- Was ist das für ein Stück? Wolfgang Amadé Mozarts Oper "Die Hochzeit des Figaro", 1786 uraufgeführt, ist eine turbulente, tiefsinnige und aufmüpfige Komödie mit unendlich farbiger Musik und einer zutiefst menschlichen Moral.
- Worum geht's? Der Graf ist ein Schürzenjäger, der allen weiblichen Bediensteten nachstellt, auch der cleveren Susanna. Sie, ihr Verlobter Figaro und die zutiefst verletzte Gräfin beschließen, den Grafen in eine Falle zu locken.
- Lohnt der Besuch? Nichts wie hin, aber Beeilung, die Karten sind begehrt! Wunderschöne (Nachwuchs-)Stimmen und eine wunderbar entspannte Inszenierung sind einen Besuch mehr als wert.
Manchmal ist es einfach schön, wenn ein Stück nicht gegen den Strich gebürstet wird. Wenn, wie in diesem Fall, die Regisseurin ihre Deutung ganz der Logik der Figuren unterstellt. Und der Magie der Musik, die ohnehin jede Regung kommentiert.
Katharina Thoma, Leiterin der Opernschule der Hochschule für Musik Würzburg, bringt Mozarts "Le Nozze di Figaro" (italienisch mit deutschen Übertiteln) mit Studierenden als entspannte Verwechslungskomödie auf die Bühne des Theaters in der Bibrastraße. Behutsam legt sie Emotionen und Motivationen ihrer Figuren frei, ihre Einfältigkeiten, Sorgen, Verletzungen, ihre Spottlust, nicht zuletzt auch ihrer Gier. Die fabelhaften Sängerinnen und Sänger setzen das vollkommen natürlich um.
Das reduzierte Bühnenbild erinnert an die Operndekors aus der Frühzeit des Fernsehens
Thoma streut außerdem jede Menge witziger Details ein. So verkündet Figaro zu Beginn nicht die Zollstock-Messwerte des Raums ("Cinque … dieci … venti … trenta"), sondern zählt die Schrauben des Selbstzusammenbau-Ehebetts eines möglicherweise schwedischen Anbieters. Verena Hemmerlein (auch Kostüme) hat ein reduziertes Bühnenbild mit Vintage-Anmutung geschaffen - freistehende Türen oder -hängende Fenster erinnern witzigerweise an die Operndekors aus der Frühzeit des Fernsehens.
Das eigentlich Berückende an diesem "Figaro" aber sind die Stimmen. Opernsängerinnen und Opernsänger durchlaufen viel längere Entwicklungsprozesse als etwa Instrumentalisten, allein schon, weil sich mit dem Körper über die Jahre auch die Stimme verändert. Deshalb hört man in Aufführungen mit Nachwuchskräften mitunter mehr Potenzial als Power. Doch in der Premierenbesetzung sind einige mehr als vielversprechende Stimmen zu hören. Anders gesagt: Das klingt jetzt schon richtig, richtig gut. Gezielt eingesetztes, feines Vibrato, klare Diktion, instrumentale Intonation: So singt man heute Mozart.
Das Orchester geht eine inspirierte Komplizenschaft mit dem Personal auf der Bühne ein
Makellos mit dunklem Timbre die unendlich traurigen Arien von Kyoungmin Choi als Gräfin, sehr souverän der lockere Bariton von Jakob Ewert als Figaro. Rebecca Suta als clevere und verletzliche Susanna und Nadine Süssenbach als gar nicht so unschuldiger Cherubino stehen dem in nichts nach. Dong Won Seo als Graf geht ökonomisch mit seiner Stimme um - zeigt aber gelegentlich, dass auch er aufdrehen kann. Mehr als Staffage sind außerdem die Nebenrollen mit Nina Schumertl (Marcellina), Felix Lodel (Bartolo), Adnan Barami (Basilio), Mechthild Söffler (Barbarina) und Emil Greiter (Antonio).
Frische Tempi gibt Andreas Hotz am Pult des Hochschulorchesters vor. Das klingt in der Ouvertüre noch etwas verhuscht, könnte unterwegs manchmal etwas pointierter sein, geht über die Länge der 2 Stunden 45 Minuten (inklusive Pause) aber eine inspirierte Komplizenschaft mit dem Personal auf der Bühne ein. Eine rundum gelungene Produktion, die jedem regulären Spielplan zur Zierde gereichen würde. Langer, begeisterter Beifall.
Weitere Vorstellungen: 19., 21., 22., 24., 25. November, 19 Uhr. Karten: Falkenhaus am Markt, Tel. (0931) 37 23 98. www.hfm-wuerzburg.de