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Klingenberg am Main
Tschick bringt Lebensfreude in die Burguine
Viel Applaus für das Jugendstück nach dem Herrndorf-Roman bei den Clingenburg Festspielen. Der Lada ist natürlich "nur geliehen, nicht geklaut".
Mit echtem Lada: Das 'Tschick'-Team der Clingenburg Festspele
Foto: Bettina Lang-Godbersen | Mit echtem Lada: Das "Tschick"-Team der Clingenburg Festspele
Reinhard Glaab
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:46 Uhr

Den überragenden Erfolg seines 2010 erschienenen, lebensfreudigen Romans „Tschick“ durfte der todkranke Autor Wolfgang Herrndorf noch erleben. Als er drei Jahre später starb, hatte das Buch die Hitlisten gestürmt und in der Bearbeitung seines Freundes Robert Koall die deutschsprachigen Bühnen erobert. In das mit Frische konzipierte Programmder Clingenburg Festspiele fügt sich dieses mitreißende Jugendstück bestens ein. Nach der laut bejubelten Premiere muss man beinahe bedauern, dass in der Burgruine über dem Main nur noch sieben Mal nach dem vagen Ziel der ausufernden Spritztour gefragt wird: Wo geht’s denn in die Walachei?

Regisseur Oliver Pauli, auch verantwortlich für die dieser Bühne gerechte Ausstattung, hat die tollkühne Wald- und Wiesen-Odyssee zweier jugendlicher Ausreißer rasant und mit verblüffenden Einfällen in das historische Ambiente eingepasst. Wiederholt bricht spontaner Applaus los, wenn die stimmigen Bühnenbilder quasi aus dem Nichts gezaubert werden. Die sparsamen Requisiten werden hurtig, geschickt und witzig in Szene gesetzt. Prachtstück natürlich der „leibhaftige“ Lada, der sich qualmend ins Rampenlicht schiebt: „Nur geliehen, nicht geklaut!“

Autos kurzschließen? Kein Problem!

Klassenneuling Tschick, der in Rostow am Don Wodka und die halb legale Improvisation als Lebenselixier aufgenommen hat, kann auch Autos kurzschließen und fahren – russische sowieso! Sasha Bornemann bringt den respektlosen, quirligen und schlauen Russlanddeutschen mit explosiver Heiterkeit ins abenteuerliche Spiel ein. Als einfühlsamer Seelenmasseur und impulsiver Antreiber hilft er damit seinem Klassenkameraden Maik auf die Sprünge und ins Auto. Victor Nilsson mimt die schlaksige „Schlaftablette aus der letzten Bank“ ebenso authentisch wie den verträumten Teenie, dem sich staunend der Blick für die Natur öffnet und dem die Liebe jede Menge Rätsel aufgibt.

Zu diesem zwischen Verwegenheit und Hilflosigkeit schwankenden Duo gesellt sich Ina (Laura Bleimund) als furiose Müllkippen-Tussi und „Quasselstrippe ohne Stopptaste“.  Ganz sanft  präsentiert sie sich mit Maik in der sensiblen, rührend gespielten Beinahe-Kuss-Szene.
Die Vielzahl zusätzlicher Rollen meistern Stephanie Meisenzahl, mal als Maiks beschwipste Mutter, mal als zackige Sprachtherapeutin, und Markus Rührer, unter anderem als beängstigend aggressiver Vater. Stehend gespendeter Beifall von den knapp 300 Zuschauern.

Auf dem Spielplan bis 24. Juli. Vorverkauf (0931) 6001-6000

 
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