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Würzburg
Vor der Lesung bei MainLit: Ein misslungenes Interview mit Max Goldt
Was fragt man einen gefeierten Meister der Sprache? Der Versuch eines etwas anderen Interviews muss seitens des Interviewers als misslungen bezeichnet werden. Hier dennoch das Ergebnis.
Max Goldt: 'Meine Absicht ist es, etwas Klangvolles, Anregendes und Vielschichtiges zu erschaffen.'
Foto: Axel Martens | Max Goldt: "Meine Absicht ist es, etwas Klangvolles, Anregendes und Vielschichtiges zu erschaffen."
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:31 Uhr

Der Autor Max Goldt ist berühmt für seine scharfsinnigen, kunstvoll komischen Texte. Die Zeitschrift literaturkritik.de würdigt ihn als "eine der brillantesten und scharfsinnigsten Persönlichkeiten der Gegenwart": "Er äußert sich zu vielen Themen, für die andere nur ein müdes Lächeln übrig haben, und kann sie mühelos in größere Zusammenhänge einordnen."

Allerdings, so heißt es über seinen Band "Die Chefin verzichtet" im selben Beitrag, "vermäkelt und verbiestert sich der beliebte und gefeierte Sprach- und Kulturkritiker teils fast schon zur Unkenntlichkeit über die modernen Zeiten". Zuletzt ist von Max Goldt, Jahrgang 1958, das Hörbuch "Genieß deinen Starrsinn an der Biegung des Flusses" (Hörbuch Hamburg) mit Texten aus den Jahren 1991 bis 2021 erschienen.

Beim Literaturfestival MainLit tritt Max Goldt am 22. März auf. Ein Interview vorab möchte er nur schriftlich führen. Was also fragt man so einen scharfzüngigen Meister von Sprache und Stil, wenn man keine Chance hat, etwaiges Eis im Gespräch zu brechen? Soll man versuchen, selbst komisch oder geistreich rüberzukommen? Auf gar keinen Fall! Soll man Fragen zu Werdegang oder Weltpolitik stellen? Der Werdegang kann mühelos gegoogelt werden, und wie könnte man derzeit etwas Originelles zur Weltpolitik sagen?

Also: Max Goldt bekommt fünf Fragen gemailt, die alle ganz konkret aus seinen Texten abgeleitet sind. In der Hoffnung, dass er sich vielleicht doch zu der ein oder anderen Fahrlässigkeit hinreißen lässt, die einen kleinen Blick hinter die Fassade erlauben könnte. Tenor: Max Goldt, was ist Ihnen wichtig? Es ist ein Versuch. Um es gleich vorweg zu sagen: Es hat nicht funktioniert. So plump lässt Max Goldt sich nicht aus der Reserve locken. Hier also die schriftlich ausgetauschten Fragen und Antworten.

Sie beantworten Interview-Fragen am liebsten schriftlich – wie wichtig ist Ihnen Sorgfalt?

Max Goldt: Sorgfalt bewahrt vor Peinlichkeit. Bei mündlich geführten Interviews ist die Gefahr von Fehlern bei der Übertragung ins Schriftliche groß, und es besteht die Gefahr, daß aus Kleinigkeiten, die man am Rande, quasi off the record sagt, der Aufmacher gemacht wird.

Sie geben Tipps, wie man am besten nach dem Weg fragt, oder wie man Schinkenstreifen im Salat entgeht – wie wichtig ist es Ihnen, Lebenshilfe zu leisten?

Goldt: Ich höre immer wieder von Leuten, denen meine Texte über Krisen hinweggeholfen haben, aber meine Absicht ist eher, etwas Klangvolles, Anregendes und Vielschichtiges zu erschaffen und nicht, Lesern Tipps zur Lebensbewältigung zu geben.

Max Goldt 2018 in der Disharmonie in Schweinfurt
Foto: Charlotte Wahler | Max Goldt 2018 in der Disharmonie in Schweinfurt
Sie berichten von der einzigen Stadt, in der es einen Karstadt ohne Rolltreppe gibt, oder einer Kindertotenlieder-Lounge in Liverpool – wie wichtig ist Ihnen Landeskunde?

Goldt: Ich reise gern und eine Reise sollte aus drei Etappen bestehen, einer guten Vorbereitung, der eigentlichen Reise und einer Nachbereitung, und aus der Nachbereitung entstehen mitunter Texte, die man als landeskundlich auffassen könnte. Auf jeden Fall ist es wichtig, gut informiert zu reisen und das Erlebte einordnen zu können.

Sie warnen "Der Darm ist ein Knilch" – wie wichtig ist Ihnen Gesundheit?

Goldt: In meinem Text "Der Darm ist ein Knilch" geht es um die Beschriftung von Toilettentüren und weniger um Gesundheit, aber Gesundheit ist natürlich bekömmlicher als Krankheit.

Sie verwenden genüsslich Begriffe wie "DB-Betriebshaltepunkt" – wie schwer fällt es Ihnen, von "Lockdown" oder "gecancelten Auftritten" zu sprechen?

Goldt: Solche Ausdrücke verwende ich weder genüßlich noch mit Widerwillen. Es sind geläufige Begriffe, gegen die ich nichts habe. Über gecancelte Auftritte spreche ich andererseits äußerst ungern, da mir so furchtbar viel abgesagt wurde in den letzten zwei Jahren. Ich würde lieber wieder mehr über ungecancelte Auftritte sprechen, und da ich schon lange nicht mehr in Würzburg war, würde es mich freuen, wenn meine Lesung bei der MainLit unbeeinflußt von Krieg und neuen Mutationen vonstatten geht.

Max Goldt liest: Literaturfestival MainLit, 22. März, 19.30 Uhr, Gut Wöllried, Rottendorf. Karten unter www.main-lit.de

 
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