
Lieber Joachim Löw,
ein Gesicht ist ein Spiegel der Seele. Manchmal verrät es mehr als Worte. Als Sie nach der Schmach von Sevilla vor die Fernsehkameras traten, war nichts mehr übrig vom Selbstbewusstsein eines Weltmeistertrainers. Ihre Augen wirkten müde und leer. Die Wangen fahl. Ihre Worte kamen noch routiniert, antrainiert aus Jahrzehnten im gleißenden Scheinwerferlicht des Profifußballs, doch Ihr Antlitz sprach eine andere Sprache. Es bleibt ein Bild der totalen Ratlosigkeit. Und die Frage: Warum tun Sie sich das noch an?
Wir sind uns oft begegnet. Als Journalist habe ich Ihren Weg als Bundestrainer von Anfang an begleitet und ich schätze ihre Verdienste für den deutschen Fußball hoch ein. Sehr hoch. Ich halte die Häme im Netz, die jetzt kübelweise verschüttet wird, für unfair. Und nur nebenbei an all die Superlativ-Kolumnisten landauf, landab: Eine Katastrophe ist es, wenn Menschen sterben müssen, weil in Krankenhäusern keine Kapazitäten für Behandlungen mehr vorhanden sind. Nicht, wenn ein Fußballspiel verloren geht.
Wie die Hyänen
Aber so ist es nun mal, nicht nur im Sport. Wer hoch fliegt, lebt immer auch in der Gefahr, tief zu stürzen. Und so darf sich jetzt jeder mal laben wie die Hyänen am Kadaver. Jeder noch so unbekannte Ex-Profi darf aus der Vergessenheit heraus seinen verranzten Senf aus der Tube der einfachen Weisheiten drücken.
Aber, auch das gehört zur Wahrheit: Sie tragen die Hauptschuld an der Situation. Sie waren ein begnadeter Menschenkenner. Sie haben wie ein Puzzlespieler im Laufe der Jahre aus vielen Kickern eine Mannschaft geformt, die auf und neben dem Platz begeistert hat. Fußball "Made in Germany" wurde im Ausland nicht mehr mit Panzern verglichen. Ihr Spiel war ästhetisch. Und all das wurde gekrönt vom WM-Titel 2014 in Rio.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie im Keller des Maracana-Stadions nach dem gewonnenen Finale gegen Argentinien Bastian Schweinsteiger aus der Kabine kam und uns Reportern einen Auftrag gab: "Lasst ihn hochleben." Er meinte Sie, Joachim Löw. "Er hat es wirklich geschafft, die Mannschaft total hinter sich zu bringen. Er ist vorneweg gegangen. Er hat unglaubliche Worte gefunden in jeder einzelnen Besprechung." Der Triumph in Brasilien, er war ihr Verdienst. All das ist Ihr Erbe. Mission beendet?
Für Sie nicht. Sie machten weiter. Der erste falsche Schritt. Es folgten weitere. Sie haben es nicht verhindert, dass aus einer Mannschaft, der die Massen zugejubelt haben, ein Projekt wurde. Kühl. Unnahbar. Es wurden Botschaften getextet, die wie Wirtschaftsslogans klangen. Dunkle Wolken zogen auf. Das Team entfremdete sich von der Basis, von den Fans. Völlig losgelöst steuerte das Raumschiff Nationalmannschaft Richtung WM 2018 in Russland – und zerschellte an einer Straßenlaterne in Sotschi.
Überfordertes Führungspersonal beim DFB
Wie Sie, lieber Joachim Löw, während des sportlichen Niedergangs lässig wie Tom Cruise im Film "Top Gun" an der Strandpromenade posierten, bleibt als Spiegelbild dieses Hochmuts an Ihnen kleben. Doch selbst als Sie das erste WM-Vorrunden-Aus einer deutschen Nationalmannschaft zu verantworten hatten, blieben Sie im Amt. Was, sind wir ehrlich, auch an der schwachen Spitze des Deutschen Fußball-Bundes lag. Das überforderte Führungspersonal hatte mehr mit internen Skandalen um die Sommermärchen-Affäre und teure Uhrengeschenke zu tun.
Und natürlich geht es in der aktuellen Diskussion um die Zukunft der Nationalmannschaft nicht darum, dass Sie drei verdienstvolle – und wiedererstarkte – Spieler wie Mats Hummels, Thomas Müller und Jérôme Boateng aussortiert haben. Das gehört zum Sport. Nein, es geht um die Art und Weise, wie Sie diese Entscheidung gefällt und kommuniziert haben. Nur so konnte sie zum Bumerang werden, der Sie immer wieder einholt. Die Trennung von den Dreien hatte nichts mehr mit dem Menschenfänger Löw zu tun. Sie war kalt und in ihrer Rigorosität vollkommen unnötig.
Lieber Joachim Löw, die Nationalmannschaft braucht auf dem Trainerposten und im Umfeld neue Impulse. Ihre Fähigkeiten sind verbraucht nach 14 Jahren im Amt. Es ist eine Kunst, den richtigen Zeitpunkt für einen Abschied zu wählen. Eine größere Kunst vielleicht als den Gipfel zu erklimmen. Ein paar Gelegenheiten haben Sie bereits verpasst. Das wissen Sie vermutlich auch. Aber Sie gestehen es sich noch nicht ein. Dabei ist die Antwort längst in Ihr Gesicht geschrieben.
Mit herzlichen Grüßen
Achim Muth
LÖW MUSS WEG!!!
Herzlichen Glückwunsch und ein großer Dank für diesen ausgezeichneten Samstagsbrief!
Er spricht vielen aus der Seele und ist ihnen als Herzblutsportreporter sicherlich nicht leicht gefallen!
Eigentlich traurig überhaupt zu diesem Thema einen Schreiben zu müssen!
Aber „Die Mannschaft“ ist nicht die Mannschaft! Er ist eine zusammengewürfelte Boygroup, eine namenlose und charakterlose Jugendmannschaft die die paar verbliebenen „echten Kerle“ nicht ausreichend mitnehmen können weil sie genauso sind wie Sie sie beschreiben!
Mann schaut sich die Spiele entweder mit Widerwillen oder gar nicht mehr an!
Es fahlen die echten wilden Kerle, die sich auch mal reinhauen und dagenstemmen.
Der Niedergang fing mit der unterirdischen Aussortierung der 3 von ihnen genannten Spieler an, aber es wurden auch keine Neue entwickelt!
So macht die Nationalmannschaft keinen Spaß mehr!
Danke für diesen gelungenen Start ins Wochenende!
Reicht das als Legitimation für die Nationalmannschaft?