
Das Artbreit hat Glück, wenn man so will: Das Kunstfest in Marktbreit (Lkr. Kitzingen) findet seit 2004 ohnehin alle zwei Jahre statt, bislang waren es die geraden. Dann kam Corona, und das Team musste reagieren: Man verschob das Kunstfest 2020 kurzerhand auf 2021 (am 15. und 16. Mai), mit identischem Programm. Und rief zusätzlich ein Motto für die bildenden Künstlerinnen und Künstler aus: "Corona (COVID-19), machen wir was draus?"
Die eingehenden Arbeiten sollen nach und nach im öffentlichen Raum platziert werden, für die kleineren Kunstwerke wird es Ausstellungsräume nach bekanntem Muster in der ganzen Stadt geben – am liebsten ungewöhnliche, überraschende, sagt Claus Peter Berneth vom Organisationsteam.

Eine Arbeit zum Thema Corona schwebt schon an zwei Stahlseilen über dem Breitbach: "Die zweite Welle" von Martin Steinert, eine spiralig in sich selbst verdrehte Welle aus kompliziert miteinander verbundenen Holzlatten. Steinert ist international bekannt für seine "Wooden Clouds" (hölzerne Wolken), schwerelos wirkende, nicht selten ziemlich große Konstruktionen aus Holzlatten, etwa in Bochum, Paris, Lüttich, Prag oder Ramalla.
Das Artbreit entstand 1994 mit dem Ziel, Leben in die Altstadt zu bringen
Für diese Stelle, an der beim Artbreit immer schon die auffälligsten Arbeiten gezeigt werden, hatte Steinert ursprünglich eine Skulptur geplant, die sich mit dem Sog und der nachfolgenden Welle auseinandersetzen sollte, die die draußen auf dem Main vorbeifahrenden Schiffe im Breitbach erzeugen. Jetzt ist es halt eine Welle im übertragenen Sinne geworden.
Das Artbreit entstand 1994 mit dem Ziel, Leben in eine Altstadt zu bringen, deren Sanierung damals allmählich in Gang kam, erzählt Berneth. Veranstaltet und organisiert von den Altstadtfreunden im Marktbreiter Heimatverein, hat sich das Fest von einem anfangs eher musiklastigen Event zum gefragten Ausstellungsort für bildende Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland, Italien und Österreich entwickelt. Das wiederum zieht auch Publikum von weither an: "Wenn Artbreit ist, finden Sie hier nirgends ein Zimmer", sagt Claus Peter Berneth, der auch zu den Erfindern des Kunstfests gehört.

Das Fest, in Vor-Corona-Zeigen immer am Wochenende vor Pfingsten, beginnt samstags mit offenen Ateliers und einem Eröffnungskonzert. "Ursprünglich fand das Artbreit nur am Sonntag statt, aber wir haben festgestellt, dass viele interessierte Besucher schon am Samstag kamen, um sich in Ruhe die Kunstwerke anzuschauen", erzählt Berneth. Also öffnete man die Ateliers einen Tag früher. Vor allem aber: Alle ausstellenden Künstler sind da und ansprechbar.
Finanziell hat das verschobene Kunstfest keine negativen Folgen für den Verein
Die Nahbarkeit der Kunst ist für Berneth der Kern von Artbreit: "Da entwickeln sich hochinteressante Gespräche abseits dessen, was gewöhnlich auf Vernissagen geredet wird." Was ihn besonders freut: Das Kunstfest wird auch von den Einheimischen geschätzt. "Es gab nie auch nur einen Hauch von Ablehnung, so ungewohnt es auch war, was wir gemacht haben."
Finanziell hat das verschobene Kunstfest keine negativen Folgen für den Verein – bis auf den Druck des Programmhefts und den Transport größerer Kunstwerke fallen kaum Kosten an, es wird alles ehrenamtlich erledigt. "Die Hauptaufgabe ist im Grunde immer, kein Defizit zu machen", sagt Berneth. Dabei helfen Sponsoren und die Pauschale, die die Gastronomen bezahlen, um offizielle Artbreit-Wirte sein zu dürfen.

Es gibt auch Zuschüsse von Bezirk und Stadt, wertvoller sei aber die praktische Hilfe des Bauhofs beim Aufstellen der Außenskulpturen. "Da gibt es zwei Mitarbeiter, die sind so engagiert und haben sich inzwischen so viel Können und Wissen erarbeitet, dass sie einen sehr wichtigen Beitrag leisten", sagt Berneth. Dieses Aufstellen, oft Wochen vor dem Fest, mache ihm ohnehin am meisten Spaß: "Da kommen immer die Leute und nehmen Anteil. Stellen Fragen und interpretieren auch schon mal die Kunstwerke. Aber nicht platt oder abfällig, sondern mit echtem Interesse."
Wie sehen Kunstwerke aus, die sich mit Corona auseinandersetzen?
Wie sehen denn nun Kunstwerke aus, die sich mit Corona auseinandersetzen? Anfangs stand der Schock im Vordergrund, die Frage, was denn jetzt passiert. Dann wurden die Arbeiten frecher, ironischer. Die Fotografin Katja Gehrung etwa hat sich selbst in einem Feld abgebildet – auf dem Klo sitzend mit Maske im Gesicht. Titel: "Neue Normalität 1.0". "Das Bild entstand im Kopf der Fotografin, als sie die Hygienevorschriften der Gastronomie anschaute – und las, dass man mit Mundschutz auf Toilette gehen muss", heißt es in der Erklärung dazu.
Claus Peter Berneths eigener Beitrag ist eine ausgesägte Holzplatte in rostiger Stahloptik, die die Silhouette einer liegenden Figur zeigt, die sich mit einem überdimensionalen Virus abmüht. Der Titel ist Distanzierung und Verballhornung zugleich: "Es ist eine Syphilisarbeit mit dem Corona". Der Bildhauer Wilhelm Zimmer schließlich hat einen "Großwildjäger" in Bronze eingereicht. Eine Figur in entsprechender Siegerpose. Die Beute: ein Stapel Klopapier.