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Berlin
"Herr Scheuer, lassen Sie den Populismus!"
Der neue CSU-Chef setzt weniger auf Poltern, mehr auf Demut und Nachdenklichkeit. Warum Verkehrsminister Andreas Scheuer da nicht mitzieht, fragt unser Redakteur im Samstagsbrief.
Der Samstagsbrief geht diesmal an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).
Foto: Kay Nietfeld, dpa | Der Samstagsbrief geht diesmal an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:01 Uhr

Sehr geehrter Herr Minister Scheuer,

vergangenen Samstag habe ich live miterlebt, wie auch Sie dem neuen CSU-Parteivorsitzenden Markus Söderin München applaudiert haben. Söder hat Ihrer Partei einen neuen Stil vorgeschrieben: Mehr Demut vor dem Volke, mehr Teamwork, mehr Nachdenklichkeit, weniger Haudrauf. Sie wissen, es gibt nicht wenige Beobachter, die zweifeln, ob es der CSU mit dem neuen Kurs wirklich ernst ist, ob sie aus dem schlechten Abschneiden bei den vergangenen Wahlen wirklich gelernt hat. Ich persönlich glaube tendenziell an das Gute in den Menschen, auch in der CSU. Und will mal abwarten, was so aus Söders Ansage wird. Oder besser: Ich wollte abwarten.

Denn dann kamen Sie, Herr Minister: Noch an jenem Samstag wandten Sie sich lautstark gegen die Empfehlung einer Expertenkommission, die sagt, einTempolimit auf Deutschlands Autobahnen könnte ein Beitrag unter vielen sein, um den Ausstoß von Kohlendioxid zu reduzieren und damit dem Klimawandel zu begegnen. Ein solcher Vorschlag sei "gegen den gesunden Menschenverstand gerichtet", polterten Sie los und machten ihn umgehend nieder. Einen Vorschlag, der nicht etwa eine Gesetzesinitiative war, sondern lediglich ein Diskussionsbeitrag, eine Idee. Die Idee einer Kommission zumal, die nicht die Grünen oder Klimaforscher eingesetzt haben, sondern Ihre eigene Bundesregierung. Und der – man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen – neben Naturschutzverbänden auch Vertreter des ADAC und der Automobilindustrie angehören.

Statt den Experten in den Rücken zu fallen, wäre es Ihr Job gewesen, die Politiker in den Parteien zu ermuntern, die Vorschläge der Kommission weiter zu diskutieren, das Pro und das Kontra abzuwägen. So erwarten es wir Wähler von einem verantwortungsbewussten Minister. So erwartet es, wenn er es denn ernst gemeint hat, auch Ihr Parteifreund Söder. Ich persönlich gestehe, ich bin in der Frage Tempolimit gar nicht so ideologisch unterwegs. Neulich hat mich ein Kollege im Auto von Berlin nach Würzburg mitgenommen. Nicht mal dreieinhalb Stunden von Haustür zu Haustür hat er gebraucht. Das Tempo können Sie sich vorstellen. Ich habe davon profitiert, aber ehrlich: Vernünftig ist diese Raserei nicht. Und ungefährlich erst recht nicht. Sagt zumindest mein Menschenverstand.

Lieber Herr Scheuer, wer es als Politiker nicht aushält, dass auch in Deutschland ernsthaft über ein Tempolimit auf Autobahnen diskutiert wird, der darf sich nicht beklagen, wenn er in der Bevölkerung mehr und mehr als einseitiger Lobbyist von VW, Audi, BMW und Co. wahrgenommen wird. Wir müssten aufhören, die Autoindustrie kaputtzumachen, ist eine Forderung, die derzeit viele Politiker nicht nur in Ihrer Partei äußern. Entschuldigung, aber das ist doch Blödsinn. Die aktuellen Probleme  der deutschen Konzerne sind hausgemacht, die Autobauer machen sich eher selbst kaputt – und gefährden so Zehntausende Arbeitsplätze. Viele Firmen haben betrogen, den Diesel so in Verruf gebracht. Und sie sind dabei, die Forschung und die Entwicklung weg vom Verbrennungsmotor zu verschlafen. Hier müsste die Politik ansetzen, zuvorderst die Politik des Verkehrsministers. Alles andere schadet dem Automobilstandort Deutschland.

Auch ich habe Zweifel, ob Diesel-Fahrverbote wirklich der richtige Weg sind, um die Luft in den Städten sauberer zu machen. Aber diese Verbote sind nun mal die Konsequenz einer Politik, die eine Verbesserung der Luft bislang nicht hinbekommen hat. Da darf man nicht Grüne und Umwelthilfe beschimpfen, da müssen sich die Verantwortlichen in der Politik selbstkritisch an die eigene Nase fassen und die Versäumnisse in der Verkehrspolitik, unter der nicht zuletzt auch die Diesel-Käufer leiden, korrigieren. Endlich korrigieren.

