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Maßbach
Was wahr ist und was nicht: Glaubensfragen im Theater Maßbach
Die fränkische Landesbühne stellt in der neuen Saison die große Frage nach unserer Wahrnehmung der Welt. Und reagiert mit Änderungen auf Empfehlungen von Finanzexperten.
Biedermann (Marc Marchand) will nicht glauben, dass er längst die Brandstifter im Haus hat. Das Stück aus der vergangenen Saison hätte auch gut in die neue gepasst.
Foto: Sebastian Worch | Biedermann (Marc Marchand) will nicht glauben, dass er längst die Brandstifter im Haus hat. Das Stück aus der vergangenen Saison hätte auch gut in die neue gepasst.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:48 Uhr

Was ist Wahrheit? Und wie kommt man an sie heran? Das Theater Schloss Maßbach widmet sich in der neuen Spielzeit dem Thema "Glauben". Und zwar Glauben nicht in erster Linie in religiöser, sondern in kommunikativer Hinsicht angesichts der permanenten Flut von echten und unechten Nachrichten. "Was hält man für wahr, was stimmt", fragt Theaterleiterin Anne Maar.

Wenn man Menschen aus der Wirtschaft glauben will, sagen allein Zahlen die Wahrheit. Mit Zahlen hat sich Maßbach mit Hilfe einer Unternehmensberatung in den vergangenen Monaten reichlich befasst. Fazit der Untersuchung: Das Theater macht sehr gute Arbeit, auch und gerade für junges Publikum, bietet seine Leistungen aber für zu wenig Geld an. Bei einigen Gastspielen legt es sogar drauf. Die Folge: Geldknappheit und extrem niedrige Löhne und Gehälter.

Zu den Freilichtaufführungen kamen 3000 Besucher mehr

Anne Maar formuliert es mit leicht resigniertem Unterton so: "Wir sind toll, aber es bringt nichts." Dabei passen viele Zahlen: Die Freilichtaufführungen sahen in der vergangenen Saison 24 528 Besucher, 3000 mehr als im Vorjahr. Die Abendvorstellungen waren zu 81 Prozent, die Kindervorstellungen zu 88 Prozent ausgelastet. Und auch die Vorstellungen im Intimen Theater weisen mit 6053 Besuchern (plus 20) einen leichten Aufwärtstrend auf.

Theaterchefin Anne Maar
Foto: Isolde Krapf | Theaterchefin Anne Maar

Jedes Jahr erreicht das Theater Schloss Maßbach, Gastspiele eingerechnet, 55 000 Menschen. Mit 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwirtschaftet es fast die Hälfte seines Etats von 1,1 Millionen Euro selbst – im Kulturbereich ein recht hoher Wert. Zum Vergleich (die Zahlen sind im digitalen Theateralmanach einsehbar): Das städtische ETA Hoffmann Theater Bamberg erreicht 49 000 Menschen pro Jahr, hat 80 Angestellte und einen Etat von 5,1 Millionen, der wiederum mit 4,9 Millionen bezuschusst wird.

Etwas Entspannung hat gebracht, dass in der Saison 2017/2018 alle Zuschüsse erhöht wurden, dennoch reagiert das Theater Schloss Maßbach mit zwei weiteren Schritten auf die Untersuchung: Gastspiele in Landkreisen, die keine Zuschussgeber sind, werden nun kostendeckend honoriert, und die Eintrittskarten in Maßbach werden teurer. Ein bisschen jedenfalls, nämlich zwei Euro, so dass die Karten für die Freilichtbühne jetzt 19, 20 oder 22 Euro, im Intimen Theater 18, 19 oder 20 Euro kosten.

Die Eintrittskarten werden teurer – ein bisschen

Gleichzeitig werden die Ermäßigungsmöglichkeiten ausgeweitet, sagt Anne Maar. Denn das Publikum reagiere sensibel auf Preiserhöhungen: "Viele unserer Besucher gehen ins Amateurtheater, da kostet die Karte sechs Euro. Da erscheinen unsere Preise im Vergleich hoch. Aber kaum jemand sieht, was alles an so einer Aufführung dranhängt." 

Die erste Premiere der neuen Saison ist am Freitag, 27. September, "Die Maschine steht still" als deutsche Erstaufführung und in eigener Übersetzung und Bearbeitung (bis 10. November). Die 1909 erschienene Science-Fiction-Geschichte von E. M. Forster, eher bekannt als Autor stimmungsvoller Gesellschaftsporträts wie "Zimmer mit Aussicht" oder "Reise nach Indien", schildert, wie Menschen entmündigt in kleinen Waben unter der Erde leben und von einer Maschine versorgt werden. Sie kommunizieren nur maschinell miteinander – prophetisch, wenn man bedenkt, dass es 1909 noch nicht einmal Bildschirme gab. 

"Frühschicht bei Tiffany" (15. November bis 31. Dezember) ist die (Beziehungs-)Komödie für die Weihnachtszeit. Für Kinder ab sechs Jahren läuft "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" von Michael Ende (22. November bis 21. Dezember).

Komödie um einen Bigamisten, dessen Konstrukt aus dem Ruder läuft

Um Wahrheit(en) in verschärfter Form geht es von 17. Januar bis 1. März in Edward Albees Vier-Personen-Marathon-Ehekrach "Wer hat Angst von Virginia Woolf", der zum allerersten Mal in Maßbach läuft. "Meine Großmutter Lena Hutter mochte das Stück überhaupt nicht", sagt Anne Maar, "sie hat immer gesagt, nur über meine Leiche..."

Christian Schidlowsky inszeniert "Der Schimmelreiter" nach der Erzählung von Theodor Storm (6. März bis 19. April), Sandra Lava "Honig im Kopf" (24. April bis 14. Juni, zunächst im Intimen Theater, dann auf der Freilichtbühne) nach dem gleichnamigen Film. In beiden Stücken geht es um widerstreitende Formen der Weltwahrnehmung, wenn auch unter höchst unterschiedlichen Umständen. Fanny Schmidt schreibt für Maßbach das Jugendstück "glaub ich nicht", das die komplizierte Freundschaft zweier 14-jähriger Mädchen thematisiert (17. April bis 15. Mai). 

Außerdem auf der Freilichtbühne: "Cyrano in Chicago", das den Stoff um den großnasigen Poeten ins Ganstermilieu der 1930er Jahre verlegt (19. Juni bis 26. Juli); "Lügen haben junge Beine" (Fortsetzung von "Taxi, Taxi") über einen Bigamisten, dessen Leben aus dem Ruder läuft (1. August bis 5. September); und für Kinder ab sechs Jahren "Rico, Oskar und die Tieferschatten" – die Abenteuer zweier unterschiedlich begabter Freunde in Berlin (26. Juni bis 28. Juli).

Karten: Tel. (0 97 35) 235. www.theater-massbach.de

 
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