Manchmal finden in der Provinz Entwicklungen statt, die internationale Resonanz hervorrufen, aber eben nicht in der Provinz selbst. Schweinfurt ist im Bereich Industrie sicherlich keine Provinz, in Sachen Musik eher schon. Mit einer Ausnahme: Einmal im Jahr richtet die Welt der professionellen Mandolinen- und Gitarrenspieler ihren Blick auf die Stadt – wenn eine weitere Ausgabe der Internationalen Musikwettbewerbe Schweinfurt stattfindet.
In jährlichem Wechsel schreibt der Verein Musikforum Wettbewerbe für Mandoline solo, Gitarre solo und Kammermusik mit Gitarre beziehungsweise Mandoline aus. In früheren Jahren gab es Kompositionswettbewerbe, die haben sich aber erübrigt. "Es gibt mittlerweile genügend Literatur", sagt Elke Tober-Vogt, Komponistin, Klassik-Rezensentin für diese Redaktion, Vorsitzende des Vereins Musikforum und damit hauptverantwortliche Organisatorin der Wettbewerbe.
Die Wettbewerbe sollen die Zupfmusik aus der Vorurteilsnische der Laien- und Hausmusik holen
Die Wettbewerbe haben immer ein Ziel. Die für Komposition sollten das zeitgenössische Repertoire für Zupfmusik erweitern helfen, die instrumentalen sollen dazu beitragen, Zupfinstrumente aus der Vorurteilsnische der Laien- und Hausmusik zu holen. "Wir wollen zeigen, dass Gitarre und Mandoline mehr können und ihnen mehr Ansehen im professionellen Konzertleben verschaffen", sagt Elke Tober-Vogt. "Mit den Wettbewerben stellen wir bewusst eine internationale Vergleichsplattform auf professioneller Ebene für junge Künstler her."
Seit 1990 gibt es die Wettbewerbe, anfangs veranstaltet vom Bund deutscher Zupfmusiker (BDZ), seit 1999 vom Verein Musikforum, in dem sich Konzertgänger wie Musiker, Musikliebhaber wie Pädagogen zusammengefunden haben. Das Interesse der örtlichen Öffentlichkeit hielt sich lange in Grenzen, bei den Wettbewerben blieben Bewerber und Jury meist unter sich, Versuche, Rahmenprogramme für Nichtspezialisten anzubieten, brachten kaum weitere Aufmerksamkeit.
In der Fachwelt jedoch wuchs das Renommee der Wettbewerbe stetig an. "Wir merken das zum Beispiel daran, wie erfolgreich unsere Preisträger im Konzertleben sind", sagt Tober-Vogt. "Das Streichquartett mit Gitarre aus München, das 2019 siegte, wird seither als Tedesco Quintett auf Tournee gefeiert." Auch Lotte Nuria Adler, 2018 Siegerin in der Sparte Mandoline solo, gilt als vielversprechende Vertreterin ihres Fachs.
Für die nächste Ausgabe haben sich nur Musiker angemeldet, die bereits im Konzertleben stehen
Der Mandolinist Avi Avital hingegen, inzwischen bei der Deutschen Grammophon unter Vertrag und Inhaber einer Grammy-Nominierung, schied in Schweinfurt früh aus. Den Dämpfer nutzte er, um daraus zu lernen. "Er kam damals zu mir und hat gesagt: 'Vielen Dank, jetzt kenne ich meinen Weg'", erzählt Gerhard Vogt. Vogt, 78, ehemaliger Musikverleger, Gitarrenlehrer, Schöpfer der Schweinfurter Gitarrenwoche, die von Mitte der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre stattfand, Erfinder und Gründer der Wettbewerbe und bis vor einem Jahr Vorsitzender des Vereins, freut sich auf den kommenden Wettbewerb für Gitarre solo vom 13. bis 15. März: "Das Teilnehmerfeld lässt ein wahnsinnig hohes Niveau erwarten."
So haben sich diesmal ausschließlich Musiker angemeldet, die bereits im Konzertleben stehen und meist auch schon Preise gewonnen haben. Die 20 Plätze sind besetzt, Nachrücker stehen bereit. Das Teilnehmerfeld ist international, die Teilnehmer kommen aus Mittel- und Osteuropa, Südamerika, Asien und Australien.
Hilfreich war sicher die stattliche Dotierung: Bei einem Gesamtetat von 35 000 Euro schüttet der Wettbewerb 25 000 für Preise aus, 10 000 für den ersten, 7500 für den zweiten, 5000 für den dritten. 2500 Euro stehen für einen noch zu bestimmenden Sonderpreis zur Verfügung. Möglich sind solche Summen, seit sich der Verein von öffentlichen Zuschussgebern unabhängig gemacht hat, erzählt Elke Tober-Vogt: "Die Antragsprozeduren waren einfach zu aufwändig. Heute finanzieren wir uns ausschließlich über Stiftungen und private Spender."
Die Jury besteht aus Experten und bewusst fachfremden Kandidaten
Gerhard Vogt würde sich, wie seine Frau Elke, durchaus wünschen, dass die Wettbewerbe nicht nur international, sondern eben auch in Schweinfurt selbst mehr Resonanz finden. Immerhin: Der Wettbewerb finden im oberen Stock der historischen Rathausdiele statt, das Trauzimmer und einzelne Fraktionszimmer können als Einspielzimmer genutzt werden.
Während sich Elke Tober-Vogt auf organisatorischer Seite um teilweise kuriose Details kümmern muss, etwa darum, dass der Wettbewerb nicht ausgerechnet dann stattfindet, wenn unten auf dem Marktplatz der Fischmarkt steigt, auf dem Bananen-Paul und Kollegen lautstark ihre Ware feilbieten, kann sie sich bei der Auswahl der vorgegebenen, zu spielenden Literatur auf ein internationales Beratergremium stützen. Bei der Besetzung der Jury wiederum kommt ihr ein in Jahrzehnten aufgebautes Netzwerk aus Experten, Solisten, ehemaligen Preisträgern, aber auch fachfremden Kandidaten zugute.
Den Jury-Vorsitz bei der kommenden Ausgabe hat Beate Kröhnert inne. Die Konzertdramaturgin am Mainfranken Theater weiß, was heute auf klassischen Konzertbühnen Standard ist. Und vielleicht gelingt den Schweinfurtern mit ihrer Einladung ja wenigstens in Würzburg ein heimischer Aufmersamkeitserfolg.
Internationaler Musikwettbewerb 2020 – Michael-Tröster-Wettbewerb für Gitarre solo, 13. bis 15. März, Rathaus Schweinfurt. Die Wertungsspiele sind öffentlich, am 14. März von 9.30 bis 19.30 Uhr, am 15. März ab 10 Uhr.