Dass Sie, Herr Minister, Beifall klatschen, wenn jetzt hundert deutsche Lungenärzte die seit einem Jahrzehnt unwidersprochen geltenden Stickoxid-Grenzwerte in Frage stellen, ist angesichts Ihrer bisherigen Politik keine Überraschung. Sicher, so ein Positionspapier von Medizinern verdient es, ernsthaft diskutiert zu werden. Aber jetzt einfach so zu tun, als hätten die Wissenschaftler der Weltgesundheitsorganisation WHO, und die Politiker (womöglich auch aus Ihrer Partei) in Brüssel und Berlin, die seinerzeit die Grenzwerte festgelegt haben, sich diese einfach so mal ausgedacht, ist dreist. Die Forderung aus der FDP und Teilen der Union, die Grenzwerte einfach auszusetzen, ist blanker Populismus. Das spielt den Vereinfachern, den Krakelern prima in die Hände. Genau so hat es Markus Söder nicht gewollt. Und Sie? 

Freundliche Grüße aus Würzburg, Michael Czygan

Einer bekommt Post: Der Samstagsbrief
Jedes Wochenende lesen Sie auf der Meinungsseite unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Figur des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. 
Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir vom Adressaten Post zurück.
Die Antwort und den Gegenbrief, den Briefwechsel also, finden Sie dann auf jeden Fall bei allen Samstagsbriefen hier. Und vielleicht bietet die Antwort desjenigen, der den Samstagsbrief zugestellt bekommt, ja auch Anlass für weitere Berichterstattung – an jedem Tag der Woche.
 
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  • Arcus
    Andy Scheuer mit seinem kleinen Dr. passt nahtlos in die Reihe unfähiger CSU Verkehrsminister.
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  • FischersFritz
    Ha – wieder was gelernt. Das mit dem „kleinen Doktor“ wusste ich noch gar nicht. Habe gerade nachgelesen und ziemlich gelacht. Ist ja wirklich drollig …

    Danke für den Tipp!
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  • sw_rr13@yahoo.de
    weiter so mit dem Samstagsbrief und die Mainpost wird noch weniger gelesen
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  • Funkenstern
    aber nur wenn in Lutherstadt das Abkoppeln funktioniert.
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  • Fr-goetz@t-online.de
    zum Abschluss meiner Kommentar hier!
    "Scheuer du bist ein absolut guter Mann, aber nie ein Populist gewesen"!
    Dir wird hier seitens anderer Gesinnungsgenossen die das privlieg zum Schreiben haben, "großes Unrecht getan"!
    Ich erinnere:" Am Ende der Schlacht werden die ....usw gezählt"!
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  • tommy33
    Also Herr Czygan, unter 3,5 Stunden von Berlin nach Würzburg? Wann waren Sie da unterwegs? Nachts um 1 Uhr? Mit 250 km/h? Auf der Strecke gibt’s auch viele Geschwindigkeitsbegrenzungen und örtlich schlechtes Wetter mit Schnee oder Regen.
    In dieser Zeit schaffts gerade mal der ICE.
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  • Fr-goetz@t-online.de
    SORRY!
    Kennen sie noch nicht das Wort: "Facenews"!
    "Schlagzeilen will doch das Volk"!
    Was interessiert ihre auf Nachweis fundierte Berechnung!
    Da können sie bestenfalls ihre Tastatur davon überzeugen! Nein sie müssen den Redakteur folgen, das ist Gesetz! Der darf das das!
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  • al-holler@t-online.de
    .. vielleicht hat Re.otius da mitgeschrieben......
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  • Fr-goetz@t-online.de
    Keine Frage:"Der schafft das"!
    Sein Arbeitgeber weiß das womöglich nicht, wie schnell er unterwegs ist und was für ein toller Redakteur er ist!
    "Klappern gehört zum Handwerk"! Davon hat der Verfasser des Samstagsbriefes sehr viel davon, er klappert "immerzu"!
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  • Doedi.wue
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  • Rechtspopulist
    Bitte führen Sie Quellen an
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  • jebusara@web.de
    Herr Scheuer, wenn Herr Czygan so empört ist machen Sie offensichtlich alles richtig. Darum kurz und knapp: weiter so!
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  • FischersFritz
    Und sowas im Land der Dichter und Denker.

    Quo vadis, Germania?
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  • al-holler@t-online.de
    Toll argumantiert👍
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  • Fr-goetz@t-online.de
    Herr Czygan,
    soll auf jeden Fall so weiter machen! "Wir verstehen das was er damit bewirken will, nur viele Ansprechpartner findet er nicht einmal unter seinen "Gesinnungsgenossen"!
    Einfach weiter machen, wir verarbeiten es wie es sich gehört! Alle 14 Tage wird die "blaue Tonne" gelehrt!
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  • simonhard
    Wo ist @arcus.?????
    Im übrigen ist dieser Samstagsbrief, ja was den eigentlich? Ich überlege noch....🙄🙄
    Na, nicht so wichtig.
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  • al-holler@t-online.de
    vielleicht nicht freigegeben???
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  • Fr-goetz@t-online.de
    @arcus?
    Sein letztes Lebenszeichen habe ich bei einer Neueröffnung eines Ladens im Grombühl gesehen, wo er sich dazu geäußert hat. Er meinte er hat viel mit Alkohol - Kranken zu tun und war der Meinung, es wäre gut jetzt auch Drogen in den neuen Laden kaufen zu können! Vielleicht ist die Gesellschaft bald soweit! Das war sein letztes "Lebenszeichen"! Man muss sich echt "Sorgen" machen wo er stecken geblieben ist!
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