
Tribute- und Cover-Bands scheinen in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden zu schießen. Beinahe jede Woche hat man die Chance, die Beatles, Elvis oder die Bee Gees noch einmal live zu erleben – zumindest in Kopie. Aber auch altgediente Bands, die immer noch auf der Bühne stehen, etwa AC/DC oder die Rolling Stones, werden häufig nachgespielt und imitiert.
Unter dem Begriff Cover versteht man die Neuinterpretation eines Musikstücks – diese Version kann völlig neu und innovativ sein. Legendär ist zum Beispiel Joe Cockers Version von "With a Little Help From My Friends" der Beatles. Im Radio werden überdies heute häufig alte Hits aufgemöbelt und aktuellen Hörgewohnheiten angepasst. Eine Cover-Band hat also alle Freiheiten, aus einem Stück etwas anderes zu gestalten. So kann dann durchaus „Highway to Hell“ als Streichersatz erklingen (Damage String), oder „Stairway to Heaven“ als Reggae Version (Dread Zeppelin).
Eine Tribute-Band hingegen verschreibt sich einer bestimmten Gruppe und macht es sich zum Ziel, diese bis zur Perfektion zu imitieren. Im Vordergrund steht dabei der Sound, jedoch gehen viele Bands noch weiter und übernehmen nicht nur die originale Bühnenshow, sondern ahmen die Musiker selbst bis ins kleinste Detail nach. Als Revival-Band wiederum werden Bands bezeichnet, die bereits aufgelöste oder verstorbene Gruppen wieder aufleben lassen. Demnach wären The Doors Alive eine Revival-Band, The Stones hingegen eine Tribute-Band.
Zuordnungen, so beliebt sie in der Welt des Pop sein mögen, sind nicht der interessanteste Aspekt des Phänomens
Und dann gibt es noch die Mischformen. Eine Band wieThe Australian Pink Floyd Show, vor einigen Wochen zu Gast in der Würzburger s.Oliver-Arena, wird gleichermaßen als Tribute-, Cover- und Revival-Band betitelt. Sie spielt zum Teil originalgetreu die Songs von Pink Floyd nach, interpretiert sie aber auch neu. Die Musiker verwenden bekannte Elemente der Bühnenshow, verkleiden sich aber nicht wie ihre Vorbilder.
Doch Zuordnungen, so beliebt sie in der Welt des Pop sein mögen, sind nicht der interessanteste Aspekt des Phänomens Tribute-Bands. Alfred Wüst, Gitarrist bei der Wulfener Oldies-Band The Greyhounds und einem ABBA-Tribute, beschreibt seine Arbeit als „Forschung am Sound“. Ihn treibt die Faszination am Klang an, vor allem, wenn es darum geht, mit modernen Instrumenten den Originalklang nachzustellen. Die Fans nehmen das mitunter gar nicht so genau. Lorenz Greb, Frontmann der Würzburger Junky Jukebox, sagt: „Wir haben selber den Anspruch, so nah wie möglich an das Original zu kommen, aber das Publikum will sozusagen einfach nur die Songs hören.“
Durchaus genau nimmt es Lead Zeppelin, eine Led-Zeppelin-Tribute-Band aus Moers, die vor einigen Wochen in der Würzburger Posthalle zu Gast war. Die Musiker wollen aus eigenem Anspruch und aus Respekt vor ihrem Vorbild klanglich wie optisch so authentisch wie möglich erscheinen. Aus Liebe zur Vielseitigkeit der Originale spielen sie ausschließlich Live-Auftritte nach. Um das Klangbild zu perfektionieren, verwenden die drei Instrumentalisten sogar das gleiche Equipment.
Ein Programm ausschließlich aus Tribute-Bands wäre zu einseitig
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von gefragten Tribute-Bands. Flo Streibich, Vorsitzender des Schweinfurter Jugendkulturzentrums Stattbahnhofs, erklärt sich die Beliebtheit des Phänomens mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis: „Bei den großen Bands kommt man unter 150 Euro fast nicht an Karten. Bei Tribute-Bands bietet sich die Chance, für 15 Euro alle Hits seiner Lieblingsband live zu hören.“
Mit dem Engagieren einer Tribute-Band gehe man auch ein geringes Risiko ein, da diese in der Regel viele Leute ansprechen, ein gemischtes Publikum anziehen und somit offensichtlich eine größere Bandbreite an Fans abdecken. Der Stattbahnhof hat über die letzten Jahre einen kleinen Pool an Bands angelegt, die fast jährlich dort auftreten. Allerdings müssen diese Bands zum Konzept passen. Und ein Programm ausschließlich aus Tribute-Bands wäre wiederum zu einseitig: "Der regelmäßige Konzertgänger geht äußerst selten auf ein Tribute-Konzert. Für ihn zählt nur das Original“, sagt Flo Streibich
Obwohl die Rezensionen der gängigen Tribute- und Cover-Bands meist positiv ausfallen, gibt es auch Gegenpositionen. Vor allem im Netz wird das Thema heftig diskutiert. Der Journalist Dylan Cem Akalin etwa findet, dass die Konzerte von Tribute- und Cover-Bands immer etwas Trauriges haben, da lediglich versucht werde, die Illusion eines alten Gefühls aus Nostalgie noch einmal hervorzurufen.
Leistung, im Sinne von Arbeit, steckt allerdings durchaus hinter einer Tribute-Show
Ähnlicher Ansicht ist auch der Philosophiestudent Nils Musmann, der das Lead-Zeppelin-Konzert in Würzburg besuchte: „Die Band versucht, ein Gefühl wiederzubeleben, das praktisch tot ist. Dieses Theater hat nichts mehr mit dem Geist zu tun, es geht nicht mehr um die Musik, sondern darum, wie sehr die Tribute-Band an die Ästhetik herankommt. Sie vernachlässigen die Message, die die Originale rüberbringen wollten.“ Kritisiert wird häufig auch die fehlende kreative Eigenleistung.
Leistung, im Sinne von Arbeit, steckt allerdings durchaus hinter einer Tribute-Show. Denn die Imitation einer Band ließe sich durchaus mit der Leistung eines Schauspielers vergleichen, der eine berühmte Persönlichkeit verkörpert. Bei ihm käme niemand auf die Idee, fehlende kreative Eigenleistung zu monieren.
Wie auch immer: Tribute- und Cover-Bands gehen ihrer Arbeit längst zur Zufriedenheit eigener Fans nach. Dabei handelt es sich auf der einen Seite um diejenigen, die ihre Lieblingsmusik live erleben wollen und sich wenig Gedanken über die ursprüngliche Aussage eines Songs, oder die Bedeutung der Band selbst machen. Auf der anderen Seite stehen Fans, die sich damit abfinden müssen, dass sie ihre Lieblingsband nicht mehr im Original werden erleben können und die sich daher mit einer guten Kopie zufriedengeben. Letztendlich transportieren Tribute-Bands – wie alle Bands – über die Musik ein Gefühl. Und das ist für die einen zugänglich, für die anderen nicht.