zurück
Zellerau
Vogel-ähnliche Geräusche bei Kammermusik-Festival in Würzburg
Bravo-Rufe beim Start der zweiten Auflage des Würzburger Festivals "Kammermusik!". Auf welches Klangabenteuer sich die Zuhörer begaben.
Das Festival 'Kammermusik!' findet im Maschinenhaus des Bürgerbräugeländes statt.
Foto: Fabian Gebert | Das Festival "Kammermusik!" findet im Maschinenhaus des Bürgerbräugeländes statt.
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:45 Uhr

Lange dauerte es, bis sich die Spannung löste und die knapp 50 Besucher des Auftaktkonzerts zum zweiten Festival "Kammermusik!" im Maschinenhaus zu applaudieren wagten: Auf ein phänomenales Klangabenteuer hatten sie sich von der Sopranistin Theresa Maria Romes und dem Pianisten Jonas Gleim mitnehmen lassen und sich mit George Crumbs sehr modernem Werkzyklus "Apparition" in einen geradezu mystischen Klangraum begeben.

Das Konzert unter dem Motto "The End" beschäftigte sich mit dem inhaltlichen Spannungsfeld zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit, so hieß es im Programmheft, vorgelegt von Studierenden des Instituts für Musikforschung an der Universität Würzburg.

Irrwitzige Intervallsprünge

Romes musste in Crumbs Komposition nicht nur "einfach singen", sondern auch alle möglichen vogel-ähnliche Geräusche erzeugen, irrwitzig weite und freitonale Intervallsprünge hinbekommen, Koloraturgirlanden perlen lassen, kichern, kauderwelschen, stimmlich tanzen, locken und verführen. Gleim baute darum herum eine spektakuläre Klangwelt am elektrisch verstärkten Klavier, er zupfte, schabte, klopfte und spielte. Die intensive Interpretation des Duos ging unter die Haut, war keine Sekunde langweilig und wurde mit Bravo-Rufen belohnt.

Begonnen hatte der Abend mit der von getragener Melancholie, schwebend-warmen Klängen, Dramatik und Leidenschaft geprägten "Chanson Perpétuelle" (Ewiges Lied) von Ernest Chausson. Theresia Maria Romes wurde dabei neben Jonas Gleim auch vom Quartett Berlin-Tokyo (Tsuyoshi Moriya und Dimitri Pavlov, Violinen, Gregor Hrabar, Viola, Ruiko Matsumoto, Violoncello) begleitet. Romes' Stimme auch hier strahlend schön, dezent eingehüllt von den Instrumenten, packend die Interpretation, morbide die Atmosphäre, auch hier anhaltende Spannung.

Zu viel Kraft reicht nicht

Stimmungsvoll und mit großer Ruhe stellten Verena Beatrix Schulte, Querflöte, und Josef Müksch, Gitarre, John Dowlands Lacrimae Pavane "If my complaints could passions move" einer Reflektion über dieses Lied von Benjamin Britten für Viola und Klavier voran. Bratscher Gregor Hrabar und Pianistin Marie-Thérèse Zahnlecker griffen diese Ruhe auf, schufen vielfältige Farben und elegante Akkorde. Gut voneinander abgegrenzt die Charaktere der Variationen, sehr beredt gestaltet die Dialoge, engagiert und sehr bewusst die Ausdeutung des Werks mit seiner allmählichen Manifestation des Originalthemas.

Mit dem abschließenden Streichquartett d-Moll "Der Tod und das Mädchen" von Franz Schubert zeigte das Quartett Berlin-Tokyo nochmals, über welch enormes instrumentales Können jeder einzelne verfügt. Astreine Intonation, Virtuosität, perfektes Zusammenspiel in einer gemeinsam gegossenen Umsetzung sind selbstverständlich, auch die Einsatzfreude war groß. Doch zu viel Kraft führt zu Verlusten an Eleganz, Parforceritte allein sind nicht befriedigend. Starker Beifall und Bravo-Rufe dennoch, denn der Gesamteindruck, den das Quartett und die gesamte Veranstaltung hinterließen, war exzellent.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Zellerau
Elke Tober-Vogt
Ernest Chausson
Franz Schubert
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Kammermusikfestivals
Streichquartette
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen