
Was für ein Abend! Was für ein Schauspieler! Was Raoul Migliosi auf der Bühne des Theaters Sommerhaus in Winterhausen abliefert, ist unglaublich, schlicht umwerfend, einfach bravourös. Dabei ist die von ihm gespielte Haupt- und Erzählfigur Daniel im Bühnensolo "Machoman" von Moritz Netenjakob alles andere als ein Sympathieträger.
Er ist auch kein "Macho", sondern ein schüchterner, etwas tollpatschiger Frauenversteher, der gerade verlassen wurde. Zum Abschalten fliegt er von Köln nach Antalya und checkt in einer Fünf-Sterne-Anlage ein, in der sein Freund Mark als Animateur arbeitet. Dort trifft er die bezaubernde Aylin, verliebt sich Hals über Kopf und will sie zu seiner Frau machen.
Gehässige Griechen-Witze und gestrenge Fußball-Sympathien
Doch damit beginnen Daniels Probleme. Für die Zuschauer beginnt eine turbulente und extrem kurzweilige Reise in die Welt der Klischees über Deutsche und Türken. Entstammt Aylin doch einer türkischen Großfamilie, die zwar seit über 30 Jahren in Köln ansässig ist, aber nach wie vor fest auf ihren kulturellen Traditionen beharrt.
Das fängt beim Kennenlernen der Familienmitglieder an, geht über gehässige Griechen-Witze und gestrenge Fußball-Sympathien weiter und hört mit dem "Lesen" der Zukunft der Partnerschaft aus dem Kaffeesatz noch lange nicht auf. Und dann müssen nach türkischem Brauch auch noch Daniels Eltern bei den Eltern der Braut um deren Einwilligung zur Hochzeit bitten.

Da sind Konflikte programmiert. Ob das wirklich alles gut gehen und mit einem Happy-End schließen kann, darf hier nicht verraten werden. Klar ist, dass sich aus dem Spannungsverhältnis jede Menge Funken entzünden. Aus denen entfacht Autor Netenjakob ein echtes Gag-Feuerwerk, das keines der beiden kulturellen Milieus verschont.
Gekonnte Balance zwischen aufklärerischer Klischee-Irritation und Publikumsvergnügen
Doch ohne die Bühnenpräsenz, die überbordende Spielfreude und die enorme Wandlungsfähigkeit von Raoul Migliosi wäre das alles nichts. Nicht nur, dass er Daniels Wandlung vom Softie zum Macho und zurück überaus glaubwürdig verkörpert; es ist sein sekundenschneller Wechsel von Stimmlage, Sprachmelodie und Gestik zwischen acht höchst unterschiedlichen Figuren, die er perfekt auf die Bühne zaubert.
Dabei hält Regisseurin Mascha Obermeier gekonnt die Balance zwischen aufklärerischer Klischee-Irritation und Publikumsvergnügen. Ein mehr als amüsanter Abend.
Nächste Vorstellungen: 10., 12., 15., 17. und 19. Juni und 1. bis 3. Juli. Karten Tel. (09333) 9049867 oder www.theater-sommerhaus.de