in Angriff genommen wird. Alleine werden die Kleriker dazu nicht in der Lage sein.“
Vor allem bleibe weiterhin unklar, ob die Bischofskonferenz sich auf ein einheitliches und gemeinsames Vorgehen habe einigen können. „Doch das Kirchenvolk wie auch die Öffentlichkeit erwarten jetzt zu Recht eine wirkliche Umkehr und Aufarbeitung durch die gesamte Kirchenleitung und nicht nur Bußbekenntnisse und Betroffenheitsbekundungen.“
Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Würzburg hat Konsequenzen gefordert. „Den Worten müssen Taten folgen“, sagte Diözesanratsvorsitzender Karl-Peter Büttner: „Die kirchlichen hierarchischen Strukturen sind kein zukunftsfähiges und mehrheitsfähiges System und auf lange Sicht nicht mehr tragbar.“
Er forderte, dass bei der Beantwortung der von den Autoren der Studie aufgeworfenen Fragen nicht nur Bischöfe und Mitarbeiter von Kirche und Caritas beteiligt sein sollten, sondern auch Betroffene, Fachleute und „Vertreter des gesamten Volkes Gottes“.
Darüber hinaus regte Büttner an, über Alternativen in Pastoral und Seelsorge nachzudenken, etwa in Form von „homines probati“, also der Priesterweihe von bewährten Frauen und Männern.
In der Debatte um die Zulassung nichtkatholischer Ehepartner zur Kommunion wollen die Bischöfe nicht länger über mögliche gemeinsame Richtlinien verhandeln. Marx sagte, die Entscheidung liege bei den einzelnen Bischöfen. Letztlich gehe es nicht um Zulassung zur Kommunion oder um Abweisung, sondern darum, den Pfarrern und den Betroffenen eine Grundlage für verantwortbare Entscheidungen an die Hand zu geben.
Eine stärkere rechtliche Verpflichtung der Bürger zur Organspende lehnten die Bischöfe ab. Ausdrücklich wandten sie sich gegen die Einführung einer Widerspruchsregelung. „Wir stehen der Organspende ausdrücklich positiv gegenüber“, betonen die Bischöfe. „Ethische Voraussetzung hierfür ist, dass der Spender der Organentnahme informiert, ganz bewusst und ausdrücklich zustimmt.“
Der Würzburger Bischof Franz Jung wurde in zwei Kommissionen gewählt: in die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen sowie die Kommission für Wissenschaft und Kultur. kna/epd/cj